27.05.2010 | Wirtschaftsberatung
Die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft: Kooperationsmodell mit Zukunft
von StB Dr. Rolf Michels, Köln
An der steigenden Anzahl von ärztlichen Kooperationsgemeinschaften und dem modifizierten Wettbewerbsumfeld lässt sich erkennen, dass zukünftig Großpraxen den Markt im Gesundheitswesen beherrschen werden. Wegen dieser Prognose befürchten etliche Inhaber von Arztpraxen, dass mit dem Eingehen von gemeinschaftlichen Verpflichtungen selbstgewählte Strukturen aufgegeben und übermäßige Kompromisse mit dem neuen Partner geschlossen werden müssen. Hinsichtlich dieser Bedenken bietet insbesondere die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) attraktive Vorzüge gegenüber anderen Kooperationsformen. Ein überörtliches Kooperationsverhältnis ermöglicht ein wesentlich breiteres Angebot an Versorgungsleistungen, eine umfassende Betreuung von Patienten aus einer Hand, die Etablierung der Praxis über ein größeres räumliches Gebiet sowie ein erhöhtes Finanzierungspotenzial in technisch innovative Apparate, deren Investitionsvolumen häufig die Verhältnisse einer einzelnen Praxis übersteigt.
1. Rechtliche Grundlagen
Nach der 2004 geänderten Fassung der Musterberufsordnung der Ärzte (§ 18 Abs. 3 S. 3 MBO) ist eine gemeinschaftliche Berufsausübung mit mehreren Praxisstandorten nur zulässig, wenn an jedem Sitz zumindest ein Mitglied der BAG hauptberuflich tätig wird. Das 2007 reformierte Vertragsarztrecht gestattet nun auch Ärzten mit einer Kassenzulassung ihre Tätigkeit gemeinschaftlich mit Berufskollegen auf mehrere Vertragsarztstandorte auszudehnen. Jedes Mitglied der BAG bleibt Inhaber seines eigenen Vertragsarztsitzes sowie der damit verbundenen Zulassung und muss für die Erfüllung der Versorgungspflicht mindestens 20 Stunden an seinem Vertragsarztsitz präsent sein.
Für die Gründung einer überörtlichen BAG ist der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags erforderlich, in dem die tatsächliche Absicht zur gemeinschaftlichen Berufsausübung belegt wird und Regelungen bezüglich der Einlagenhöhe, Gewinnverteilung und gemeinschaftlichen Entscheidungsbefugnisse enthalten sind. Von einer gemeinschaftlichen Berufsausübung kann insbesondere ausgegangen werden, wenn auf dem Praxisschild und dem Briefkopf sämtliche Namen der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Ärzte aufgeführt sind. Die Mitglieder der BAG haben sämtliche Behandlungen und Leistungsabrechnungen im Namen der Gesellschaft vorzunehmen und müssen jedem Partner Einblick in die gemeinsame Patientenkartei gewähren (vgl. Michels/Möller, Ärztliche Kooperationen, 2009, 171). Die privatärztlichen Honorare werden häufig auch von den einzelnen Praxen persönlich im Rahmen ihres Sonderbetriebsvermögens vereinnahmt.
2. Bildung eigenständiger Profitcenter
2.1 Profitcenter auf der Gewinnebene
Das Modell der überörtlichen BAG lässt sich derart ausgestalten, dass im Innenverhältnis die beteiligten Einzel- und Gemeinschaftspraxen jeweils ein eigenes Profitcenter für ihren jeweiligen Standort bilden, in dem sie ihre bisherigen Kosten-, Gewinn- und Umsatzstrukturen unverändert beibehalten können. Auf diese Weise planen und steuern die einzelnen Praxisinhaber die standortgebundenen Unternehmensprozesse weiterhin eigenverantwortlich und bewahren die Kontrolle über wesentliche Kosten- und Umsatzentscheidungen des operativen Geschäfts.
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