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  • · Fachbeitrag · Praxis-Pkw

    Das Steuermodell „Kostendeckelung bei Leasing“ ist passé

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Viele Einnahmen-Überschussrechner haben das Steuermodell „Kostendeckelung bei Leasing“ genutzt: Sie haben ihren Betriebs-Pkw geleast, im Erstjahr eine hohe Leasingsonderzahlung geleistet und voll als Betriebsausgabe abgezogen und in den Folgejahren den Privatanteil nach der 1 %-Regelung ermittelt. Wegen der Kostendeckelung kam es dann vielfach nur zu einem äußerst geringen Privatanteil für die Kfz-Nutzung. Mit diesem Modell ist nun bundesweit Schluss. Fraglich ist, ob zumindest Altfälle aufgrund einer Selbstbindung der Finanzverwaltung weiter Bestand haben. |

    1. Das Modell

    Das in der Vergangenheit genutzte Modell hatte üblicherweise folgenden Ablauf:

     

    • Beispiel

    Architekt Meier least einen Pkw mit einem Bruttolistenpreis von 120.000 EUR, beginnend im Dezember 2015 (Laufzeit 36 Monate). Im Erstjahr wird eine Sonderzahlung von 30.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Die monatlichen Leasingraten betragen anschließend nur noch 350 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Meier ermittelt seinen Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung und zieht die Leasingsonderzahlung 2015 voll als Betriebsausgabe ab (ob bei Fahrtenbuch-Methode oder der 1 %-Regelung; darauf soll es hier nicht ankommen). In den Jahren 2016 und 2017 wählt er die 1 %-Regelung und müsste demnach monatlich 1 % des Bruttolistenpreises (jährlich also 14.400 EUR) als Privatentnahme versteuern. Er macht jedoch die Kostendeckelung geltend und versteuert pro Jahr lediglich einen Privatanteil von zum Beispiel 6.000 EUR.

     

    Die Gestaltung ist in der Vergangenheit von den Finanzämtern regelmäßig akzeptiert worden. Das heißt: Die einmal geltend gemachten hohen Betriebsausgaben sind bei den Leasingmodellen selbst dann nicht verloren gegangen, wenn in den Folgejahren die betriebliche Nutzung gesunken ist, da das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG gilt. Und zudem führte die Kostendeckelung zu einem weiteren Steuerspareffekt. Die Gestaltung ist jedoch zugegebenermaßen auf die Spitze getrieben worden und gerade bei teuren Pkw aus München, Stuttgart und Zuffenhausen angewandt worden.

    2. Die Angriffspunkte der Finanzverwaltung

    Soweit ersichtlich, ist erstmals in den „Bonner BP-Nachrichten“, einem Informationsdienst des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Bonn, dargelegt worden, wie dem Modell seitens der Finanzverwaltung der Boden entzogen werden kann (Reuter, Bonner Bp-Nachrichten 5/2013, S. 3). Daraufhin haben einzelne Finanzämter die Modelle aufgegriffen, zum Teil mit dem „Segen“ ihrer OFD, obwohl eine bundeseinheitliche Vorgehensweise nicht ersichtlich war.

     

    Erst seit einigen Monaten gibt es Hinweise, dass sich die Finanzbehörden auf Bundesebene verständigt haben, das Modell nicht länger zu akzeptieren. Aber selbst diese Anweisungen sind zunächst nicht offiziell veröffentlicht worden. Über den Grund für die „Geheimhaltung“ kann nur spekuliert werden. Jedenfalls ist (erst) jetzt der Erlass der Finanzbehörde Hamburg bekannt geworden, der immerhin vom 8.11.18 datiert (S 2177 - 2018/001 - 52).

     

    Nach dem zitierten Erlass gilt: Bei dem genannten Modell ist die Höhe der Kostendeckelung nunmehr wie folgt zu ermitteln:

     

    • Für die Anwendung der der Regelung zur Kostendeckelung sind alle Gesamtkosten eines Kfz für einen Nutzungszeitraum zu ermitteln. Aufwendungen, die für mehrere Jahre im Voraus geleistet wurden, sind dabei ebenso zu berücksichtigen.

     

    • Diese Aufwendungen sind periodengerecht auf die jeweiligen Nutzungszeiträume zu verteilen. Hierzu zählt u. a. auch die für mehrere Jahre im Voraus geleistete Leasingsonder(voraus)zahlung.

