26.08.2011 | Künstlerbesteuerung
Umsatzbesteuerung von Künstlern
von RAin Kornelia Reinke und Dipl.- Finanzw. (FH) Paul Noel, beide Bonn
Auch der freiberuflich tätige Künstler ist in der Regel Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Für ihn ergeben sich sogar eine ganze Reihe von Besonderheiten, was die Anwendung von Steuerbefreiungen, den ermäßigten Steuersatz und das Besteuerungsverfahren angeht. Der Beitrag gibt einen Überblick über diese umsatzsteuerlichen Besonderheiten der Künstlerbesteuerung und schließt mit einem Musterfall.
1. Der Künstler als Unternehmer?
Denkt man an Künstler, kommt einem nicht sofort der Gedanke, dass Künstler Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sind. Der Begriff des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmers geht aber - anders als etwa der handelsrechtliche Begriff des Gewerbebetriebs - sehr weit. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 UStG ist derjenige Unternehmer, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht betreibt. Auf die Absicht, mit der Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen oder gar seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, kommt es nicht an:
- Das Merkmal der Selbstständigkeit ist bei Künstlern in der Regel kein Problem. Es gelten dieselben Grundsätze, die auch zur Abgrenzung des Arbeitnehmers vom Gewerbetreibenden oder Freiberufler für Zwecke der Einkommensteuer und Gewerbesteuer herangezogen werden.
- Nachhaltig wird die Tätigkeit dadurch, dass sie auf Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist. Indizien dafür sind: die Beteiligung am Markt, ein planmäßiges Handeln sowie eine mehrjährige Tätigkeit (vgl. auch Heidner in Bunjes/Geist, UStG-Kommentar, 9. Aufl. 09, § 2 Rz. 62). Allgemein formuliert muss die Tätigkeit auf die Erbringung von Leistungen im Leistungsaustausch gerichtet sein.
Unerheblich ist dabei, ob der Veranstalter, der den Künstler beauftragt, ein Unternehmer ist oder nicht. Dies hat allenfalls für die Frage der Steuerschuldnerschaft und des Vorsteuerabzugs Bedeutung.
Umsätze inländischer Künstler können unter den Voraussetzungen des § 19 UStG von der Erhebung der Umsatzsteuer ausgenommen sein (Kleinunternehmerregelung). Abhängig ist dies von der Umsatzgrenze des Vorjahres (17.500 EUR) und dem zu erwartenden Umsatz des laufenden Jahres (50.000 EUR). Werden beide Grenzen unterschritten, wird der sog. Kleinunternehmer von jeglicher Besteuerung freigestellt. Diese (optionale) Regelung gilt jedoch nur für Kleinunternehmer, die im Inland ansässig sind. Umsätze ausländischer Künstler sind daher nicht von § 19 UStG erfasst.
2. Umsätze im Leistungsaustausch
Um eine steuerbare Leistung im Leistungsaustausch zu erbringen, muss die Leistung des Künstlers gegen Entgelt erbracht werden. Entgeltlich wird eine Leistung dadurch, dass zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden.
Dem Auftritt eines Künstlers liegt grundsätzlich ein (nicht notwendigerweise schriftlicher) Vertrag zugrunde, der im Rahmen des allgemeinen Wirtschaftsverkehrs unter den Begriff der Leistung zu subsumieren ist (vgl. insofern auch den Leistungsbegriff des § 241 BGB).
Unter Leistungen versteht man sowohl Lieferungen nach § 3 Abs. 1 UStG als auch sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG. Lieferungen sind Leistungen, die in der Verschaffung der Verfügungsmacht über einen Gegenstand liegen. Sonstige Leistungen werden nach § 3 Abs. 9 UStG negativ als Leistungen definiert, die keine Lieferungen sind. Leistung ist damit der umsatzsteuerliche Oberbegriff von Lieferung und sonstiger Leistung.
Künstler können in ihrer Vielfältigkeit beide Arten von Leistungen erbringen. Während der Verkauf von Bildern und anderen Werken als Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG steuerbar ist, fallen typische Auftrittsleistungen (Konzerte, Theater etc.) unter den Begriff der sonstigen Leistung nach § 3 Abs. 9 S. 1 und S. 2 UStG.
Neben den typischen Darbietungen eines Künstlers gehören möglicherweise aber auch weitergehende Leistungen zum Leistungsaustausch. So unterliegt insbesondere die Vermarktung eines Auftritts durch die Übertragung von Rechten der Umsatzsteuerpflicht.
