01.11.2005 | Bundesfinanzhof
Steuerliche Einordnung einer Scheinsozietät
Nach Auffassung des BFH (14.4.05, XI R 82/03, Abruf-Nr. 052684) hat eine Büro- und Praxisgemeinschaft im Unterschied zur Gemeinschaftspraxis (Mitunternehmerschaft) lediglich den Zweck, den Beruf in gemeinsamen Praxisräumen auszuüben und bestimmte Kosten zu tragen und umzulegen. Ein einheitliches Auftreten nach außen genügt nicht, um aus einer Bürogemeinschaft eine Mitunternehmerschaft werden zu lassen. |
Sachverhalt
Im Urteilsfall hatten ein Steuerberater und zwei Rechtsanwälte ihre selbstständigen Kanzleien zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung nach außen in Form einer Sozietät und nach innen in Form einer Bürogemeinschaft zusammengeschlossen. Nachdem der Steuerberater kurze Zeit später seinen Anteil von 25 v.H. veräußerte, beantragte er den Veräußerungsgewinn tarifbegünstigt zu besteuern (§ 16 i.V.m. §§ 18 Abs. 3, 34 EStG). Das FA lehnte dies ab. In den nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klagen bestätigte zunächst das FG und nunmehr auch der BFH die Sichtweise des FA, dass die Gesellschafter der GbR hier keine Mitunternehmer sind.
Anmerkungen
Der BFH hat für das Kriterium des Mitunternehmerrisikos darauf abgestellt, welche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten im Innenverhältnis vorliegen. Allein das Vorliegen einer BGB-Gesellschaft im Außenverhältnis reicht zur Begründung eines Mitunternehmerrisikos nicht aus – auch wenn nach der Rechtsprechung des BGH alle Gesellschafter einer Außenpersonengesellschaft Gesellschaftsgläubigern gegenüber unbeschränkt für Gesellschaftsverbindlichkeiten haften. Vielmehr müssen die Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft – also Mitunternehmerrisiko und -initiative – auf Grundlage eines Gesellschaftsverhältnisses bzw. wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses kumulativ vorliegen. Dabei kommt dem Gesichtspunkt der gemeinschaftlichen Gewinnerzielungsabsicht durch die Partner eine entscheidende Bedeutung zu, die aber insoweit von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist.
Praxishinweise
Eine Mitunternehmerschaft liegt bei einer nach außen einheitlich auftretenden Bürogemeinschaft im Zweifel nicht vor, wenn
- jeder Vertragspartner seine Tätigkeit unabhängig und in eigener Verantwortung ausüben soll,
- jeder Partner bei der Einstellung und Entlassung von Personal unabhängig ist,
- Einnahmen und Ausgaben in getrennten „Buchungskreisen“ erfasst werden und jeder Partner das Betriebsergebnis für seinen jeweiligen Bereich getrennt ermittelt und
- die der gemeinschaftlichen Berufsausübung dienenden Gegenstände einschließlich des Praxiswerts Vermögen des einzelnen Partners bleiben.
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