31.08.2009 | Umatzsteuerbefreiung
EuGH-Vorlage zur Gewebezüchtung
von Georg Nieskoven, Troisdorf
In der Humanmedizin spielen zunehmend Verfahren eine Rolle, bei denen körpereigene Substanzen bzw. Zellen entnommen, bearbeitet, vermehrt und aufbewahrt werden (z.B. die Züchtung von Hautgewebe), um sie später in den Körper zu reimplantieren. Der BFH hat beim EuGH angefragt, ob solche Leistungen - da sie mit einer Heilbehandlung zusammenhängen - umsatzsteuerfrei sein können (BFH 1.4.09, XI R 52/07; Az. EuGH C-156/09). |
Sachverhalt
Streitig war im Vorlageverfahren, ob die von einem deutschen Unternehmen gegenüber ausländischen Ärzten und Krankenhäusern erbrachten Gewebezüchtungsleistungen der deutschen Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, was das FA bejaht hatte. Das FG hingegen stufte die Gewebezüchtungsleistung als Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen i.S. von § 3a Abs. 2 Nr. 3c UStG ein. Da die Empfänger aber mit ihrer aus einem anderen EU-Staat stammenden USt-IdNr. aufgetreten seien, verlagere sich der Leistungsort ins Empfängerland (§ 3a Abs. 2 Nr. 3c S. 2 UStG), sodass schon aus diesem Grund keine deutsche Umsatzsteuer entstehe. Der BFH schließlich fragte, ob es sich bei den Gewebezüchtungsleistungen um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL handeln könne und legte dem EuGH die entsprechenden Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Anmerkungen und Praxishinweis
Der BFH hält es für denkbar, Gewebezüchtungsleistungen als schlichte Gegenstandsbearbeitung - da vom Ursprungsorganismus getrennt und damit auf eine technische Gewebeproduktion reduziert - zu behandeln, da das Umsatzsteuerrecht auch Blut und Transplantationsorgane als Gegenstandslieferung werte (§ 4 Nr. 17a UStG). Andererseits könne der Sachverhalt aber auch wegen der funktionellen Einheit der zu kultivierenden Zellen mit dem Körper des Patienten als Heilbehandlung an diesen nur vorübergehend vom Menschen getrennten Körperbestandteilen - wie am Menschen selbst - bewertet werden.
Die Entscheidung des EuGH ist für alle Dienstleistungen zur Aufbereitung und Lagerung von körpereigenen Materialien wichtig. Zusätzlich problematisch sind solche Dienstleistungen, wenn die Körpersubstanzen nicht mit dem bereits feststehenden Ziel der Wiederzuführung (Bsp. Eigenbluttherapie), sondern rein prophylaktisch aufbereitet und gelagert werden. Beim EuGH sind dazu zwei Vorabentscheidungsersuchen (C-262/08, C-86/09) zur Frage anhängig, ob die Aufbereitung und Lagerung von Nabelschnurblut zur (noch ungewissen) Stammzellenbehandlung im eventuellen Erkrankungsfall als humanmedizinische Heilbehandlungsleistung steuerfrei sein könne.
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