07.10.2008 | Bundesgerichtshof
Sozietät kann Partner leichter kündigen
Bei länger bestehenden Sozietäten war bislang der Ausschluss eines neuen Gesellschafters nur zulässig, wenn für die Altgesellschafter eine weitere Zusammenarbeit unmöglich oder unzumutbar war. Mit Urteil vom 8.3.04 (II ZR 165/02, Abruf-Nr. 041144) entschied jetzt der BGH, dass neuen Partnern ausnahmsweise auch dann gekündigt werden kann, wenn hierfür kein in deren Person zwingender Grund vorliegt. Der BGH änderte damit seine Haltung zu Gunsten der Altgesellschafter. |
Sachverhalt
Im Urteilsfall hatte sich ein Laborarzt mit einer negativen Feststellungsklage gegen seinen Ausschluss aus einer Laborgemeinschaft gewandt. Dieser war seit 1991 Gesellschafter der 1978 gegründeten Gemeinschaftspraxis. Laut einer Vertragsklausel konnte er ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Aus Anlass des Ausscheidens eines Mitgesellschafters unterbreiteten die verbliebenen Altgesellschafter dem Arzt ein Angebot auf Änderung des Gesellschaftsvertrages. Nachdem er dieses ablehnte, schlossen die Kollegen ihn unter Berufung auf die Vertragsklausel aus.
Anmerkung
Der BGH hielt die Kündigung gegen den Laborarzt wegen seiner langen Praxiszugehörigkeit zwar für rechtswidrig. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, die Grundsätze dafür festzulegen, in welchen Ausnahmefällen eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt ist. Bisher wurde nämlich die gesellschaftsvertragliche Regelung, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumte, Mitgesellschafter willkürlich aus einer Personengesellschaft auszuschließen, per se als sittenwidrig angesehen. Damit sollte verhindert werden, dass das freie Kündigungsrecht des einen Teils als ein Disziplinierungsmittel für den von der Ausschließung bedrohten Gesellschafter empfunden wird. Dieser Grundsatz wird aber für den Fall durchbrochen, dass ein neuer Gesellschafter in eine seit langer Zeit bestehende Sozietät von Freiberuflern aufgenommen wird und das Kündigungsrecht allein dazu dient, dass die Altgesellschafter binnen einer angemessenen Frist das Vertrauensverhältnis zum neuen Partner prüfen können. Andernfalls bliebe den aufnehmenden Gesellschaftern allein die Auflösungskündigung der Gesellschaft und damit unter Umständen die Zerschlagung von in Jahren aufgebauten Werten.
- Praxishinweis
Künftig dürfte eine ordentliche Kündigung im Rahmen einer angemessenen Probezeit gegen einen Juniorpartner zulässig sein, etwa weil er sich als fachlich ungeeignet erwies oder schlichtweg nicht in das bestehende Team passte. Der BGH hielt im Ausgangsfall eine Prüfungsfrist von zehn Jahren für eindeutig zu lang.
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