01.07.2007 | Vertragsarztrecht
Die MVZ-GmbH als Zulassungs- und Steuerfalle
Ab 1.1.07 ist für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in der juristischen Person des Privatrechts u.a. Voraussetzung, dass die Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen für Forderungen von kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen abgeben. Dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des MVZ fällig werden. Offen lässt das Gesetz allerdings, ob vor dem 1.1.07 zugelassene MVZ ebenfalls diese Bürgschaftserklärungen abzugeben haben. Dieser Beitrag zeigt bestehende Unklarheiten anhand eines praktischen Falles auf.
1. Sachverhalt
Das Klinikum N-GmbH hatte bereits vor dem 1.1.07 ein MVZ in Form einer gemeinnützigen GmbH gegründet. Anfang 2007 fordert der zuständige Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung die N-GmbH dazu auf, die Bürgschaft gemäß § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V nachzuholen und setzt eine Frist. Denn mangels Übergangsregelung sei die Abgabe der Bürgschaftserklärung auch für Altfälle erforderlich – so die Auffassung der KV.
2. Lösung
Nach Auffassung der kassenärztlichen Bundesvereinigung (Schreiben vom 10.1.07, „Anmerkung zum Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.06“) müssen auch bereits vor dem 1.1.07 zugelassene MVZ eine Bürgschaftserklärung ihrer Gesellschafter nachreichen. Entscheidend sei der Wortlaut der Vorschrift des § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V. Hiernach sei die Zulassung zu entziehen, „wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen“. Der Verweis auf den Wortlaut einer Vorschrift ist zwar eine juristisch zutreffende Auslegungsmethode. Im Kontext des Vertragsarztrechtes neuer Prägung sowie der Statuseigenschaften eines MVZ ist jedoch diese Auffassung unzutreffend, da sie u.a. gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.
2.1 Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot
Im Ausgangsfall ist das MVZ rechtskräftig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden. Das Zulassungsverfahren ist insoweit abgeschlossen. Bezogen auf das Gründungsstadium des MVZ ist die Zulassung als solche ein abgewickelter, der Vergangenheit angehörender Sachverhalt. Ab dem 1.1.07 greift die Norm des § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V durch das Erfordernis der Abgabe einer Bürgschaftserklärung nachträglich ändernd in die Gründungsphase ein und bewirkt eine echte Rückwirkung, die zulasten des MVZ geht (vgl. BSG, 29.11.06, B 6 KA 42/05 R). Diese Rückwirkung erscheint gemessen am Maßstab des Verfassungsrechtes äußerst zweifelhaft. So sieht das BSG (27.4.05, B 6 KA 18/04 R) eine belastende Rückwirkung nur in Ausnahmefällen als statthaft an, soweit ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand des geltenden Rechtes nicht oder nicht mehr gerechtfertigt ist.
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