01.07.2006 | Der praktische Fall
Vertragliche Zusatzleistungen im Pharmabereich
Bei den in der Praxis üblichen vertraglichen Gestaltungen zwischen Ärzten und Pharmafirmen besteht oftmals das Risiko, dass der Arzt bei den empfangenen Zusatzleistungen einen Betrug zu Lasten der Krankenversicherungen begeht. Dabei lassen Rechtfertigungsversuche der Betroffenen, das Vorgehen sei weit verbreitet, eine mögliche strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht entfallen. Dieser Beitrag stellt das strafrechtliche Risiko bei vertraglichen Zusatzleistungen im Pharmabereich dar und beschreibt die Entdeckungsmöglichkeiten der Ermittlungsbehörden.
1. Sachverhalt
Ein Arzt, der eine Einzelpraxis führt, bezieht von einer Pharmafirma 200 Packungen eines Medikaments zum Preis von 20 EUR, also insgesamt für 4.000 EUR. Dieses Medikament wird bei Weitergabe an die Patientin gegenüber der Krankenversicherung ebenfalls zum Preis von 20 EUR abgerechnet. Allerdings besteht zwischen dem Arzt und der Pharmafirma ein Vertrag, in dem sich der Arzt zu klinischen Tests des Medikaments im Rahmen eines Beratungsvertrages verpflichtet, für die er Provisionen in Höhe von 2.000 EUR erhält. Liegt eine strafbare Handlung des Artzes vor? Welche Entdeckungsrisiken bestehen bei einer etwaigen Straftat?
2. Lösung
2.1 Strafbare Handlung
Im Ausgangsfall wird deutlich, dass der Beratungsvertrag allein zum Zweck geschlossen wurde, die Medikamente zu einem niedrigeren Preis als zu 20 EUR pro Packung zu erwerben. Der Arzt ist an dieser Stelle jedoch verpflichtet, etwaige „Boni“ an seine Patientin weiterzugeben. Dies ergibt sich aus den abrechnungsrechtlichen Vorschriften. So erhält der Arzt hier die Medikamente unter Abzug der Provision zum Gesamtpreis von 2.000 EUR, also zu 10 EUR pro Packung. Nur diesen Preis dürfte er gegenüber der Krankenversicherung in Rechnung stellen. Bringt er allerdings den ursprünglichen Preis zur Abrechnung, dann macht er sich des Betrugs zu Lasten der Krankenversicherung strafbar.
2.2 Entdeckungsrisiko
Mittels Kontrollmechanismen der Krankenversicherungen, aber auch bei Betriebsprüfungen des Finanzamtes bei der Pharmaindustrie kann dieses Vorgehen aufgedeckt werden. Die Krankenversicherungen werden gezielt das Abrechnungsverhalten hinsichtlich des Medikaments überprüfen und von dem Arzt Offenlegung der dazugehörigen Dokumente verlangen. Sollte es zu einer Einklagung des überschießenden Betrages beim Arzt durch die Krankenversicherungen kommen, können auch Dokumente, die sich beim Dritten, hier dem Pharmakonzern, befinden, eingesehen werden, wenn diese als Beweismittel zur Debatte stehen.
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