Beispiel |
Eine ausländische Band spielt ein Konzert in Bonn und überträgt dem Veranstalter des Konzerts entgeltlich die Nutzungsrechte an der Aufzeichnung der Veranstaltung.
Neben der Konzertgage gehört auch das Entgelt für die Übertragung der Nutzungsrechte zum steuerbaren Leistungsaustausch. Im Ergebnis liegen somit zwei steuerbare sonstige Leistungen vor. Diese Leistungen sind auch voneinander zu trennen, da sich unter Umständen, abhängig von der Art der Leistung, unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben können (z.B. findet die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 UStG für die Übertragung von Nutzungsrechten keine Anwendung). Nicht aufzuteilen sind unselbstständige Nebenleistungen (Entgelt für das Programmheft eines Konzerts, Garderobe), die für die Hauptleistung notwendigerweise anfallen. Diese teilen hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung das Schicksal der Hauptleistung. |
2.1 Ort der Leistung
Der Ort der Leistung nimmt für die Beurteilung der Umsatzsteuerpflicht eine entscheidende Rolle ein, da nur Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegen, die ein Unternehmer im Inland ausführt. Die Bedeutung der Frage des Leistungsortes wird auch deutlich, wenn man sich die aktuellen Gesetzesänderungen im Umsatzsteuerrecht vor Augen führt. Zum Teil durch europäische Vorgaben bedingt, unterlagen die Regelungen zum Leistungsort in den letzten Jahren mehrfachen Änderungen.
So ist der Ort von Auftritts- und Veranstaltungsleistungen kultureller, künstlerischer, wissenschaftlicher, unterrichtender, sportlicher, unterhaltender oder ähnlicher Art seit dem 1.1.10 in § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG geregelt. Diese neue Regelung wurde jedoch bereits mit dem Jahressteuergesetz 2010 zum 1.1.11 weiter modifiziert. Während bis einschließlich 2010 grundsätzlich der Veranstaltungsort des Künstlers als Ort der Leistung galt (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG a.F.), erbringt der Künstler nunmehr durch die Differenzierung ab 2011 nur dann am Veranstaltungsort seine Leistung, wenn er entweder selber Veranstalter ist (Eigenveranstalter) oder seine Leistung gegenüber einem bzw. für einen Nichtunternehmer erbringt (so der neue § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG). Im Grundsatz erbringt der Künstler als Darbietender damit seine Leistung dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG).
Zu den Einzelheiten wird auf den aktuellen Beitrag von Nieskoven, Neuer Leistungsort bei Künstlern und Vortragenden ab 2011, PFB 11, 133 ff. verwiesen.
Keine Besonderheiten ergeben sich für „werkschaffende Künstler“, die durch ihre künstlerische Tätigkeit Lieferungen (z.B. Bildhauer, Maler etc.) erbringen. Der Ort der Leistung richtet sich grundsätzlich nach § 3 Abs. 6 bis 8 UStG und ist in der Regel abhängig von dem Ort des Versendungsbeginns (vgl. § 3 Abs. 6 S. 1 bis 4 UStG).
2.2 Bemessungsgrundlage
Die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer bestimmt sich nach dem Entgelt, das der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung des Künstlers zu erhalten, § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG. Dazu gehören neben dem vereinbarten (Grund-)Honorar auch Kosten, die vom Leistungsempfänger erstattet werden, wenn sie in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der erbrachten Leistung stehen (Bruttoprinzip). Vgl. dazu auch das abschließende Beispiel.
3. Steuerbefreiung
Die steuerbaren Umsätze von Künstlern können jedoch unter Umständen als steuerfrei behandelt werden. Dafür muss eine gesetzliche Ausnahme von der Steuerpflicht greifen. Die umsatzsteuerlichen Befreiungsvorschriften sind in § 4 UStG zu finden. Für die Künstler von besonderer Bedeutung ist § 4 Nr. 20 UStG.
3.1 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG
In § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG ist festgelegt, dass die Umsätze der Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei sind, wenn es sich dabei um Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenkunst handelt. Auch die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer können steuerfrei sein, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die o.g. Einrichtungen erfüllen. Dazu können auch Solisten gehören (EuGH 3.4.03, C-144/00, Rs. Hoffmann, UR 03, 248).
