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  • · Fachbeitrag · Büroführung

    Erfahrungen aus der Praxis: So wird die Corona-Krise nicht existenzbedrohend für Ihr Büro

    von Dipl.-Ing. Dagmar Kunick, Beraterin von Planungsbüros, Dresden

    | Die Corona-Pandemie hat uns alle eiskalt erwischt und aus dem Tagesgeschäft in eine Krise gestürzt. Wie gehen meine Kunden ‒ kleine und mittlere Planungsbüros ‒ mit der Situation um? Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen meine Erfahrungen mitteile. |

    Es gibt die „Pragmatischen“ und die „Vorsichtigen“

    Die Pragmatischen haben den Kontenstand mit den geplanten Ein- und Ausgaben verglichen und festgelegt, dass sie jetzt keinen Zuschuss beantragen wollen. Die Vorsichtigen haben erst einmal alles vorbereitet, um Mitarbeiter zur Kurzarbeit anzumelden bzw. erste Mitarbeiter angemeldet.

     

    Auch wenn in den Architektur- und Planungsbüros noch gearbeitet wird, sind die Einschränkungen erheblich. In den meisten Büros arbeiten die Mitarbeiter zeitversetzt im Büro und im Homeoffice. Gut vorbereitet waren die Unternehmen, denen diese Umstellung problemlos möglich war. Aber dennoch ist diese Arbeitsweise oft mit Effizienzverlusten verbunden.

     

    Auf den Baustellen sagen die Auftraggeber zum gesundheitlichen Schutz der Beteiligten Baustellenberatungen ab. Das gefährdet den geplanten Bauablauf, weil es schwieriger ist, zeitnah notwendige Entscheidungen zu treffen. Falls Sie befürchten müssen, dass sie dadurch Ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, so zeigen Sie das rechtzeitig an und dringen auf Vertragsanpassung. Mehr dazu lesen Sie im PBP-Beitrag „Corona und die Folge für Planungs- und Bauverträge“.

     

    Der interne und externe Abstimmungsbedarf ist auf anderen Wegen umzusetzen. Telefon- und Videokonferenzen sind möglich ‒ aber mit höherem Aufwand verbunden, da diese Prozesse bisher meist nur im Beratungsgeschäft etabliert sind. Auch sind sie kein Ersatz für Baustellentermine und Bürobesprechungen.

    Wirtschaftliche Lage Ihres Büros im Blick haben

    Bei all diesen Mehr-Aufwänden sollte man die wirtschaftliche Lage des Unternehmens immer im Blick behalten. Ein Risikomanagement und eine Liquiditätsplanung gehören gerade jetzt zu den wichtigsten Aufgaben der Unternehmerinnen und Unternehmer.

     

    Wichtig | Der Blick auf die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), das Konto und die offenen Posten der Debitoren und Kreditoren genügt nicht. Ergänzend zu einer kurzfristigen Liquiditätsplanung, die sicher jedes Planungsbüro macht, sollte die Umsatzplanung für jedes in Arbeit befindliche Projekt gemacht werden; idealerweise für die gesamte Laufzeit, aber mindestens für das laufende Geschäftsjahr.

     

    Stärken und Schwächen der Controlling-Programme

    Wer mit einem Controlling-Programm arbeitet, sollten das für die interne Umsatz- und Kostenplanung nutzen. Viele BMSP-Lösungen am Markt haben ein Modul für eine projektbezogene Einnahmen- und Ausgabenplanung.

     

    Wichtig | Das heißt, dass die Kosten für Fremdleister (auch Subunternehmer oder NAN genannt) erfasst werden, wenn die Eingangsrechnung eingegangen oder geplant ist. Vor allem Generalplaner sollten nicht nur die eingegangenen Rechnungen der Fremdleister, sondern auch die ausstehenden (für bereits erbrachte und wahrscheinlich schon zum Auftraggeber abgerechnete Leistungen) in der Liquiditätsplanung beachten.

