· Fachbeitrag · Praxisnachfolge
Steuerlich wirksame Übernahme von Studienkosten der Kinder
von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de
| Viele Freiberufler-Eltern hoffen, dass die Kinder irgendwann einmal in die Praxis von Vater oder Mutter einsteigen. Und so könnte der Gedanke naheliegen, die Übernahme der Studienkosten für die Kinder vertraglich zu regeln und mit einer Art „Einstiegsvereinbarung“ in die Praxis zu koppeln. Allerdings stellen sich die Finanzverwaltung und die Gerichte grundsätzlich quer, wenn die Übernahme der Studienkosten als Betriebsausgabe geltend gemacht wird. Welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, erfahren Sie im diesem Beitrag. |
1. Modell: Vertrag zur Übernahme der Studienkosten
1.1 Hintergrund
Der BFH hat bereits vor längerer Zeit entschieden, dass es im betrieblichen Interesse liege, die Kosten für den Meisterkurs eines Angestellten zu übernehmen, wenn sich dieser verpflichtet, anschließend ‒ weiter ‒ im Betrieb zu arbeiten, gegebenenfalls unter Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel bei Nichterfüllung (BFH 14.12.94, X R 215/93). Entsprechendes gelte für ein betriebliches Interesse an der Fortbildung von Arbeitnehmern, wenn die daraus gewonnenen Erkenntnisse für den Betrieb nutzbar gemacht werden sollen und dies durch eine Vereinbarung gesichert werde, nach der der Betriebsinhaber die Kosten der Weiterbildung übernehme und sich der Arbeitnehmer im Gegenzug verpflichte, für eine gewisse Zeit nach seiner Rückkehr von den Fortbildungsveranstaltungen im Betrieb zu bleiben und bei Nichterfüllung dieser Pflicht die Fortbildungskosten vollständig oder teilweise zurückzuzahlen (BFH 14.12.90, III R 92/88; vgl. auch BFH 6.11.12, VIII R 49/10).
Vereinbarungen über die Übernahme von Ausbildungskosten können grundsätzlich auch zwischen Eltern und Kindern getroffen werden. Sollen allerdings die entsprechenden Aufwendungen der Eltern als Betriebsausgaben abziehbar sein, so müssen die diesbezüglichen Vereinbarungen nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen über Verträge zwischen nahen Angehörigen klar und eindeutig getroffen werden und nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Insbesondere muss nachgewiesen werden, dass der Betriebsinhaber derartige Aufwendungen auch für einen fremden Arbeitnehmer gemacht hätte.
Falls im eigenen Betrieb keine derartige Möglichkeit besteht, muss auf die Üblichkeit solcher Abreden in anderen ‒ nach Größe und Branche vergleichbaren ‒ Betrieben abgestellt werden. Hierbei muss der Steuerpflichtige an der Ermittlung des Sachverhalts in der Weise mitwirken, dass er die ihm bekannten Parallelfälle angibt oder sich bei den für seinen Betrieb einschlägigen Berufs- oder Interessenverbänden um die Benennung von Vergleichsfällen bemüht.
In den genannten BFH-Fällen konnten die Kläger zwar nicht den Nachweis erbringen, dass sie die Kosten auch für einen Dritten übernommen hätten, doch ganz allgemein wurden die BFH-Urteile aus den Jahren 1990 und 1994 begrüßt, da sie sozusagen als Blaupause für Gestaltungen mit den eigenen Kindern dienten. Allerdings hat der BFH dann bereits im Jahre 1997 ‒ einschränkend ‒ entschieden, dass Aufwendungen der Eltern für die Berufsausbildung ihrer Kinder grundsätzlich zu den Lebenshaltungskosten gehören. Sie seien nicht allein deshalb Betriebsausgaben, weil sie eine spätere Unternehmensnachfolge vorbereiten sollen (BFH 29.10.97, X R 129/94).
Letztlich war der Betriebsausgabenabzug für die Übernahme von Ausbildungskosten der Kinder zwar ‒ theoretisch ‒ nach wie vor eröffnet, doch praktisch waren und sind die Hürden für eine Anerkennung extrem hoch. So musste der Fremdvergleich nicht nur bestanden, sondern von den Steuerpflichtigen selbst nachgewiesen werden, und zudem durfte die Kostenübernahme keine rein elterliche Pflicht sein.
1.2 Anerkennung von Ausbildungskosten als Betriebsausgabe
Ein ähnlicher Sachverhalt lag auch dem FG Münster zur Entscheidung vor.