Die Zuständigkeit der Landesbehörden für die Erteilung der Bescheinigung ist bundesweit nicht einheitlich geregelt. Beispielsweise obliegt die Zuständigkeit in Nordrhein-Westfalen der Bezirksregierung, in deren Bezirk die Leistung ausgeführt wird. Nach den Informationen des Internetauftritts der Bezirksregierung Köln genügt ein formloser Antrag mit den entsprechenden Nachweisen über die Gleichartigkeit der kulturellen Aufgabe, um die Bescheinigung zu erhalten.
Die Vorschrift gilt auch für ausländische Künstler. Gastieren solche ausländischen Theater, Orchester oder Solisten im Inland im Rahmen einer Tournee an verschiedenen wechselnden Orten, genügt eine Bescheinigung der Landesbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das ausländische Ensemble oder der Solist erstmalig im Inland tätig wird (vgl. Abschn. 4.20.5 UStAE).
Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde stellt für die Finanzverwaltung einen Grundlagenbescheid dar, der als solcher Bindungswirkung für die Finanzämter entfaltet. Die Wirkung ist jedoch auf die Feststellung beschränkt, dass der oder die Künstler eine gleichartige Aufgabe im kulturellen Bereich erbringt. Die Beurteilung der Frage, ob der Künstler auch eine gleichartige Einrichtung darstellt, obliegt der zuständigen Finanzbehörde.
Von der Steuerbefreiung sind jedoch nur typische Auftrittsleistungen der Künstler und damit eng verbundene und unselbstständige Nebenleistungen (Programmverkauf, Garderobe) erfasst. Insbesondere die oben bereits angesprochene Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten unterliegt nicht der Regelung des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG.
3.2 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG
Die Regelung zur Steuerfreiheit der Künstlerumsätze hat auch Auswirkungen auf die Umsätze aus der Veranstaltung von Theatern und Konzerten durch andere Unternehmer. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG sind diese Veranstaltungen nämlich dann auch steuerfrei, wenn die Darbietungen von Künstlern nach Buchst. a erbracht werden. Erforderlich ist jedoch auch in diesen Fällen eine Bescheinigung der auftretenden Künstler nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG. Wenn im Rahmen einer einheitlichen Veranstaltung zum Teil Künstler auftreten, die keine Bescheinigung der Landesbehörde besitzen, fällt die gesamte Veranstaltung aus der Steuerfreiheit heraus.
Problematisch sind die Steuerbefreiungsvorschriften in den Fällen, in denen aus den Eingangsleistungen der Unternehmer der Vorsteuerabzug nach § 15 UStG geltend gemacht werden soll. Die Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 20 Buchst. a oder b UStG ist nämlich nicht dispositiv (Heidner in Bunjes/Geist, UStG-Kommentar, 9. Aufl. 09, § 4 Nr. 20 Rz. 2). Der Künstler kann nicht zwischen der Erbringung von steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen wählen. Liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a oder b UStG vor, sind die Umsätze zwingend steuerfrei, sodass auch ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist (s.u.). Dies hat auch das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2006 bestätigt und gleichzeitig festgestellt, dass ein Antrag vom Künstler bzw. der steuerbefreiten Einrichtung nicht erforderlich ist (BVerwG 4.5.06, 10 C 10/05, PFB 06, 215). Zudem kann die Finanzbehörde die Erteilung der Bescheinigung durch die Landesbehörde nach den Grundsätzen des § 88 AO anregen. Dies ermöglicht es der Finanzverwaltung faktisch, im Zusammenspiel mit der zuständigen Landesbehörde die Steuerbefreiung der Umsätze herbeizuführen, da der Landesbehörde insoweit kein Handlungsermessen mehr zusteht. Die Bescheinigung ist vielmehr zwingend zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG vorliegen.
Diese Rechtsfolge kann z.B. für ein privat betriebenes Theater, das umfangreiche Renovierungsmaßnahmen in Auftrag gibt, dazu führen, dass ein erhoffter Vorsteuerüberhang (wegen des Vorsteuerausschlusses nach § 15 Abs. 2 UStG) verwehrt wird.
4. Steuersatz
Der allgemeine Steuersatz beträgt grundsätzlich 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG). Steuerpflichtige Umsätze von Künstlern können jedoch unter Umständen vom ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG erfasst sein, sodass die Leistungen nur mit 7 % besteuert werden.
