01.04.2006 | Bundesgerichtshof
Bei wechselseitigen Kündigungen stehen die Verhaltensweisen beider Gesellschafter im Fokus
Der BGH hatte jetzt innerhalb kürzester Zeit zweimal die Gelegenheit über die Fallkonstellation zu entscheiden, dass Gesellschafter einer GbR einander gegenseitig die außerordentliche Kündigung aussprechen mit dem Ziel des Ausschlusses des jeweils anderen Gesellschafters. Nach dem Fall einer Rechtsanwaltssozietät (dazu Heller, PFB 06, 5) ging es in dem aktuellen Fall um eine Grundstücks-GbR. Einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem kündigenden Gesellschafter nach der Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht zumutbar ist – so der BGH mit Urteil vom 21.11.05 (II ZR 367/03, Abruf-Nr. 060176). |
Sachverhalt
Die Gesellschaft bestand aus der Ehefrau A des Inhabers eines auf einem Teil des Gesellschaftsgrundstücks betriebenen Gartenbaubetriebs und dem Architekten B. Dieser wollte auf dem anderen Teil des Grundstücks ein Wohnhaus errichten. Er begann jedoch erst mit den Bauarbeiten, nachdem die ihm erteilte Baugenehmigung erloschen war. Der Ehemann der A veranlasste die zuständige Baubehörde, gegen B einzuschreiten, was auch – in verwaltungsrechtlicher Hinsicht rechtmäßig – geschah. Außerdem entzog der Ehemann der A dem B die Architektenvollmacht für die Bebauung des Grundstücks.
Daraufhin kündigte B die Gesellschaft fristlos. Der Gesellschaftsvertrag sah bei Ausspruch einer rechtmäßigen fristlosen Kündigung den Ausschluss des gekündigten Gesellschafters vor. Der Ausschluss der A aus der Gesellschaft hätte für sie Existenz bedrohende Folgen haben können, weil sich der Gartenbaubetrieb ihres Ehemannes auf dem Gesellschaftsgrundstück befand. Daher kündigte nunmehr A ihrerseits die Gesellschaft fristlos. A klagte auf Feststellung der Wirksamkeit ihrer fristlosen Kündigung. B erhob Widerklage mit dem Ziel des Ausschlusses der A aus der Gesellschaft. Das OLG gab der Klage der A statt und wies die Widerklage des B ab. Demgegenüber hob der BGH die Entscheidung des OLG auf, weil das OLG keine Gesamtwürdigung aller Umstände vorgenommen hat.
Anmerkungen
Die Kündigung der A war nur dann wirksam, wenn ihr nach dieser Gesamtwürdigung eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr zumutbar war. Dafür müssen jedoch die beiderseitigen Verhaltensweisen berücksichtigt werden. Bei wechselseitigen Kündigungen gilt dies auch dann, wenn das vorangegangene Fehlverhalten des kündigenden Gesellschafters nicht so schwerwiegend ist, dass es die fristlose Kündigung seines Mitgesellschafters rechtfertigt.
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