01.06.2005 | Bundesfinanzhof
Niedrige Honorareinnahmen einer Kanzlei gefährden den Verlustabzug
Langjährige Verluste eines selbstständig tätigen Rechtsanwalts, dessen Einnahmen ohne plausible Gründe auf niedrigstem Niveau stagnieren und der seinen Lebensunterhalt aus erheblichen anderweitigen Einkünften bestreitet, sprechen regelmäßig dafür, dass er seine Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen fortführt – so der BFH mit Urteil vom 14.12.04 (XI R 6/02,Abruf-Nr. 051007). |
Sachverhalt
Im Urteilsfall erzielte eine Rechtsanwältin in den Streitjahren 1990 und 1991 positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen sowie Verluste aus ihrer Tätigkeit als selbstständig tätige Rechtsanwältin. Die Einnahmen in den Jahren zuvor und danach (1986 bis 1997) betrugen mit Ausnahme des Jahres 1992 zwischen 2.500 DM und 6.000 DM. Nach Auffassung des FG fehle der Rechtsanwältin die Gewinnerzielungsabzicht und versagte ihr den Verlustabzug in den Streitjahren. Gegen das Urteil legte die Rechtsanwältin Revision ein.
Anmerkungen
Der BFH bestätigte das Urteil des FG. Zwar spreche bei einer Rechtsanwältin der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie ihre selbstständige Tätigkeit – ein Katalogberuf des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG – in der Absicht betreibe, Gewinne zu erzielen. Denn eine Kanzlei sei regelmäßig nicht dazu bestimmt, persönliche Neigungen oder wirtschaftliche Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu befriedigen. Dieser Anscheinsbeweis entfalle jedoch, wenn wie hier die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Steuerpflichtige nicht nach einem Totalgewinn strebt, sondern persönliche Gründe für die Fortführung der Kanzlei im Vordergrund stehen. Als Indiz für ihre persönlichen Gründe könne der Umstand gewertet werden, dass ihr neben ihrer Verluste aus der selbstständigen Tätigkeit hohe andere Einkünfte zum Ausgleich zur Verfügung standen. Ebenso sei das jahrelange Unterlassen von Maßnahmen zur Veränderung der Gewinnsituation ein Indiz für ihre persönlichen Motive.
Praxishinweise
In seiner Begründung distanziert sich der BFH von seiner Entscheidung vom 22.4.98 (BStBl II, 663), in der dieser einer Anwaltskanzlei mit sechstelligen Honorareinnahmen die Gewinnerzielungsabsicht zusprach – trotz ständiger Verluste. Für die Verluste aus einer nebenberuflichen Anwaltstätigkeit gelten damit andere Spielregeln. Damit Verluste eines nebenberuflich tätigen Rechtsanwalts anerkannt werden, muss er zwingend von Zeit zu Zeit seine Kostenstruktur überprüfen und an seine Einnahmesituation anpassen. Ebenso wäre über die Auflösung der Kanzlei nachzudenken. Eine spätere Kanzleigründung mit verändertem Beratungskonzept und neuem Tatendrang wäre damit nicht ausgeschlossen.
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