4.1 § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG
Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG unterliegen Umsätze für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Nach dem Sinn des Gesetzes ist damit die Ausgabe einer entgeltlichen Eintrittsberechtigung durch einen Unternehmer gemeint, der ein Konzert veranstaltet oder als ausübender Künstler eine vergleichbare Darbietung erbringt. Der Begriff ausübender Künstler umfasst nach der Rechtsprechung des EuGH (23.10.03, C-109/02, UR 04, 34) sowohl die Leistungen eines Solisten als auch die Leistungen der zu einer Gruppe zusammengeschlossenen ausübenden Künstler (z.B. Orchester oder Chöre).
4.2 § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG
Ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz unterliegen sonstige Leistungen, die in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten bestehen, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben. Dazu zählen auch Darbietungen ausübender Künstler (als verwandtes Schutzrecht), §§ 74 ff. UrhG. Ausübender Künstler im Sinne des Urhebergesetzes (§ 73 UrhG) ist, wer ein Werk vorträgt oder aufführt, oder hierbei künstlerisch mitwirkt (z.B. Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer, Dirigenten etc.).
Gerade die Abgrenzung der künstlerischen Mitwirkung ist im Einzelfall schwierig: So können beispielsweise die Leistungen eines Tonmeisters oder eines Beleuchters dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (so zumindest Heidner in Bunjes/Geist, UStG-Kommentar, 9. Aufl. 09, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Rz. 11); die sonstige Leistung, die ein Klavierstimmer erbringt jedoch nicht (BFH 22.3.90, IV R 145/88, BStBl II 90, 643).
Die Darbietung eines ausübenden Künstlers beinhaltet nicht automatisch auch die Übertragung der Nutzungsrechte. Die Einräumung des Nutzungsrechts muss sich vielmehr aus der vertraglichen Vereinbarung als wirtschaftliches Ergebnis ergeben (so auch Hättich/Renz, Umsatzbesteuerung von beschränkt einkommensteuerpflichtigen Künstlern, IStR 2010, S. 13 ff). Abzustellen ist insbesondere auch auf den Schwerpunkt der Leistung. Insofern gelten auch hier die Grundsätze von Haupt- und Nebenleistung.
Beispiel |
Die „einfache“ Lesung eines Schriftstellers unterliegt dem allgemeinen Steuersatz von 19 % (ebenso wie Autogrammstunden oder Ähnliches). Wird eine Lesung (ohne Publikum) jedoch von einer Fernsehanstalt aufgezeichnet und ausgestrahlt, so liegt der Schwerpunkt der Leistung des Schriftstellers in der Einräumung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte. Die Lesung selbst teilt als unselbstständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung (hier die Einräumung des Nutzungsrechts). Beide Leistungen unterliegen dann dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. |
Auch erfasst sind die Umsätze von Verwertungsgesellschaften, die die Nutzungsrechte aus dem UrhG wahrnehmen.
4.3 § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG
Neben der Begünstigung für sonstige Leistungen sieht das Umsatzsteuergesetz auch eine Ermäßigung des Steuersatzes auf 7 % vor, wenn es sich bei der Lieferung um einen Kunstgegenstand handelt. Dazu zählen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG insbesondere Gemälde und Zeichnungen, sowie Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst.
5. Umkehrung der Steuerschuldnerschaft
Bei Leistungen, die von einem im Ausland ansässigen Unternehmer an einen inländischen Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts erbracht werden, kehrt sich die Steuerschuldnerschaft gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 UStG i.V. mit § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG um. Während üblicherweise der Leistende, also der Künstler, auch Schuldner der Umsatzsteuer ist (vgl. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG), führt dieses Reserve-Charge-Verfahren dazu, dass der mögliche Vorsteuerabzug und die Steuerschuld beim Leistungsempfänger zusammenfallen und sich saldieren.
Ziel der Umkehrung ist in erster Linie die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs. Doch auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten erleichtert dieses Verfahren die administrativen Aufgaben der Beteiligten.
Zu beachten ist jedoch, dass der Leistende, der gemäß § 14a Abs. 5 UStG weiterhin zur Rechnungserteilung verpflichtet ist, in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer ausweist. Ein solcher unberechtigter Ausweis von Umsatzsteuer würde zu einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG führen. Dies hat im Übrigen zur Folge, dass der Leistungsempfänger die zu Unrecht ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Der leistende Künstler muss in seiner Rechnung jedoch auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinweisen, § 14a Abs. 5 S. 2 UStG.
