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  • 02.06.2009 | Umsatzsteuer

    Berufsbezogene Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit bei Heilberuflern

    von Dipl.-Finanzw. Jürgen Serafini, Troisdorf

    Bis zu den Entscheidungen des BVerfG in 1999 ging das Umsatzsteuerrecht davon aus, dass sich Gewährung oder Versagung der Steuerfreiheit i.S. von § 4 Nr. 14 UStG a.F. an bestimmten Berufsgruppen - und dort an der Existenz einer berufsrechtlichen Regelung für den fraglichen Beruf - festmachen ließ. Diese Sichtweise hat das Bundesverfassungsgericht jedoch als zu enge Auslegung verworfen. Seither suchen Finanzverwaltung und Finanzgerichte nach einer neuen Abgrenzungslinie, die sich allerdings noch immer nicht mit der für eine praktische Handhabung notwendigen Klarheit herausgebildet hat. Die Abgrenzungsproblematik zu § 4 Nr. 14 UStG a.F. (seit 1.1.09 § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG n.F.) betrifft dabei zwei systematisch aufeinander aufbauende Prüfhürden: den beruflichen Befähigungsnachweis und das medizinisch-therapeutische Ziel der Behandlungsmaßnahme. Der Beitrag geht dabei auf das Merkmal der beruflichen Befähigung ein. In der nächsten Ausgabe von PFB steht dann das medizinisch-therapeutische Ziel im Mittelpunkt.  

    1. Vorliegen des „beruflichen Befähigungsnachweises“

    Bei den Heil- und Heilhilfsberufen ist in den vergangenen Jahrzehnten eine dynamische Entwicklung zu verzeichnen: Durch den medizinischen Fortschritt und die Verbreitung neuer oder alternativer Heilverfahren einerseits bzw. die Auslagerung von vormals durch angestelltes Personal erbrachte Leistungsbereiche auf entsprechend qualifizierte freie Mitarbeiter andererseits haben sich in jüngerer Zeit zahlreiche neue Berufsbilder herausgebildet. Welche Berufsgruppen unter die Begünstigungsmöglichkeit des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG fallen können, klärt das Gesetz nicht abschließend. In einem ersten Schritt benennt die Vorschrift jedoch eine Reihe von ­„Katalogberufen“. Begünstigt sind demnach Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten und Hebammen.  

     

    In gleicher Weise begünstigungsfähig sind neben diesen „Katalogberuflern“ nach dem Gesetzeswortlaut auch die „... ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten“, ohne dass das Gesetz entsprechende Berufsgruppen oder das Merkmal der „Ähnlichkeit“ näher konkretisiert.  

     

    Die Begünstigungsmöglichkeit des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ist dabei rechtsformneutral. Sie gilt demnach nicht nur für die als Einzelunternehmer tätigen Heil- oder Heilhilfsberufler, sondern im Rahmen des berufsrechtlich Möglichen auch für entsprechend tätige Personen- oder Kapitalgesellschaften (EuGH 10.9.02, C-141/00). Bei Kapital- oder Personengesellschaften ist insofern grundsätzlich erforderlich, dass das leistungsausführende Personal über den entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweis verfügt (vgl. EuGH 6.11.03, C-45/01 sowie BFH 26.9.07, V R 54/05). Für ausreichend hält es der BFH aber ggf. auch, wenn der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft die entsprechende Berufsqualifikation besitzt, auch wenn er die Umsätze seiner GmbH nicht durchgängig leitend und eigenverantwortlich bzw. beaufsichtigend durchführt (BFH 15.3.07, V R 55/03). Diese Entscheidung bezog sich allerdings auf den sehr speziellen Fall einer von einem „Arzt für Laboratoriumsmedizin“ als Alleingesellschafter und Geschäftsführer geführten Labor-GmbH, bei der die praktischen Laboranalyseleistungen durch angestellte medizinisch-technische Assistenten erfolgten. M.E. reicht im Allgemeinen die Berufsqualifikation des Alleingesellschafters zur Bejahung des „beruflichen Befähigungsnachweises“ noch nicht aus, wenn das die fragliche Leistung tatsächlich ausführende Personal nicht über die notwendige Berufsqualifikation verfügt oder bei Ausführung der Einzelleistung nicht unter fachlicher Leitung und Aufsicht des Qualifikationsinhabers handelt.