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  • · Fachbeitrag · Büroverkauf

    Wenn Büroinhaber nach dem Verkauf des Büros weiterarbeiten wollen

    | Viele Büro(mit)inhaber, die „gut in den Fünfzigern“ stehen, machen sich Gedanken über die Nachfolge. Die Zeit ist gut gewählt, sind doch Gewinne aus dem Verkauf steuerbegünstigt, wenn man zu dem Zeitpunkt das 55. Lebenjahr beendet hat. In manchen Fällen ist es sogar so, dass man nach dem Verkauf weiterarbeiten kann, ohne die Steuerbegünstigung zu gefährden. Erfahren Sie deshalb, wie eine (Teilzeit-)Beschäftigung nach der Büroveräußerung einkommensteuerlich behandelt wird und welche Gestaltungen sich für Büroverkäufer anbieten, die „weiter am Ball bleiben“ wollen. |

    Zwei steuerliche Vergünstigungen winken beim Büroverkauf

    Der Veräußerungsgewinn aus einem Büroverkauf ist zweifach steuerbegünstigt.

     

    1. Freibetrag

    Zum einen bleiben die ersten 45.000 Euro des Veräußerungsgewinns ohne Besteuerung, wenn Sie als Veräußerer das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauernd berufsunfähig sind. Dieser Freibetrag reduziert sich allerdings bis auf Null, soweit der Veräußerungsgewinn einen Betrag von 136.000 EUR übersteigt (§ 16 Abs. 4 Einkommensteuergesetz [EStG]).

     

    2. Ermäßigte Besteuerung des Restgewinns

    Der über den Freibetrag hinausgehende Gewinn wird ermäßigt besteuert (§ 34 Abs. 1 EStG). Es gilt die Tarifbegünstigung nach der Fünftelungsregelung. Haben Sie das 55. Lebensjahr bereits vollendet oder sind Sie dauernd berufsunfähig, wird Ihnen auf Antrag alternativ die in der Regel günstigere Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG gewährt („halber“ Steuersatz) .

     

    Diese Vorteile sind jedoch unter anderem an die Voraussetzung geknüpft, dass Sie das gesamte Büro oder die gesamte Beteiligung an einer Berufsausübungsgemeinschaft veräußern oder aufgeben und die damit verbundene Tätigkeit einstellen. Eine Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit setzt voraus, dass Sie in Ihrem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit Ihre bisherige freiberufliche Tätigkeit nicht ausüben. Arbeiten Sie dagegen weiter, kann Ihnen der Steuervorteil im Nachhinein wieder entzogen werden.

     

    Viel Büroinhaber wollen aber nicht von heute auf morgen komplett aufhören, sondern in der eine oder anderen Form weitermachen, zum Beispiel durch

    • überleitendes Mitarbeiten nach dem Büroverkauf,
    • Weiterführen eines Teils des Büros nach dem Verkauf,
    • Weiterarbeiten in einem anderen Tätigkeitsumfeld,
    • Arbeiten in einer Übergangskooperation mit dem Nachfolger.

    Überleitende Mitarbeit nach dem Büroverkauf

    Nicht selten ist es so, dass man vom Nachfolger gebeten wird, auch nach der vollständigen Büroabgabe noch überleitend mitzuwirken. Es bieten sich dann zwei Optionen: Sie werden entweder als freier Mitarbeiter oder als angestellter Mitarbeiter in Ihrem alten Büro weiterbeschäftigt:

     

    Freie Mitarbeit

    Die freie Mitarbeit zeichnet sich dadurch aus, dass Sie auf Honorarbasis für den neuen Chef tätig sind. Die Einnahmen daraus müssen Sie weiterhin nach den allgemeinen Grundsätzen als laufende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit versteuern.

     

    Wichtig | Bei einer „Dauermitarbeit“ kann es zu sozialversicherungsrechtlichen Problemen kommen. So wird nach einem Zeitraum von etwa sechs Monaten von einer Scheinselbstständigkeit ausgegangen. Doe Folge ist, dass Sie (und Ihr „Auftraggeber“) Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen, wenn Sie nur für Ihr altes Büro arbeiten.

