· Fachbeitrag · Liebhaberei
Vorläufigkeitsvermerk bei nebenberuflicher Anwaltstätigkeit zulässig
von StB Jürgen Derlath, Münster
| Bei der nebenberuflichen Anwaltstätigkeit einer Syndikusrechtsanwältin in eigener Kanzlei darf aufgrund einer dauerhaften Verlustsituation ein Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 S. 1 AO hinsichtlich einer ungewissen Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls dann ergehen, wenn die Art und Weise der Betriebsführung der Kanzlei unklar ist. Weitere Umstände des Einzelfalls, die den grundsätzlich bestehenden Anscheinsbeweis für eine Gewinnerzielungsabsicht der nebenberuflichen anwaltlichen Tätigkeit in der eigenen Kanzlei erschüttern, müssen nicht festgestellt werden ( BFH 17.7.24, VIII B 48/23 ). |
Hintergrund
Wer eine neue selbstständige Tätigkeit aufnimmt, erzielt in der Anfangszeit oftmals Verluste, bevor das Geschäft floriert. Auch bei nebenberuflichen Tätigkeiten kommt es mitunter zu Verlusten. Grundsätzlich können die Verluste mit anderen Einkünften steuermindernd verrechnet werden oder gegebenenfalls sogar in ein anderes Steuerjahr vor- bzw. zurückgetragen werden. Dauern die Verluste mehrere Jahre an, wittert das FA mitunter aber eine so genannte Liebhaberei und möchte die Verluste nicht mehr anerkennen oder sogar auch für die Vergangenheit streichen.
Um Altjahre verfahrensrechtlich noch ändern zu können, erlassen die FÄ die Steuerbescheide daher bei (Anfangs-)Verlusten oftmals in dem entsprechenden Punkt vorläufig (§ 165 AO). Der Vorläufigkeitsvermerk erlaubt den FÄn eine zeitlich unbegrenzte Änderung zulasten des Steuerpflichtigen. Aus Sicht des Betroffenen wäre es daher eigentlich wünschenswert, wenn der jeweilige Steuerbescheid von Beginn an endgültig erlassen würde, denn dann könnte das FA einen ‒ bestandskräftigen ‒ Steuerbescheid nur noch unter engen Voraussetzungen ändern, etwa beim nachträglichen Bekanntwerden einer neuen Tatsache. Doch grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Erteilung eines endgültigen Steuerbescheids, wenn (Anfangs-)Verluste erzielt werden.
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