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  • · Fachbeitrag · FG-Rechtsprechung kompakt

    Wichtige Entscheidungen für die Freiberufler-Beratung

    | In diesem Beitrag haben wir wieder die für die Praxis bedeutsamsten Entscheidungen der Finanzgerichte zusammengestellt und kurz kommentiert. Da die Rechtsentwicklung häufig aufgrund ausstehender Revisions-, Verfassungsgerichts- oder EuGH-Entscheidungen noch nicht abgeschlossen ist, sollten die einzelnen Themen weiter im Auge behalten werden. |

    1. Trauerredner als ausübender Künstler

    Nach einer Entscheidung des FG Schleswig-Holstein (17.5.22, 4 K 153/20; Rev. BFH V R 11/22) sind am üblichen Brauchtum orientierte Trauerreden regelmäßig nicht als künstlerische Darbietungen i. S. d. UStG zu qualifizieren. Die nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche schöpferische Gestaltungshöhe werde nicht bereits durch einen niveauvollen Redetext erreicht. Für die Abgrenzung einer künstlerischen von einer herkömmlichen unternehmerischen Betätigung kommt es danach nicht auf die subjektive Einschätzung des Leistungserbringers, sondern auf die allgemeine Verkehrsanschauung bzw. die Perspektive des Verbrauchers an. Handele es sich bei der Trauerrede um ein Auftragswerk, das auf der Grundlage eines herkömmlichen, von der typischen Erwartungshaltung des Bestellers geprägten Redegerüsts erstellt werde, dann trete eine mögliche künstlerische Ausschmückung der Rede und/oder ein subjektiv als Kunst empfundenes Tätigwerden hinter dem Gebrauchswert des Werks zurück.

     

    PRAXISTIPP | Die zur Beurteilung der Tätigkeit von Trauer- und Hochzeitsrednern ergangenen Urteile zeigen, dass in der Praxis eine gewisse Zurückhaltung bei der Einordnung dieser Tätigkeiten als Kunst i. S. d. Steuerrechts besteht. Dies mag daran liegen, dass es sich bei den Tatbeständen des § 12 Abs. 2 UStG um Ausnahmeregelungen handelt, die nach der Rechtsprechung eng auszulegen sind. Gleichwohl hat der BFH (3.12.15, V R 61/14, BStBl II 20, 797) klargestellt, dass ein Trauer- oder Hochzeitsredner dann „ausübender Künstler“ ist, wenn seine Leistungen eine schöpferische Gestaltungshöhe erreichen.

     

    Nach der Rechtsprechung des BVerfG (24.2.71, 1 BvR 435/68; 17.7.84, 1 BvR 816/82) liegt das Wesen einer künstlerischen Tätigkeit in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung werde geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck komme. Gegen eine künstlerische Tätigkeit würde daher bei einer Redetätigkeit sprechen, wenn sie sich im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüsts beschränkt. Im Rahmen von Einsprüchen sollte der steuerliche Berater diese Abgrenzungskriterien im Blick haben bei seiner Argumentation.