     

    Die meisten Controlling-Programme in der Branche arbeiten mit Stundensätzen der Mitarbeiter. Gehälter, Sozialkosten und sonstige Bürokosten werden nicht mitgeführt.

     

    Im Zweifel auch auf Excel setzen

    Kleineren Büros empfehle ich, die projektbezogene Einnahmen- und Ausgabenplanung in Excel zu exportieren und um die Planung der Personal- und Sachkosten zu ergänzen.

     

    Praxistipp | Bitte schauen Sie sich in der BWA-Auswertung „12 Monatsübersicht“ die Umsätze und Kosten an. Viele der Kosten lassen sich kaum beeinflussen (Raumkosten, Versicherungen, Abschreibungen). Für die Planung reicht meist ein Durchschnittswert für die einzelnen Positionen der Sachkosten. Die Gehaltskosten sollten Sie bei der Änderung des Personals detaillierter planen.

     

    Im Programm VVW-Control kann man Gehalts- und Sozialkosten pro Mitarbeiter zeitraumbezogen erfassen. Auch die Sachkosten lassen sich monatsbezogen vortragen. Wenn die Leistungen und Kosten geplant sind, kann man in der Kosten-Kreuz-Tabelle die Liquiditätsübersicht des Unternehmens für die kommenden Monate und das Geschäftsjahr auf Nettobasis sehen.

     

    Auch der Kontostand kann eingegeben werden und es wird eine Liquiditätskurve ermittelt. Allerdings fehlen hier wie in allen mir bekannten BMSP-Lösungen die Umsatzsteuer, Steuerzahlungen und Investitionen. Diese Positionen kann man auch hier nach einem Excel-Export ergänzen, oder aber man greift auf die externe Kostenrechnung vom Steuerbüro zu. Wer z. B. Datev-Online nutzt und damit einen Online-Zugriff auf seine Buchungen hat, verwaltet dort alle Zahlungen (Brutto). Hier müssen für die Planung die Summen der projektbezogenen Ein- und Ausgaben pro Monat ergänzt werden.

     

    PRAXISTIPP | Bitte nehmen Sie es nicht zu genau und behalten Sie den Blick für das Wesentliche. Wenn aber Projekte zum Stehen kommen und Umsätze wegfallen oder sich verschieben, müssen Sie diese Änderungen in der Kosten- und Leistungs-Planung sofort machen.

     

    Kurzarbeit und Soforthilfen

    Lassen sich die Leistungen nicht durch andere Projekte kompensieren und fehlt Ihnen das finanzielle Polster, um Ihre Mitarbeiter in internen Projekten oder interner Fortbildung weiter zu beschäftigen, dann sollte das Mittel der Kurzarbeit geprüft werden. Grundvoraussetzung für Inanspruchnahme von Kurzarbeit ist, dass ein Stundenguthaben der Mitarbeiter erst aufgebraucht wurde.

     

    Aber auch eine Antragsstellung für das Corona-Sonderprogramm „Soforthilfe-Zuschuss-Bund“ kann geprüft werden. Die Beantragung muss vor Eintreten des Schadens erfolgen. Ermittelt wird der geplante „Schaden“ für die nächsten drei Monate.

     

    Gefördert werden Verbindlichkeiten aus den laufenden Betriebskosten wie gewerbliche Mieten, Pachten, Kredite für Betriebsräume und Leasingaufwendungen, die von den zu erwartenden Einnahmen aus Geschäftsbetrieb nicht gedeckt werden. Tilgungsraten und Steuern fallen nicht in die anzurechnenden Kosten. Ob kalkulatorischer Unternehmerlohn (z. B. 1.180 Euro/Monat in Baden-Württemberg) hängt von den Antragsbedingungen des jeweiligen Bundeslandes ab. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Selbstständige bei Bedarf für ihren Lebensunterhalt die Grundsicherung in Anspruch nehmen.

