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  • 01.09.2006 | Bundesfinanzhof

    Der Abfallwirtschaftsberater kann eine ingenieurähnliche Tätigkeit ausüben

    von RiFG Dipl.-Finw. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde
    Laut BFH (9.2.06, IV R 27/05, Abruf-Nr. 062444) ist ein konstruierendes Element zur Annahme einer ingenieurähnlichen und damit einer freiberuflichen Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nicht erforderlich. Für diese reicht es vielmehr aus, dass sich die Tätigkeit zumindest auf einen der Kernbereiche einer vergleichbaren Ingenieurtätigkeit erstreckt und der Steuerpflichtige Kenntnisse im Kernbereich des Ingenieurstudiums nachweist. Damit kann eine ingenieurähnliche Tätigkeit auch bei einer schwerpunktmäßig beratenden Tätigkeit erfüllt sein, soweit die beratende Tätigkeit nicht auf bloße Absatzförderung gerichtet ist.

     

    Sachverhalt

    Der Kläger hat ein Diplomstudium der Geologie-Paläontologie abgeschlossen und führt den akademischen Grad der Naturwissenschaften. In den Jahren 1988 und 1989 nahm er an einem Fortbildungslehrgang zum Abfallwirtschaftsberater teil. Im Anschluss daran war er in Angestelltenverhältnissen als Abfallberater tätig. Im Jahre 1993 machte sich der Kläger selbstständig und gründete ein Büro für Umweltplanung. Im Streitjahr (1994) betreute er ausschließlich ein Großprojekt als Abfallwirtschaftsberater. Hier beriet er seinen Auftraggeber hinsichtlich möglicher Gebäude-, Boden- und Grundwasserschäden vor dem Grundstückserwerb und entwickelte Lösungen für konkrete Problemstellungen. Für Bodenuntersuchungen wurden dem Auftraggeber geeignete Unternehmen empfohlen, von diesen Angebote eingeholt und anschließend ausgewertet. Zudem erstellte der Kläger einen Sanierungsplan, kalkulierte die belasteten Stoffe mengenmäßig, zeigte die kostengünstigsten Entsorgungs- und Verwertungswege auf und überwachte die Rückbau- und Sanierungsarbeiten.  

     

    Das FA sah in der Tätigkeit des Klägers einen Gewerbebetrieb und setzte für das Streitjahr einen einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch und die Klage vor dem FG Niedersachsen (8.4.05, EFG 05, 1288) hatten keinen Erfolg. Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Klage zur Sachverhaltsaufklärung zurück. 

     

    Anmerkungen

    Beim Kläger fehlte es an einer selbstständig ausgeübten wissenschaftlichen Tätigkeit, die zu den freien Berufen i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG gehört. Hierfür darf die ausgeübte Tätigkeit nicht nur in der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse bestehen, sondern muss grundsätzlich eine methodische Ursachenforschung und -erkenntnis beinhalten. Die bloße Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze und Methoden auf konkrete Verhältnisse begründet noch keine wissenschaftliche Tätigkeit. Auch hat der Kläger keinen Katalogberuf des Ingenieurs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ausgeübt, da er nicht auf Grund eines Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, einer Ingenieurschule oder eines Betriebsführerlehrgangs an einer Bergschule befugt war, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen.