· Fachbeitrag · Gestaltungsmodell
Die typische Innengesellschaft an einer (Zahn-)Arztpraxis im Sinne des Familiensplittings
von RA Dr. Jens-Peter Damas, FAfStR, Partner bei Wilde & Partner, Bergisch-Gladbach
| Familiensplitting bedeutet die (mehrfache) Nutzung des Grundfreibetrags i. H. v. 10.347 EUR pro Person (Stand: 2022) sowie die Abschwächung der Progression durch die Verlagerung von Einkünften auf Kinder. Es bietet sich an, die Gestaltung für die Dauer der Ausbildung/des Studiums anzusetzen, solange ein entsprechender Unterhaltsbedarf besteht. Inzwischen hat der BFH (23.11.21, VIII R 17/19) zur typischen Innengesellschaft an einer Zahnarztpraxis Stellung genommen und dargelegt, unter welchen Voraussetzungen das Modell bei Freiberuflerpraxen funktioniert. |
1. Rechtlicher Hintergrund zur typischen Innengesellschaft
Eine stille Gesellschaft kann nur an einem Handelsgewerbe bestehen. Insoweit ist klar, dass an einer Praxis keine stille Gesellschaft i. S. des HGB bestehen kann, allerdings ist eine Innengesellschaft an der Praxis möglich, die analog zur stillen Gesellschaft nach dem HGB ausgestaltet ist. Insoweit kann ohne Weiteres auf Rechtsprechung und Literatur zur stillen Gesellschaft zurückgegriffen werden.
1.1 Einlagenerbringung
Der Stille kann eine bilanzierungsfähige Einlage entweder durch persönliche Leistung oder im Anschluss an eine schenkweise Einbuchung dadurch erbringen, dass er die Einlage dem Geschäftsinhaber belässt. Es ist für die Leistung einer Einlage gemäß § 230 Abs. 1 HGB nicht notwendig, dass sie in Geld erbracht wird; erforderlich ist nur, dass es sich um einen bilanzierungsfähigen, d. h. übertragbaren und bewertbaren Vermögenswert handelt. Die Einlage kann deshalb neben oder anstelle von Geldeinlagen in Form von Sacheinlagen aller Art erbracht werden.
Häufig ‒ insbesondere unter Familienangehörigen ‒ wird die Einlage des stillen Gesellschafters dadurch geleistet, dass der Geschäftsinhaber einen bestimmten Betrag auf dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters unentgeltlich gutschreibt und das eigene Geschäftskonto entsprechend belastet. Der Geschäftsinhaber verspricht dem Stillen schenkweise den Einlagebetrag, und dieser rechnet die Forderung mit der aus dem geschlossenen Gesellschaftsvertrag entspringenden Einlageverpflichtung auf.
Maßgeblich ist auch hier die oben vorgenommene Unterscheidung zwischen Einlage und Beitrag und die Feststellung, dass es keine beitragslose, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne persönliche Einlageleistung des Stillen geben kann. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter selbst zu erfolgen hat. Entscheidend ist nur, dass der Stille eine Einlage hält, und nicht, dass er sie auch persönlich leistet.
1.2 Transparenzregister
Typische stille Beteiligungen sind im Transparenzregister nicht offenzulegen. Die typische stille Gesellschaft ist durch das Fehlen jeglicher Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes sowie an dessen Geschäftsführung gekennzeichnet, sodass es an der notwendigen Kontrolle des typisch still Beteiligten über die Geschicke des kaufmännischen Unternehmens fehlt, Blaurock in Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl. Rz. 2.17.