     

    Tätigkeit als Angestellter

    In der Anstellungsposition sind Sie an die Weisungen des neuen Inhabers gebunden. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die sozialversicherungspflichtig sind und dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

     

    Unbeschadet dessen, ob Sie freiberuflich oder nichtselbstständig tätig sind, bleibt die Steuerbegünstigung des Veräußerungsgewinns aus der Büroabgabe in diesem Fall grundsätzlich erhalten. Nach der Rechtsprechung (zum Beispiel Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 29.6.1994, Az. I R 105/98) ist die Weiterarbeit unter dem Nachfolger für die Annahme der Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit und damit die steuerliche Begünstigung des Veräußerungsgewinns grundsätzlich unschädlich.

     

    Entscheidend für das Vorliegen eines begünstigten Veräußerungsgewinns ist, dass Sie als Veräußerer die wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen des Büros einschließlich des Kundenstamms zivilrechtlich auf den Erwerber übertragen haben und nur dieser die Rechtsbeziehungen zu den Kunden / Auftraggebern verwertet.

     

    • Beispiel

    Eine Berufsausübungsgemeinschaft in Düsseldorf erwirbt ein Einzelbüro in Meerbusch. Es wird vereinbart, dass der Büroabgeber noch drei Jahre als angestellter Architekt den alten Standort weiterführt, nur jetzt als angestellter und nicht mehr als selbstständiger Architekt. In diesem Fall bleibt dem abgebenden Architekt der Steuervorteil aus der Büroabgabe erhalten, weil er nicht mehr aus eigener Einkommensquelle tätig ist. Neu für den angestellten Architekt ist, dass er neben der vom anstellenden Chef einzubehaltenden Lohnsteuer auch Sozialversicherungsbeiträge abführen muss.

     

    Weiterführen von Teilen nach der Büroabgabe

    Eine andere Option besteht darin, dass Sie sich beim Verkauf vorbehalten, einen Teil des Büros auch nach der Abgabe des Hauptbereichs in den alten Räumen oder in getrennten Räumen in der Umgebung fortzuführen (zum Beispiel Fortführung von Gutachtertätigkeiten, Betreuung bestimmter Auftraggeber).

     

    Weiterführung unterhalb der Bagatellgrenze

    In diesem Fall bleiben Sie auch nach dem Verkauf des Büros selbstständig tätig. Nach der Rechtsprechung ist dennoch von einer begünstigten Veräußerung aller wesentlichen Grundlagen auszugehen, wenn Sie nur einzelne Kunden zurückbehalten, auf die in den letzten drei Jahren vor der Büroveräußerung durchschnittlich weniger als zehn Prozent Ihrer gesamten Einnahmen entfallen sind (BFH, Urteil vom 29.10.1992, Az. IV R 16/91). Die Hinzugewinnung neuer Kunden ist hingegen auch ohne Überschreiten der Zehn-Prozent-Grenze schädlich, weil das Werben neuer Kunden die Annahme einer Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit ausschließt.

     

    • Beispiel

    Architekt A veräußert aus Altersgründen sein Einzelbüro mit Ausnahme zweier Spezialauftraggeber, weil sein Nachfolger diese Leistungen nicht anbietet. Die Einnahmen, die A in den letzten drei Jahren vor der Büroabgabe mit diesen zwei Kunden erzielt hat, betrugen im Durchschnitt sieben Prozent der Gesamteinnahmen.

     

    Folge: In diesem Fall wird die Steuerbegünstigung des Veräußerungsgewinns aus dem Büroverkauf nicht gefährdet, weil die Bagatellgrenze von zehn Prozent nicht überschritten wird.

     

    Weiterführen eines Teilbüros

    Eine Ausnahme von der strengen Handhabung durch die Finanzverwaltung gilt dann, wenn das Büro in zwei selbstständige Teilbetriebe aufgeteilt werden kann und Sie einen dieser Teilbetriebe veräußern, den anderen aber zurückbehalten und mit diesem Ihre Tätigkeit weiterhin ausüben. Dann liegt eine begünstigte Teilbüroveräußerung vor.

     

    Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Sie neben Ihrer Tätigkeit als Architekt noch als Honorargutachter tätig waren und diese Tätigkeit weiterführen. Eine begünstigte Teilbüroveräußerung ist zudem häufig anzutreffen bei Büros mit mehreren Standorten, von denen einer veräußert wird.

     

    Liegt ein steuerlicher Teilbetrieb vor, den Sie weiterführen wollen, können Sie 
- wenn die oben genannten persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG erfüllt - wählen: Nehmen Sie diese Steuerbegünstigungen für den gerade abgegebenen Teil in Anspruch, müssen Sie den später aus dem Verkauf des weiteren Teils erzielten Veräußerungsgewinn voll versteuern. Das liegt daran, dass man die Steuerbegünstigungen nur einmal im Leben erhält.

    Weiterarbeiten in einem anderen Büroumfeld

    Vom vorgenannten Fall des weiteren Tätigseins im alten Umfeld ist zu unterscheiden, wenn Sie nach der Büroabgabe in einem neuen Umfeld tätig werden. Das neue Büroumfeld kann entweder räumlich oder sachlich begründet sein.

    • Beispiele
    • Ein Architekt verkauft sein Büro in Köln, in dem er bislang Auftraggeber aus dem lokalen Umfeld betreut hat. Nach dem Verkauf schließt er sich einer Partnerschaftsgesellschaft in Dortmund an, die aufgrund des Ausfalls eines Partners bisher keinen Nachfolger gefunden hat.
    • Ein Architekt bietet nach der Abgabe seines Büros, in dem er ausschließlich Architektenleistungen erbracht hat, Dienstleistungen für Architekten mit den Schwerpunkten Nachfolge-, Strategie- und Marketingberatung an.
     

     

    



    PRAXISHINWEIS |  So soll sichergestellt werden, dass Ihr Büro vollständig auf den Erwerber übergeht. Die Steuerbegünstigung soll den aus der Büroabgabe verbleibenden Betrag erhöhen, damit Sie über ein größeres Polster für Ihre Altersabsicherung verfügen. Zudem erhält Ihr Nachfolger die Möglichkeit, seine eigene Bindung zu den Kunden / Auftraggebern aufzubauen. Sie als Abgeber sollen nicht in Konkurrenz zu ihm stehen.

     

     

     

    Übergangskooperation

    Der Zweck der Gründung einer Übergangskooperation liegt im Wesentlichen darin, den Juniorpartner langsam ans Tagesgeschäft heranzuführen. Die Nachfolge wird frühzeitig durch Bindung eines jungen bzw jüngeren Kollegen gesichert. Das Büro wird noch nicht übergeben. Geben Sie in dem Rahmen bereits Büroanteile an den Juniorpartner ab, ist der dadurch erzielte Gewinn steuerlich nicht begünstigt.

     

    Daher wird aus steuerlicher Sicht empfohlen, im ersten Schritt zur Gründung der Übergangskooperation nur einen geringen Anteil (zum Beispiel fünf Prozent) an den neuen Partner zu übertragen und den Rest bei der Büroaufgabe. Die Gewinnverteilung unter den Partnern sollte fair erfolgen. So könnte zum Beispiel ein Teil des Gewinns nach Arbeitszeit und ein Teil nach Kapitalbeteiligung verteilt werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Laufenberg Michels und Partner, auf die Nachfolge von Freiberuflern spezialisierte Steuerberatungskanzlei: www.laufmich.de 
    • Beitrag „Büronachfolge: Staat finanziert externe Beratung zur Hälfte“, PBP 7/2013, Seite 3
    Quelle: ID 42225795