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Die Klägerin erzielt selbstständige Einkünfte aus dem Betrieb einer chirurgischen Praxis. Ihr Kind K nahm ein Studium der Zahnmedizin auf. Ihr Kind T nahm ein Medizinstudium auf. B war mit einem der beiden Kinder befreundet. Er nahm zunächst eine Ausbildung zum medizinischen Fachangestellten in der Praxis der Klägerin auf, die er erfolgreich abschloss. Danach begann auch er ein Medizinstudium. Die Klägerin schloss sowohl mit ihren beiden Kindern als auch mit B zeitgleich Verträge über die Finanzierung der Studienkosten.
Die Präambel des Vertrags betrifft zunächst Ausführungen zu den Vorteilen der Implementierung sogenannter medizinischer Versorgungszentren (MVZ). Im Weiteren wird ausgeführt, dass wegen der Entwicklungen im Bereich der Gesundheitsversorgung Zweifel bestünden, ob zukünftig noch für eine Fortführung der Praxis der Klägerin geeignete Personen zur Verfügung stünden. Daher sei die Klägerin bereits jetzt darum bemüht, geeignete Personen zu finden und zu fördern, welche später ihre Praxis erwerben und fortführen könnten bzw. ihre Tätigkeit in einer von niedergelassenen Fachärzten getragenen Gemeinschaft ausüben könnten. Daher suche und fördere die Praxis geeignete Personen, die sich nach bestandenem Examen und vorliegender Approbation verpflichten wollen, ihre ärztliche Tätigkeit in der Praxis bzw. dem späteren MVZ aufzunehmen.
Förderungswürdige Personen seien solche, die in der bestehenden chirurgischen Praxis durch mehrjährige Zuarbeit oder Ausbildung zum Arzthelfer ihre „handwerklichen“ und sprachlichen Fähigkeiten im Umgang mit Patienten nachgewiesen hätten. Vor diesem Hintergrund werde vereinbart, dass die Klägerin die Kosten für den Zugang zu einer Universität in der Europäischen Union einschließlich damit verbundener Beratungs- und Anwaltskosten übernehme. Gefördert würden darüber hinaus Studiengebühren und Kosten für die Unterkunft. |
Die Rückzahlungsmodalitäten und Verzinsungsansprüche orientierten sich an der Richtlinie des betreffenden Landkreises für die Gewährung einer Studienbeihilfe für Medizinstudenten. Die Kinder der Kläger sowie B verpflichteten sich im Gegenzug dazu, für wenigstens fünf Jahre als Praxispartner der Klägerin zu arbeiten. |
Damit war der Fremdvergleich quasi gleich doppelt erbracht, denn einerseits wurden auch die Kosten für eine dritte Person übernommen, und andererseits hielt man sich zumindest etwas an Modalitäten, die auch die öffentliche Hand für die Förderung von angehenden Medizinern vorsieht. Die Klägerin berücksichtigte in ihrer jeweiligen Gewinnermittlung daher Aufwendungen für das Studium und die Unterkunft ihrer beiden Kinder sowie für die Unterkunft des B als Betriebsausgaben. Das FA versagte aber den Abzug der Studienkosten als Betriebsausgaben. Das FG pflichtete dem FA bei.
1.2.1 Keine Anerkennung der Kostenübernahme für den Angestellten
Der Betriebsausgabenabzug der Ausbildungskosten des B wurde mit einer Argumentation versagt, die an den Fremdvergleich erinnert, obwohl B kein naher Angehöriger war:
- Die Klägerin ging ein sehr hohes finanzielles Risiko ein, denn die Übernahme der Kosten war der Höhe nach nicht begrenzt. Aufgrund dieser Zusage kam es für die Höhe der Kosten allein darauf an, welchen Studienort, welche Universität und welche Unterkunft B wählte. Die Kosten hätten durch die Wahl eines ausländischen Studienorts gar das Zwei- oder Dreifache betragen können.
- Hinzu kommt, dass die Klägerin ihre Zusage für mehrere Jahre gab und damit für diese Zeit vollständig in Vorleistung ging. So beendete B sein in 2016 aufgenommenes Studium mit der Approbation in 2022. Diese hohe finanzielle Investition war zudem nur unzureichend abgesichert. Zwar verpflichtete sich B zur Rückzahlung der Kosten, aber die Regelungen zu den Rückzahlungsmodalitäten sind vage und unbestimmt.
- Zwar hat sich B verpflichtet, für wenigstens fünf Jahre als Praxispartner der Praxisinhaberin [die Klägerin] zu arbeiten. Eine genaue Ausgestaltung der Zusammenarbeit und der Verteilung des durch B als Praxispartner erzielten Umsatzes bzw. Gewinns ist hingegen nicht geregelt. Der Umstand, dass die Vereinbarung eine Tätigkeit als Praxispartner vorsieht, spricht dafür, dass B ausschließlich selbst die Erträge seiner Tätigkeit zustehen sollen. Eine Mitarbeit des B im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses, wonach zumindest der erwirtschaftete Umsatz zunächst der Klägerin zustünde, sieht die Vereinbarung gerade nicht vor.