     

    Wichtig | Besonders Einzelunternehmer, aber auch Inhaber einer GbR sollten genau prüfen, inwieweit sie die Angebote der Kurzarbeit und des Zuschusses nutzen sollten, wenn eine Unterdeckung droht. Kommt es soweit, dass sie Mitarbeitern kündigen müssen, weil sie keine Arbeit mehr haben, zahlen sie unter Umständen ausstehende Gehälter aus ihrem Privatvermögen. Stimmen Leistungen und Rechnungslegung, aber die Zahlmoral der Auftraggeber ist schlecht, so wehren Sie sich (PBP 04/2020, S. 5, Honorarsicherung). Fehlt Ihnen dadurch die Liquidität, kann ein Darlehen aus dem Corona-Förderpaket vielleicht helfen.

    Das Thema Steuern

    Um Zahlungsverpflichtungen wie Steuer zu verbessern, gibt es Möglichkeiten der Stundung, Senkung der Vorauszahlungen und die Aussetzung der Vollstreckung. Zum Thema Steuern meine persönliche Erfahrungen:

     

    • Steuern, die ich abführen muss, wie die Umsatzsteuer, zahle ich zeitnah.
    • Einkommensteuer-Vorauszahlungen kann man anpassen lassen, wenn der Umsatzeinbruch wesentlich ist. Aber bitte aufpassen! Wenn die Vorauszahlung auf „null“ gesetzt wird, weil bereits eine hohe Vorauszahlung geleistet wurde und diese im Folgejahr beibehalten wird, folgt eine Steuer-Nachzahlung. Diese kann erheblich sein. Analog kann die Körperschaft- und Gewerbesteuer für bilanzierungspflichtige Unternehmen betrachtet werden. Sie sollten diese Zahlungen in jedem Fall mit dem Steuerberater abstimmen.
    • Mit dem Steuerbüro klären Sie bitte auch, welche Zahlungsverpflichtungen aus Vorjahren noch auf Sie als Inhaber zukommen.

     

    Achten Sie darauf, dass die Probleme nicht nur verschoben, sondern möglichst gelöst werden.

    Ihre Mitarbeiter

    Noch ein Thema, das sicher vor allem Ihre jungen Mütter und Väter bewegt. Kinderkrippen und Kindergärten bleiben geschlossen. Auch wenn die meisten Eltern sehr engagiert sind, Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen, so stoßen sie jetzt doch langsam an ihre Grenzen.

     

    Darum wurde am 27.03.2020 das Infektionsschutzgesetz angepasst. Eltern erhalten, wenn keine anderen Unterbringungsmöglichkeiten bestehen, für sechs Wochen in diesem Jahr eine Entschädigung von 67 Prozent. Diese Unterstützung zahlt der Arbeitgeber und kann sie sich vom Land „wiederholen“. In einigen Bundesländern (Beispiel: Sachsen, Thüringen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern) stehen bereits Online-Antragsformulare zur Verfügung. Auch Selbstständige sind antragsberechtigt.

    Beratung kostet Sie aktuell nichts

    Wenn Sie durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, so können Sie Beratung im Rahmen des Programms zur „Förderung unternehmerischen Know-hows“ in Anspruch nehmen. Die Richtlinien des Programms wurden am 03.04.2020 von der BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) modifiziert. Gefördert wird ein Beratungswert bis zu 4.000 Euro netto bis zu 100 Prozent, wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt sind.

     

    FAZIT | Ich empfehle, mindestens alle zwei Wochen eine Risikoanalyse und eine Aktualisierung der Liquiditätsplanung für die nächsten vier Monate zu machen. Nutzen oder entwickeln Sie dafür Routinen, die Sie auch später in größeren Abständen weiterführen können. Legen Sie Verantwortlichkeiten fest und entscheiden kurzfristig. Viel Erfolg!

     
    Quelle: ID 46546549