Herrscht Ungewissheit über die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG, weil z.B. nicht klar ist, ob der Künstler tatsächlich als im Ausland ansässig anzusehen ist (abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung, § 13b Abs. 4 S. 2 UStG), schuldet der Leistungsempfänger grundsätzlich trotz der Zweifel die Umsatzsteuer. Etwas anderes gilt nur, wenn der Leistende eine Bescheinigung seines inländischen Finanzamts vorlegen kann, wonach er inländischer Unternehmer ist, § 13b Abs. 4 S. 3 UStG.
6. Vorsteuerabzug
Der Vorsteuerabzug ist insbesondere für den inländischen Leistungsempfänger von Bedeutung. Durch die Regelungen über den Vorsteuerabzug wird gewährleistet, dass die unternehmerische Inanspruchnahme von Leistungen nicht endgültig mit Umsatzsteuer belastet wird. Die wirtschaftliche Belastung durch die Umsatzsteuer soll beim Endverbraucher liegen.
Dieser hat zunächst die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu erfüllen:
- Empfang einer Leistung
- durch einen Unternehmer
- für das Unternehmen des Empfängers,
- Rechnung mit offenem Steuerausweis,
- Steuerschuld des leistenden Unternehmers wegen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatzes.
Der Vorsteuerabzug ist damit ausgeschlossen, wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer oder Kleinunternehmer (§ 19 UStG) ist oder die Leistung für den nicht unternehmerischen Teil bezieht. Das Gleiche gilt für die Fälle, in denen die empfangene Leistung wiederum vom Leistungsempfänger für steuerfreie Umsätze verwendet wird (§ 15 Abs. 2 UStG). Ein Unternehmer kann die von ihm nach § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG. Dabei ist im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuerjahreserklärung darauf zu achten, dass die geschuldete Steuer und die abziehbare Vorsteuer in jedem Fall angegeben werden müssen und nicht vorab bereits verrechnet werden können. Eine entsprechende „Null-Regelung“ existiert nicht mehr.
7. Zusammenfassendes Beispiel und Fazit
Musterfall | ||||||||
Der italienische Konzertpianist P wird für einen Auftritt in Bonn gebucht. Er reist zu diesem Zweck aus Rom mit dem Flugzeug an. Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG liegt nicht vor. Vom Veranstalter (= Unternehmer mit Sitz in Bonn) werden folgenden Zahlungen geleistet:
Die gemäß § 3a Abs. 2 UStG in Bonn ausgeführte Darbietung, ist als sonstige Leistung i.S. des § 3 Abs. 9 S. 1 UStG steuerbar und mangels Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerpflichtig.
Gemäß § 10 Abs. 1 UStG gehört neben der eigentlichen Gage auch die Übernahme der Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zum Entgelt und damit zur Bemessungsgrundlage. Die Bemessungsgrundlage beträgt somit 5.900 EUR. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG beträgt der Steuersatz 7 %. Die Umsatzsteuer entsteht i.H. von 413 EUR. Steuerschuldner ist gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG der Veranstalter, der die Umsatzsteuer nach § 15 UStG als Vorsteuer abziehen kann. Über die erbrachte Leistung hat der P eine Rechnung zu erteilen, die keine Umsatzsteuer ausweist, jedoch auf die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG hinweist. |
Das letzte Beispiel zeigt, welch komplexe umsatzsteuerrechtliche Würdigung selbst einfache wirtschaftliche Sachverhalte erfordern. Entsprechende Kenntnisse sind daher sowohl für den Künstler als auch für den Veranstalter von großer Bedeutung. Gerade vermeintlich nebensächliche Punkte wie die korrekte Rechnungserteilung können zu zusätzlichen und unnötigen Kosten führen. Eine umfängliche Befassung mit diesen Fragen ist daher bereits im Vorfeld der Darbietungen des Künstlers sinnvoll und erforderlich. Dies auch sicherlich vor dem Hintergrund, dass bereits bei den Vertragsverhandlungen die Frage der Umsatzsteuerschuld abschließend geklärt werden sollte.
Weiterführende Hinweise
- Zur Abgrenzung der Einkunftsarten bei künstlerischer Tätigkeit (Reinke/Pruns, PFB 10, 33)
- Steuerpflicht und Besteuerungsverfahren für im Ausland ansässige Künstler (Reinke/Noel, PFB 10, 274)
- Neuer Leistungsort bei Künstlern und Vortragenden ab 2011 (Nieskoven, PFB 11, 133)