     

    • Fortführung des Beispiels

    Für das Beispiel bedeutet dies: Die Leasingsonderzahlung ist für die Prüfung der Kostendeckelung über die Laufzeit zu verteilen. Es ist damit in 2015 lediglich 1/36 der Leasingsonderzahlung für Zwecke der Kostendeckelung mit einzubeziehen. Im Jahr 2016 sind 12/36, im Jahr 2017 ebenfalls 12/36 und im Jahr 2018 11/36 der Leasingsonderzahlung anzusetzen. Die Kostendeckelung in 2016 würde also nicht 6.000 EUR, sondern 6.000 EUR + 10.000 EUR = 16.000 EUR betragen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Leasingsonderzahlung selbst bleibt bei Zahlung als Betriebsausgabe voll abzugsfähig; es geht hier nur um die Kostendeckelung.

     

    Die Finanzbehörde Hamburg begründet ihre Auffassung nicht näher. Aufgrund von entsprechenden Betriebsprüfungsfällen kann jedoch festgehalten werden, dass die „neue“ Berechnung der Kostendeckelung wie folgt untermauert wird:

     

    Zwar weise das Schreiben des BMF (18.11.09, IV C 6 - S 2177/07/10004, BStBl I 09, 1326) unter Tz. 18 die Begrenzung der pauschalen Wertansätze bei der 1 %-Methode durch die Kostendeckelung an. Danach ist der pauschale Nutzungswert höchstens mit den angefallenen Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs anzusetzen, wenn der Nutzungswert die insgesamt entstandenen Kosten übersteigt. Der Sonderfall einer hohen Leasingsonderzahlung in einem früheren Veranlagungszeitraum werde im BMF-Schreiben jedoch nicht ausdrücklich geregelt. Es werde der betriebswirtschaftliche Begriff der Gesamtkosten gewählt und nicht etwa auf abziehbare Betriebsausgaben abgestellt.

     

    Daher sei bei der Ermittlung der Gesamtkosten auch die zeitanteilige Leasingsonderzahlung zu erfassen. Deren Einbeziehung in die Bewertung (aller Leasingjahre) führe dazu, dass das der Typisierung zugrunde liegende Bild gerade bei einem Neufahrzeug nicht verzerrt werde. Nur so könne ein zutreffender Nutzungswert für alle Monate der Nutzungsdauer ermittelt werden.

     

    Die Richtigkeit dieses Ergebnisses ergebe sich auch aus dem Vergleich mit einem Bilanzierenden. Die Bewertung einer Nutzung könne nicht von der Art der Gewinnermittlung abhängig sein. Für die Bewertung einer Nutzungsentnahme könne es mithin auch nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung von Aufwendungen ankommen. Insoweit gelte das Abflussprinzip bei der Frage der Bewertung nicht. Entscheidend sei vielmehr der gesamte Aufwand bezogen auf die vertragliche Nutzungsdauer. Im Übrigen sei auf das Urteil des BFH (3.9.15, VI R 27/14, BStBl II 16, 1749) hinzuweisen.

    3. Ist die Haltung der Finanzverwaltung zutreffend?

    Zugegebenermaßen ist das hier vorgestellte Modell in der Tat zumeist vorrangig aus rein steuerlichen Erwägungen gewählt worden. Und dass allein die Kostendeckelung, die im Übrigen von der Gerichtsbarkeit ohnehin äußerst kritisch gesehen wird, zur Senkung der Versteuerung der Privatnutzung von Luxus-Pkw dienen solle, ist sicherlich kaum zu vertreten. Allerdings besteht m. E. zumindest in Altfällen eine Selbstbindung der Finanzverwaltung. So wird im BMF-Schreiben (18.11.09, BStBl I, 09, 1326) bezüglich der Kostendeckelung wörtlich und damit eindeutig auf das Wirtschaftsjahr abgestellt. Im Beispiel 4 heißt es: „Für ein zu mehr als 50 % für betriebliche Zwecke genutztes Kraftfahrzeug (Bruttolistenpreis 35.600 EUR) sind im Wirtschaftsjahr 7.400 EUR Gesamtkosten angefallen.“ Das BMF stellt mithin explizit auf das „WirtschaftsjahrI“ ab und nicht auf den „Nutzungszeitraum“ oder „Leasingzeitraum.“ Das Wort „Wirtschaftsjahr“ lässt keinen Spielraum für Interpretationen zu.

     

    PRAXISTIPP | Bislang gibt es seitens der Finanzverwaltung keine Stellungnahme, warum sie trotz des eindeutigen Wortlauts in dem genannten BMF-Schreiben nun von dieser Auffassung abrücken will. Es existiert daher die seltsame Konstellation, dass eine Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene besteht, aber nach wie vor auch eine eindeutige, das heißt wörtliche Regelung des BMF, die der Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene widerspricht und die bis heute nicht aufgehoben worden ist.

     

    Allerdings hilft es nichts: Die Fälle werden aufgegriffen und es bleibt nur der Gang vor das Finanzgericht. Dabei ist der Hinweis auf die „Selbstbindung“ leider nur ein verfahrensrechtliches Argument und kein materiell-rechtliches.

     

    4. Der richtige Rechtsbehelf

    Werden Fälle der Kostendeckelung aufgegriffen, stellt sich die Frage, welcher Rechtsbehelf der richtige ist. Grundsätzlich besteht selbstverständlich die Möglichkeit, gegen geänderte Steuerbescheide Einspruch einzulegen.

     

    Darüber hinaus sollte aber ein Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 S. 1 AO gestellt werden, um die Kostendeckelung zu erreichen. Denn im Urteil des BFH (14.3.07, XI R 59/04) heißt es: „Die sog. Deckelungsregelung der Verwaltung zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG … stellt eine derartige Billigkeitsregelung i. S. des § 163 AO dar. … Über die Frage einer Deckelung des Entnahmewerts i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG, das heißt über eine ‒ grundsätzlich in einem eigenständigen Verfahren zu verfolgende ‒ abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen kann im Streitverfahren mithin nicht entschieden werden …“

     

    Musterformulierung / Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung

    Hiermit beantrage ich eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 S. 1 AO. Das heißt, für die streitigen Jahre … bis … beantrage ich die sogenannte Kostendeckelung bei Anwendung der 1 %-Regelung gemäß dem BMF-Schreiben vom 18.11.09 (IV C 6 - S 2177/07/10004, BStBl I 09, 1326). Nach meinem Dafürhalten besteht ein Rechtsanspruch auf Anwendung der Regelung, da sich das BMF-Schreiben insoweit eindeutig positioniert hat (vgl. Tz. 18 bis 20). Insofern besteht eine Selbstbindung der Finanzverwaltung.

     

    5. Was geschieht bei Leasingende?

    Geht man davon aus, dass eine Leasingsonderzahlung für den speziellen Fall der Kostendeckelung tatsächlich über den gesamten Leasingzeitraum verteilt werden muss, so müsste konsequenterweise eine Abschlusszahlung oder Erstattung bei Leasingende für geleistete Mehr- oder Minderkilometer retrograd auf den Leasingzeitraum verteilt werden. Dementsprechend sollten Sie ‒ je nach Interessenlage ‒ darauf achten, dass die Steuerbescheide Ihrer Mandanten insoweit vorläufig ergehen. Denn ansonsten kann es geschehen, dass Sie entweder während der Leasinglaufzeit oder an deren Ende einen (zu) hohen Privatanteil versteuern, diesen aber nicht mehr korrigieren können. Ob eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich ist, erscheint fraglich, denn das eigentliche „Ereignis“ ist ja nicht die Abschlusszahlung oder Erstattung als solche, sondern es sind die gefahrenen (oder auch nicht gefahrenen) Kilometer.

     

    FAZIT | Bei allem Verständnis für die Finanzverwaltung, die Modelle der Kostendeckelung aufzugreifen, ist die Verfahrensweise doch äußerst befremdlich. Entgegen dem Wortlaut eines BMF-Schreibens werden die Finanzämter angewiesen, die Modelle abzulehnen. Das untergräbt das Vertrauen in BMF-Schreiben. Doch für die Finanzverwaltung bleibt es ohnehin ein Pyrrhussieg, denn sie muss die Leasingfälle nun auf Verlangen offenhalten, sodass sie diese kaum noch effizient bearbeiten kann. Ob bereits ein Verfahren vor einem FG anhängig ist, kann leider nicht beurteilt werden.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 261 | ID 46028082