Das Urteil des FG Münster überzeugt hier nicht: Das FG argumentiert wie bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Argumentation „zielgerichtet“ erfolgt, nach dem Motto „Was nicht sein darf, kann auch nicht sein.“ Dabei hat der BFH erst kürzlich entschieden, dass bei Verträgen zwischen wirtschaftlich selbstständigen Marktteilnehmern ein natürlicher Interessengegensatz besteht (hier: Verhältnis Arbeitgeber ‒ Arbeitnehmer), sodass entsprechende Verträge auch dann anzuerkennen sind, wenn daraus ein steuerlicher Vorteil erwächst (BFH 23.11.22, VI R 49/20, VI R 50/20, VI R 51/20). Im Übrigen verkennt das FG die Not von Unternehmern, insbesondere auch Freiberuflern, die sich aus dem Fachkräftemangel ergibt. Angehende Mitarbeiter frühzeitig an sich zu binden, auch indem deren Studienkosten übernommen werden, kann von unternehmerischer Weitsicht zeugen.
1.2.2 Keine Anerkennung der Kostenübernahme für die Kinder
Die Übernahme von Ausbildungskosten der Kinder sind ausnahmsweise nur dann Betriebsausgaben, wenn sie nachweisbar vollständig oder jedenfalls ganz überwiegend betrieblich veranlasst sind, d. h. entweder gar keine oder nur eine zu vernachlässigende private (Mit-)Veranlassung für den Kostenaufwand besteht. Hiergegen spricht bereits, dass die Eltern zivilrechtlich dazu verpflichtet sind, die Kosten des Studiums für ihre Kinder zu tragen. Zu den Kosten einer „angemessenen Vorbildung zu einem Beruf“ i. S. v. §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB gehören ‒ bei entsprechender Qualifikation und Befähigung des Kindes ‒ auch solche eines Studiums.
Die gesetzliche Kostenübernahmepflicht der Eltern berührt derart intensiv die private Sphäre der Eltern, dass eine lediglich unbedeutende private Mitveranlassung für das FG ausgeschlossen erscheint (so auch FG Münster 15.1.16, 4 K 2091/13 E, EFG 15, 551).
Auch wenn eine gesetzliche Einstandspflicht der Eltern für die Studienkosten ihrer Kinder nicht bestanden hätte, wäre das FG im Streitfall nicht davon überzeugt, dass die Übernahme der Kosten ausschließlich bzw. ganz überwiegend durch den von der Klägerin geführten Betrieb der chirurgischen Praxis veranlasst war. Denn zum Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarungen besaßen die Kinder keine einschlägigen medizinischen Kenntnisse oder Vorerfahrungen, auf deren Grundlage die Klägerin eine Einschätzung über eine mögliche Verwendung der Kinder in ihrer Praxis hätte treffen können.
Auch wenn das FG nicht ausschließt, dass die Klägerin den Wunsch hegte, dass ihre Praxis in Zukunft u. a. von ihren Kindern fortgeführt wird, so bleiben nach den objektiven Umständen weiterhin Zweifel daran, dass dieser Wunsch ein tragender Grund für die Übernahme der Studienkosten war.
Im Übrigen erfüllen die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Kindern nicht die besonderen Anforderungen, die an Verträge zwischen nahen Angehörigen zu stellen sind. Es fehlt in den Vereinbarungen insbesondere schon an klaren und eindeutigen Regelungen z. B. zu der Laufzeit der Vereinbarungen, den konkreten Rückzahlungsmodalitäten, zu der Art der „Mitarbeit“ als Praxispartner, zu der sich die Kinder verpflichtet hatten, und zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kinder ihre Verpflichtung zur „Mitarbeit“ als Praxispartner zu erfüllen hatten.
1.3 Was bleibt von der Gestaltung?
Es stellt sich die Frage, ob letztlich trotzdem Raum verbleibt, um die Finanzierung der Studienkosten der Kinder als Betriebsausgaben abziehen zu können. Die Antwort ist ein klares „Jein.“ Zunächst gilt: Man kann das Besprechungsurteil ‒ wie die eingangs genannten BFH-Urteile ‒ als Blaupause betrachten. Wenn alle Fehler vermieden werden, also die Kostenübernahme der Höhe nach beschränkt, die Rückzahlungsmodalitäten genau festgelegt und die spätere Mitarbeit in der Praxis konkret geregelt wird, wäre der Vertrag über die Übernahme der Studienkosten dem Grunde nach anzuerkennen.