2. Die typische stille Gesellschaft aus steuerlicher Sicht
2.1 Die jüngste Rechtsprechung zur typischen Innengesellschaft
Eine solche Innengesellschaft an einer freiberuflichen Praxis ist einer typischen stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe ähnlich. Das Kind erhält einen Geldbetrag geschenkt (z. B. vom Praxisinhaber, dem Ehegatten oder Großeltern) und stellt diesen Geldbetrag der Praxis als Einlage wieder zur Verfügung. Im Verhältnis zu jedem Elternteil ist alle zehn Jahre ein Betrag von 400.000 EUR pro Kind schenkungsteuerbefreit. Im Verhältnis zu Großeltern gilt ein Freibetrag von 200.000 EUR. Für die Einlageleistung erhält das Kind als Gegenleistung eine laufende Gewinnbeteiligung. An (theoretischen) Verlusten ist das Kind ebenfalls beteiligt, allerdings beschränkt auf die Höhe der Einlage. Der Praxisinhaber weist die Innengesellschaft als Fremdkapital aus und die Gewinnbeteiligung des Kindes ist eine Betriebsausgabe der Praxis.
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Inzwischen hat auch der BFH (23.11.21, VIII R 17/19) zur Innengesellschaft an einer Zahnarztpraxis Stellung genommen. Im genannten Urteil lässt der BFH insbesondere den Gedanken der Vorinstanz nicht durchschlagen, dass es zu keiner wirtschaftlich relevanten Vermögensverschiebung kommt, weil das Kind die Einlage geschenkt bekommen hat und dem Vater unmittelbar wieder zur Verfügung stellt. Bei Darlehensverträgen über geschenkte Beträge führt diese Argumentation häufig zur Nichtanerkennung der Gestaltung. Der BFH geht im vorliegenden Urteil jedoch davon aus, dass im Falle einer Verlustbeteiligung dieser Einwand nicht zum Zuge kommen kann. Selbst die bloße Umbuchung der Einlage im Rahmen der Innengesellschaft sei unschädlich.
Außerdem konkretisiert der BFH für den Fall der Innengesellschaft die Anforderungen an den Fremdvergleich bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen, die erfüllt sein müssen, um dem Vertrag zur Wirksamkeit zu verhelfen. Durch diese Hinweise hat die Gestaltungspraxis eine gute Checkliste, um den Vertrag wasserdicht zu machen. |
Die stille Gesellschaft ist eine Personengesellschaft, die kein Gesamthandsvermögen besitzt. Der stille Gesellschafter leistet seine Einlage vielmehr in das Vermögen des Betriebsinhabers. Er wird hierfür am Gewinn und ggf. Verlust des Unternehmens ‒ bei atypisch stillen Gesellschaften darüber hinaus grundsätzlich auch an den stillen Reserven ‒ beteiligt.
Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft. Sie tritt im Wirtschaftsleben nach außen hin nicht in Erscheinung. Deshalb ist auch nur der Betriebsinhaber bzw. Freiberufler buchführungspflichtig. Die stille Gesellschaft selbst ist hingegen weder handels- noch steuerrechtlich buchführungspflichtig. Der Betriebsinhaber weist die Beteiligung des stillen Gesellschafters grundsätzlich als Fremdkapital aus. Der Gewinnanteil des Stillen wird gewinnmindernd gebucht. Er ist anhand des Jahresabschlusses/EÜR des Inhabers zu ermitteln.
Die typisch stille Gesellschaft stellt im Ergebnis eine bloße Kapitalüberlassung dar. Sie führt deshalb beim stillen Gesellschafter im Zeitpunkt des Zuflusses grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Ausnahme: stille Beteiligung wird in einem ‒ ggf. bilanzierungspflichtigen ‒ Betriebsvermögen gehalten). Deshalb erhält sie neben der GmbH auch keine eigene Steuernummer.
2.2 Einkommensteuer
Die Einkommensteuer auf die laufenden Einkünfte aus der stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) wird, wenn der Inhaber als Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat, durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG). Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den eigentlichen Gewinnanteilen oder an ihrer Stelle gewährt werden (§ 43 Abs. 1 S. 2 EStG). Der Steuersatz beträgt gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG 25 % des Kapitalertrags.
Hinzu kommt der SolZ. Durch die Abschaffung des SolZ ab 2021 werden Kapitalerträge nicht entlastet. Der SolZ ist weiterhin auf die Kapitalertragsteuer zu erheben. Die Zuflussfiktion gemäß § 44 Abs. 3 EStG gilt hierbei nur für kapitalertragsteuerliche Zwecke: „Ist bei Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter in dem Beteiligungsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung keine Vereinbarung getroffen, so gilt der Kapitalertrag am Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, als zugeflossen.“
Die ESt/KSt und der SolZ auf Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, werden durch den Steuerabzug in den Fällen des § 43 Abs. 5 S. 1 EStG abgegolten. Sie sind in der Einkommensteuererklärung nicht zu erklären, bezüglich dieser Kapitaleinkünfte unterbleibt die Veranlagung, § 25 Abs. 1 HS. 2 EStG. Wird die Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG erfolgreich durchgeführt und sind alle Einkünfte (inklusive der Kapitaleinkünfte) mit dem Regeltarif zu besteuern, wird die festzusetzende Einkommensteuer nur nach § 32a EStG ermittelt.
2.3 Abgeltungsteuer bei Näheverhältnis
Gemäß § 32d Abs. 2 S. 1 EStG findet der gesonderte Steuertarif für Kapitaleinkünfte gemäß § 32d Abs. 1 EStG u. a. bei stillen Beteiligungen keine Anwendung, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner ein besonderes Näheverhältnis besteht. Die Finanzverwaltung sah in Tz. 136 des BMF-Schreibens vom 22.12.09 das Merkmal stets als erfüllt und damit jede stille Beteiligung zwischen Angehörigen i. S. d. § 15 AO als aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen an. Liege kein Angehörigenverhältnis i. S. dieser Vorschrift vor, sei ‒ so das BMF weiter ‒ von einem Nahestehen auszugehen, wenn die Vertragsbeziehung einem Fremdvergleich nicht standhalte.
Der BFH hat in mehreren Grundsatzurteilen zu § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG diese Auslegung des BMF-Schreibens nicht mitgetragen. Er hat den Begriff der „einander nahestehenden Person“ in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b S. 2 EStG autonom und unter enger Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung ausgelegt (BFH 29.4.14, VIII R 9/13; 29.4.14, VIII R 44/13; 29.4.14, VIII R 35/13; 14.5.14, VIII R 31/11 ):
- Im Verfahren VIII R 9/13 gewährten die Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln Darlehen zur Anschaffung von fremdvermieteten Immobilien.
- Gegenstand des Streitfalls VIII R 44/13 war eine Darlehensgewährung des Klägers an seine Ehefrau und seine beiden Kinder.
- In dem Verfahren VIII R 35/13 stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kaufpreis für eine Anteilsveräußerung.
- Gegenstand des Streitfalls VIII R 31/11 war die Gewährung eines Darlehens an eine Kapitalgesellschaft, an der die Tochter der Klägerin zu mehr als 10 % beteiligt war.
Abzustellen ist nach dem BFH darauf, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Abgeltungsteuertarifs durch die nahestehenden Personen vorliegt. Das in der Gesetzesbegründung für ein „schädliches Näheverhältnis“ i. S. d. § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG als Unterkriterium angesprochene Beherrschungsverhältnis setzt voraus, dass der beherrschten Person aufgrund eines „absoluten Abhängigkeitsverhältnisses“ (z. B. aufgrund eines außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einflusses) im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt, ob sie die stille Gesellschaft abschließen will. Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit oder Ehe abgeleitetes persönliches Interesse, das mit dem gesetzlich typisierten Gesamtbelastungsvorteil zusammentrifft, grenzt der BFH negativ von einem solchen schädlichen Beherrschungsverhältnis ab. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (BMF 18.1.16, BStBl I 2016, 85, Tz. 136).
2.4 Behandlung eines beschränkt steuerpflichtigen Stillen
Die Einkommensteuer des beschränkt steuerpflichtigen typischen stillen Gesellschafters (z. B. eines im Ausland studierenden Kindes) wird durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG erhoben, weil der Geschäftsinhaber als Schuldner der Gewinnanteile seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat (§ 43 Abs. 3 EStG). Durch den Steuerabzug gilt die Einkommensteuer für diese Einkünfte bei beschränkt Steuerpflichtigen als abgegolten, wenn die Einkünfte nicht Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind (§ 50 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG). Es findet insoweit also keine Veranlagung statt. Hat der stille Gesellschafter neben seinen Beteiligungseinkünften noch andere Einkünfte (z. B. aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung) und werden diese Einkünfte im Wege der Veranlagung erfasst, so bleiben dennoch die Einkünfte aus der stillen Beteiligung außer Betracht; sie erhöhen also nicht die Progression.
2.5 Weitere beachtenswerte Punkte
Stille Gesellschaften treten als bloße Innengesellschaften im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht in Erscheinung. Sie weisen deshalb umsatzsteuerlich keine Unternehmereigenschaft auf. Unternehmer ist ausschließlich der Inhaber des Handelsgeschäfts.
Eigene Einkünfte sind für den Anspruch auf Kindergeld ohne Bedeutung. Für minderjährige Kinder besteht der Anspruch auf Kindergeld ohne jegliche Bedingung. Die Anrechnung von Einkommen des volljährigen Kindes ist seit 2012 vollständig weggefallen. Volljährige Kinder werden unter Berücksichtigung ihres Ausbildungsstatus und nicht mehr anhand des Einkommens berücksichtigt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V fällt das Kind durch eigene Einkünfte von mehr als 470 EUR monatlich (5.640 EUR p. a., Stand 2022) aus der Familienversicherung des gesetzlich versicherten Elternteils. Dann muss eine private Versicherung des Kindes in der Kranken- und Pflegeversicherung erfolgen, die bei den Eltern allerdings als Sonderausgabe abziehbar ist.
3. Die Errichtung einer typischen Innengesellschaft
Der Beitrag des Stillen besteht in den Fällen der schenkweisen Einbuchung darin, dass er die ihm zugewandte Vermögenseinlage im Unternehmen des Elternteils belässt. Fraglich ist aber, wie es um das Erfordernis einer notariellen Beurkundung steht.
3.1 Notarielle Beurkundung
Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist grundsätzlich formfrei. Eine notarielle Beurkundung ist aber ausnahmsweise erforderlich, wenn die Einräumung der Beteiligung schenkweise erfolgt, § 518 Abs. 1 BGB. Der Formmangel kann grundsätzlich durch Bewirken der Einlage geheilt werden (§ 518 Abs. 2 BGB). Dahingegen soll nach Ansicht des BGH die Heilung des Schenkungsversprechens nicht eintreten, wenn der Geschäftsinhaber dem stillen Gesellschafter die Einlage gewährt, indem er die Einlage auf dessen Einlagekonto einbucht. Das Fehlen der notariellen Form des Schenkungsversprechens wird nicht durch die Einbuchung der Beteiligung geheilt (BGH 29.10.52, II ZR 16/52; 24.9.52, II ZR 136/51; BFH 16.2.08, II R 10/06). Die Einbuchung soll nicht als Vollziehung der Schenkung anzuerkennen sein, weil der Buchungsvorgang lediglich die formlose Verpflichtung durch eine andere gleicher Art ersetzt.
Hinsichtlich einer atypischen Unterbeteiligung hat der BGH demgegenüber entschieden, dass angesichts der zusätzlich eingeräumten Mitwirkungsrechte der Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags als heilender Schenkungsvollzug ausreicht (vgl. BGH 29.11.11, II ZR 306/09). Für die typische Unterbeteiligung hat der BGH die Frage offengelassen.
Die Schenkung von Mitteln zur Begründung einer stillen Beteiligung mit einem Dritten (auch z. B. einer Gesellschaft, an der der Schenker beteiligt ist) stellt demgegenüber keine Schenkung der stillen Beteiligung dar. Diese wird vielmehr erst durch den zwischen dem Stillen und dem Geschäftsinhaber abzuschließenden Gesellschaftsvertrag begründet. Die Schenkung des Einlagebetrags ist davon zu unterscheiden. Wird sie von dem Schenker unmittelbar an den Geschäftsinhaber bewirkt, stellt dies eine Leistung der Einlage durch einen Dritten i. S. d. § 267 Abs. 1 BGB dar, mit der zugleich die formlose Schenkung des Einlagebetrags mit heilender Wirkung vollzogen wird.
PRAXISTIPP | Vorsichtshalber sollte stets eine notarielle Beurkundung erfolgen, wenn die Einlage des Innengesellschafters (stillen Gesellschafters) nicht von Dritter Seite (z. B. Ehegatte des Praxisinhabers oder Großeltern) erfolgt. |
3.2 Besonderheiten bei Verträgen mit Minderjährigen
3.2.1 Ergänzungspfleger
Bei Beteiligung eines minderjährigen Kindes ist zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags für den Minderjährigen zwingend ein Ergänzungspfleger zu bestellen (§§ 1909 Abs. 1 S. 1, 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB). Die Bestellung des Ergänzungspflegers kann nur dann entfallen, wenn die Vereinbarung lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Wird die Einlage des Minderjährigen in der Weise erbracht, dass der Geschäftsinhaber sie von seinem Kapitalkonto abbucht, kann davon ausgegangen werden, dass dem Kind mangels jeder Handlungspflicht nur ein rechtlicher Vorteil gewährt wird, sofern es auch nur am Gewinn, nicht aber am Verlust des Unternehmens beteiligt sein soll (BFH 9.7.87, IV R 95/85). Überwiegend wird aber vertreten, dass typische stille Beteiligungen bzw. Innengesellschaften jedenfalls dann nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sind, wenn sie mit einer Verlustbeteiligung verbunden sind. Dies hat auch der BFH (12.5.16, IV R 27/13) bestätigt.
3.2.2 Familiengerichtliche Genehmigung
Umstritten ist auch, ob die stille Beteiligung des gesetzlich Vertretenen nach §§ 1643, 1822 Nr. 3 BGB als ein „Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird“ der familien- bzw. vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf. Wenn ein typischer stiller Gesellschafter außer der zu leistenden Einlage keine weiteren Leistungen zu erbringen hat und an den Verlusten nicht beteiligt ist, ist der Gesellschaftsvertrag zwar u. U. nicht ausschließlich rechtlich vorteilhaft, aber nach § 1822 Nr. 3 BGB nicht genehmigungspflichtig. Bei Verlustbeteiligung wird jedoch teilweise eine Genehmigungsbedürftigkeit angenommen.
PRAXISTIPP | Angesichts der unklaren Rechtslage ist in der Praxis anzuraten, eine familiengerichtliche Genehmigung einzuholen. |
Ob die familiengerichtliche Genehmigung zu erteilen ist, bemisst sich nach dem Kindesinteresse (OLG Hamm 11.4.00, 2 UF 53/00). Die persönliche Haftung des Kindes rechtfertigt die Versagung der Genehmigung nicht (OLG Braunschweig 30.10.00, 2 W 237/00). Das Gericht hat vielmehr im Wege einer Gesamtabwägung zu beurteilen, ob der Vertrag für das Kind vorteilhaft, zweckmäßig und nützlich ist (OLG München 17.7.07, 31 Wx 18/07). Fehlt die erforderliche gerichtliche Genehmigung, ist der geschlossene Vertrag schwebend unwirksam, kann aber (zivilrechtlich mit Rückwirkung) genehmigt werden, und zwar auch durch den inzwischen volljährig gewordenen Minderjährigen (§ 1829 Abs. 3 BGB).
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Die Genehmigung des Vertrags durch den Ergänzungspfleger hat bürgerlich-rechtlich zur Folge, dass die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags rückwirkend entfällt (§ 184 Abs. 1 BGB). Auch die Genehmigung durch das Familiengericht wirkt auf den Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung zurück.
Die zivilrechtliche Rückwirkung der vormundschaftlichen Genehmigung eines Vertrags mit einem minderjährigen Kind kann steuerlich nicht berücksichtigt werden, wenn die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht unverzüglich nach Abschluss des genehmigungsbedürftigen Vertrags beantragt und in angemessener Frist erteilt wird. Entsprechendes gilt für die Genehmigung des Vertragsabschlusses durch einen Ergänzungspfleger, vgl. BFH 23.4.92, IV R 46/91. |
3.2.3 Inhaltlicher Fremdvergleich
Verträge zwischen Eltern und Kindern über eine Innengesellschaft entsprechen dem inhaltlichen Fremdvergleich, wenn dem Kind wenigstens annähernd die Rechte eingeräumt werden, die einem stillen Gesellschafter nach dem Regelstatut des HGB typischerweise zukommen. Einschränkungen dieser Rechte, insbesondere hinsichtlich der Gewinnauszahlung, der Kontroll- und Informationsrechte, der Kündigungsmöglichkeiten sowie Widerrufs- oder Rückfallklauseln können zur Nichtanerkennung führen.
Bei schenkweise erworbenen typisch stillen Beteiligungen ist in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 15 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung erwarten lässt, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist, und von bis zu 12 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt ist (BFH 19.2.09, IV R 83/06). Werden diese Grenzen überschritten, gilt der übersteigende Anteil als steuerlich unbeachtliche Privatzuwendung des Geschäftsinhabers (§ 12 Nr. 2 EStG), dem der Betrag weiter zugerechnet wird. Der BFH lässt kurzzeitige Überschreitungen dieser Renditeprozentsätze zu, verlangt jedoch dann eine Anpassung der Gewinnverteilungsabrede für die Zukunft nach dem Maßstab eines Fremdvergleichs. Der tatsächliche Wert einer typischen stillen Beteiligung in diesem Sinne entspricht regelmäßig dem Nominalwert der Einlageforderung (H 15.9 Abs. 5 EStH).
Stammt die Kapitaleinlage des typisch stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung des Inhabers und ist eine Teilnahme am Verlust ausgeschlossen, so ist i. d. R. eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 25 % der Einlage erwarten lässt. Stammt die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung und ist er am Verlust beteiligt, sieht die Rechtsprechung eine Rendite von bis zu 35 % der Einlage als angemessen an.
Bei der Prüfung der Frage, ob der geschlossene Vertrag wie zwischen fremden Dritten vollzogen wird, kommt insbesondere der Umsetzung bzw. dem Vollzug der Einlagebestimmungen, den Gewinnbeteiligungsregelungen und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte Bedeutung zu. Übt bei minderjährigen Kindern ausschließlich der Unternehmer selbst die dem Kind zustehenden Informations- und Kontrollrechte aus oder verwaltet er die auf das Konto des Kindes überwiesenen Gewinnbeteiligungen nicht wie fremdes, sondern wie eigenes Vermögen, ist dies im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen.
FAZIT | Der BFH (23.11.21, VIII R 17/19) hat mit seinem Urteil der Steuergestaltung „Familiensplitting durch Innengesellschaft an (Zahn)Arztpraxis“ seinen Segen erteilt und im Einzelnen vorgegeben, was in der Umsetzung zu beachten ist. Bei Verlustbeteiligung bis zur Höhe der Einlage ist auch die Einräumung der Innengesellschaft durch bloße Umbuchung anzuerkennen. Indirekt bestätigt der BFH auch die berufsrechtliche Zulässigkeit. Gleichwohl sollte die Vertragsgestaltung darauf achten, die Belange von Berufs- und Vertrags(zahn)arztrecht sowie den Aspekt von Datenschutz und Patientengeheimnis zu beachten. |