01.07.2006 | Oberlandesgericht Köln
Arzt erhält weiten Spielraum bei Beteiligungen
Nach Auffassung des OLG Köln (4.11.05, 6 U 46/ 05, Abruf-Nr. 061714) bestehen weder an der Beteiligung eines HNO-Arztes an der Hörgeräteversorgung über den verkürzten Versorgungsweg noch an der Beteiligung eines Arztes an einer auf den Vertrieb von Hörgeräten spezialisierten Aktiengesellschaft (AG) rechtliche Einwände. |
Sachverhalt
Die Beklagte betrieb als AG die Gründung und Unterhaltung von Hörgeräteakustikerbetrieben. Hierbei warb sie gezielt für eine Aktienbeteiligung von HNO-Ärzten an ihrer Gesellschaft. So gab die AG im Verkaufsprospekt an, dass die beteiligten HNO-Ärzte bei einem einmaligen Investment von 20.000 EUR jährlich über 30.000 EUR erwirtschaften könnten. Dieser Betrag ergab sich zum einen dadurch, dass die Investoren durch die unmittelbare Einbindung in die Hörgeräteabgabe finanziell beteiligt werden und zum anderen von dem auf ihre Aktienbeteiligung entfallenden Gewinn profitieren. Der Gewinn sollte durch die Zuweisung der Ärzte von Patienten an die AG als Käufer von Hörgeräten aktiv beeinflusst werden. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Ziel, einerseits die Werbung für das betriebene Geschäftsmodell zu unterlassen und andererseits die Durchführung dieses Geschäftsmodells zu untersagen.
Anmerkungen
Das OLG sah in der Durchführung des beanstandeten Geschäftsmodells keinen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb i.S. des § 4 Nr. 11 UWG oder Vorgaben der (Muster-)Berufsordnung der deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO). Zwar könne die AG als Anstifterin zum Rechtsbruch haften, wenn durch ihr Handeln Ärzte zu einem Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften verleitet werden. Dies sei jedoch nicht der Fall, da die Ärzte sich als Aktionäre an einem Unternehmen beteiligen können, die Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel oder Medizinprodukte herstellen.
Speziell die Einbindung von HNO-Ärzten in die Abgabe von Hörgeräten im verkürzten Versorgungsweg sei nicht zu beanstanden (vgl. BGH 15.11.01, NJW 02, 962). Denn diese verstößt nicht gegen das Verbot, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen (§ 34 Abs. 5 MBO). Ebenso wenig verstößt dies gegen das Verbot, im Zusammenhang mit der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter Mitwirkung des Arztes abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen (§ 3 Abs. 2 MBO).
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