Nun kommt das große „Aber“: Es bleibt dabei, dass die Übernahme von Ausbildungs- und gegebenenfalls von Studienkosten zur elterlichen Pflicht gehört. Man müsste also ins Familien- und Unterhaltsrecht einsteigen, um darzulegen, dass keine zivilrechtliche Pflicht zur Kostentragung bestanden hat. Und wenn dies alles geschafft ist, muss zudem der Nachweis erbracht werden, dass die Modalitäten einem Fremdvergleich standhalten.
Noch ein Wort zu den Rückzahlungsmodalitäten: Selbst wenn diese ‒ wie es das FG verlangt ‒ hinreichend bestimmt sind, stellt sich die Frage, ob sie überhaupt zulässig sind. Das heißt: Sind sie „zu“ bestimmt und damit zu einengend, könnten sie gegen das in Art. 12 GG geschützte Recht auf freie Wahl eines Arbeitsplatzes verstoßen.
FAZIT | In der Praxis wird es so gut wie unmöglich sein, die Übernahme von Studienkosten für die Kinder als Betriebsausgabe abziehen zu können. |
Welche Gestaltungsmöglichkeiten bleiben? Letztlich ist es am einfachsten und von der Rechtsprechung entschieden, den Fiskus an den Studienkosten der Kinder zu beteiligen, indem diesen ein zeitlich begrenzter Zuwendungsnießbrauch an einer Immobilie eingeräumt wird, die bislang die Eltern zur Einkünfteerzielung nutzen und hieraus nennenswerte Überschüsse erzielen.
2. Modell: Zuwendungsnießbrauch als Gestaltungsalternative
2.1 Hintergrund
Meist unterliegen Eltern mit ihren Einkünften einem höheren Steuersatz als die Kinder. Da wäre es aus steuerlicher Sicht sinnvoll, wenn Eltern den Kindern eine Einkunftsquelle übertragen würden, damit nicht sie selbst, sondern die Kinder die entsprechenden Einkünfte mit einem wesentlich niedrigeren Steuersatz versteuern müssen. Allerdings wollen manche Eltern den Zugriff auf die Einkommensquelle nicht für alle Zeiten verlieren.
Sofern die Eltern über eine vermietete Immobilie verfügen, aus der sie (hohe) Überschüsse generieren, räumen sie den Kindern einen zeitlich befristeten Zuwendungsnießbrauch an der Immobilie ein. Folge: Den Kindern fließen die Überschüsse aus der Immobilie für vielleicht (nur) sechs oder sieben Jahre zu; dann erlischt der Nießbrauch und die Eltern können wieder selbst über die Mieteinnahmen verfügen. Während der Dauer des Nießbrauchs versteuern aber die Kinder die Mieteinkünfte mit ihrem persönlichen Steuersatz. Studieren die Kinder noch, können sie sogar den Sonderausgabenabzug von bis zu 6.000 EUR für ihre Studienkosten geltend machen und zusätzlich den Grundfreibetrag ausnutzen, sodass sich die Studienkosten steuerlich auswirken, die sonst vielfach ins Leere gehen.
2.2 Steuerliche Beurteilung des Modells
Die Steuergestaltung beruht auf einem ‒ rechtskräftigen ‒ Urteil des FG Baden-Württemberg (13.12.16, 11 K 2951/15). Danach steht es Eltern frei, ob sie ihrem Kind für dessen Unterhalt Barmittel überlassen oder ihm ‒ auch befristet ‒ die Einkunftsquelle selbst übertragen. Wenn sie sich aus steuerlichen Gründen für Letzteres entscheiden, führt allein dies nicht dazu, dass die zugrunde liegende Gestaltung als unangemessen anzusehen wäre. Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden, die jedoch nicht eingelegt wurde. Daraus wurde überwiegend geschlossen, dass die Finanzverwaltung das Modell anerkennen muss. Und ‒ soweit ersichtlich ‒ akzeptiert sie es auch tatsächlich über den oben genannten Einzelfall hinaus. Schon 1995 hatte der BFH eine Gestaltung mit einem Zuwendungsnießbrauch an ein Kind anerkannt (s. BFH 25.4.95, IX R 41/92).
Es handelt sich also um ein Gestaltungsmodell, das bei sauberer Durchführung von der Finanzverwaltung akzeptiert werden muss. Und nun wurde das Modell auch höchstrichterlich bestätigt ‒ und zwar sogar in einem Nießbrauchsfall mit minderjährigen Kindern und Ergänzungspflegschaft. Konkret ging es um ein bebautes Gewerbegrundstück, das an die GmbH der Eltern vermietet war und an dem die Eltern den Kindern ein Nießbrauchsrecht eingeräumt hatten. Das FA und FG versagten dem Modell zunächst die steuerliche Anerkennung, doch der BFH (20.6.23, IX R 8/22) hat der Revision stattgegeben. Die zeitlich befristete Übertragung der Einkunftsquelle auf die Kinder war zulässig; denn
- der Nießbrauch wurde bürgerlich-rechtlich wirksam begründet;
- das Mietverhältnis hielt steuerlich auch einem Fremdvergleich stand;
- ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) lag nicht vor, weil die Immobilie von den Nießbrauchern, also den Kindern, an einen „fremden Dritten“, nämlich an die GmbH, und nicht an die Eltern, vermietet wurde;
- selbst die Befristung der Übertragung der Einkunftsquelle und der Umstand, dass die Eltern ihren Kindern noch den Unterhalt schuldeten, änderten nichts an der Bewertung.
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Die unentgeltliche Einräumung des Zuwendungsnießbrauchs ist schenkungsteuerlich zu würdigen (zu Einzelheiten vgl. § 23 ErbStG). In aller Regel dürfte aufgrund des persönlichen Freibetrags von 400.000 EUR zwar keine Schenkungsteuer anfallen. Allerdings sollte der Nießbrauch bei eventuellen weiteren Zuwendungen innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums des § 14 ErbStG berücksichtigt werden. Sofern lediglich ein Kind vorhanden ist, werden erbrechtliche Fragen üblicherweise keine große Rolle spielen. Sofern die Steuerzahler jedoch mehrere Kinder haben, wäre vertraglich gegebenenfalls zu regeln, welche Folgen sich im Falle des Versterbens eines oder beider Elternteile hinsichtlich des eingeräumten Nießbrauchrechts ergeben, damit keine ungewollten Auswirkungen (z. B. eine Versorgungslücke des überlebenden Ehegatten) entstehen. |
2.3 Praxishinweise für die Gestaltung
Wer das Modell durchführen möchte, sollte auf einige Punkte achten:
- 1. Sohn oder Tochter müssen tatsächlich Vermieter sein, das heißt, die Mieter sind zu informieren, und die Mieten müssen auf ein Konto des Kindes eingezahlt werden.
- 2. Es darf keine „Rückvermietung“ an den Eigentümer, also den Nießbrauchgeber, erfolgen. Im Urteilsfall war das kein Problem, weil die Immobilie zwar an die GmbH der Eltern vermietet wurde, nicht aber an die Eltern selbst.
- 3. Bei einem Zuwendungsnießbrauch verliert der Eigentümer mangels eigener Einkünfte seine AfA-Berechtigung, während der Nießbrauchnehmer diese mangels eigenen Aufwands nicht erlangt. Dieser Nachteil muss in Kauf genommen werden.
- 4. Bei Immobilien ist die Bestellung eines Nießbrauchs notariell zu beurkunden und im Grundbuch einzutragen. Ist das Kind, dem ein Zuwendungsnießbrauch eingeräumt werden soll, noch minderjährig, ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
- 5. Es ist zu prüfen, ob sich sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen ergeben, das heißt, ob das Kind durch die Einräumung des Nießbrauchrechts aufgrund der dann vorhandenen eigenen Einkünfte aus der Familienversicherung ausscheidet.
- 6. Es muss geklärt werden, wer Reparaturaufwendungen zu tragen hat. Grundsätzlich gilt: Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen (§ 1041 BGB; zu außergewöhnlichen Aufwendungen vgl. § 1042 BGB). Vertraglich könnte zwar vereinbart werden, dass die Höhe, bis zu der der Nießbrauchnehmer die Kosten für Instandhaltung, Modernisierung und Umbau zu tragen hat, beschränkt wird. Allerdings ist eine solche Klausel mit Bedacht zu wählen und sollte so formuliert sein, dass ihr auch ein fremder Dritter zustimmen würde, um die Anerkennung der Gestaltung nicht zu gefährden.
Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn Darlehen vorhanden sind. Hier muss gegebenenfalls mit der Bank gesprochen werden. In der Regel wird diese einem Wechsel des Darlehensnehmers nur zustimmen, wenn Vater/Mutter weiter als Bürge auftreten. Von daher kann ein solcher Wechsel auch von vornherein unterbleiben; Sohn/Tochter sollten dem Vater/der Mutter die von ihm/ihr zu zahlenden Darlehenszinsen lediglich ersetzen.