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  • · Nachricht · Steuermodell (oder noch nicht?)

    Übernommene Fortbildungskosten im Visier der Finanzämter

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Arbeitnehmer, die Kosten einer beruflichen Aus- oder Fortbildung aufwenden, können die Ausgaben als Werbungskosten geltend machen. Erstattungen des Arbeitgebers mindern die abziehbaren Werbungskosten. Die Leistungen des Arbeitgebers führen aber nicht ‒ zusätzlich ‒ zu Arbeitslohn, wenn die Bildungsmaßnahmen in seinem ganz über-wiegenden betrieblichen Interesse durchgeführt werden (R 19.7 Abs. 2 LStR). Diese in den Lohnsteuer-Richtlinien verankerte Aussage wurde in ein „Steuermodell“ umgewandelt, das die Finanzverwaltung jedoch angreift.

     

    • Beispiel

    Der Arbeitnehmer strebt einen weitergehenden Berufsabschluss an. Der Arbeitgeber sichert zu, die Kosten am Ende der Ausbildung (7.500 EUR) und nur bei Bestehen zu übernehmen. Der Arbeitnehmer verfährt in seinen Steuererklärungen dann wie folgt:

     

    • Jahr 1 der Ausbildung: Er macht z. B. 2.500 EUR Werbungskosten geltend. Das FA erkennt den Betrag an; der Bescheid ergeht endgültig.

     

    • Jahr 2 der Ausbildung: Wieder macht er 2.500 EUR Werbungskosten geltend. Die Frage des FA nach einer Erstattung seitens des Arbeitgebers im Jahre 2 verneint er, sodass wiederum 2.500 EUR als Werbungskosten anerkannt werden. Auch dieser Bescheid wird bestandskräftig.

     

    • Jahr 3 der Ausbildung: Erneut werden 2.500 EUR abgezogen aber nur 2.500 EUR Arbeitgebererstattung gegengerechnet. Der Arbeitnehmer argumentiert, dass der Restbetrag nicht den Arbeitslohn erhöhen darf, da die Bildungsmaßnahme im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt worden ist. Zudem könnten die Bescheide der Jahre 1 und 2 nicht mehr geändert werden.
     

    Offenbar wollen die FÄ das vermeintliche Steuermodell nicht akzeptieren. Die Arbeitgebererstattung von 7.500 EUR im Jahr 3 wird mithin voll als Arbeitslohn versteuert. Die FÄ argumentieren folgendermaßen:

     

    • Sie gehen zunächst davon aus, dass der Werbungskostenabzug in den Jahren 1 und 2 nicht mehr geändert werden kann, da die Erstattung erst in im dritten Jahr geflossen ist. Die Steuerbescheide der alten Jahre bleiben also unangetastet.

     

    • Allerdings ist die Leistung des Arbeitgebers im dritten Jahr als Bonus zu verstehen und nicht als von vornherein vereinbarte Kostenübernahme, wie es von R 19.7 Abs. 1 LStR gefordert wird. Die Zahlung erfolge nur unter der Voraussetzung des Bestehens der Prüfung und somit unter einer Bedingung. Das wiederum sei für die Annahme eines überwiegenden betrieblichen Interesses schädlich.

     

    • Des Weiteren führen die FÄ aus, dass Erstattungen von Werbungskosten als steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart anzusetzen seien, bei der die Aufwendungen zuvor als Werbungskosten abgezogen worden sind. Verwiesen wird insoweit auf R 19.3 Abs. 3 S. 1 LStR und BFH 13.7.00 (VI B 184/99).

     

    Der Auffassung der FÄ ist im Ergebnis wohl zuzustimmen. Es wäre „unter dem Strich“ unzutreffend, wenn die Arbeitgebererstattung einerseits den Werbungskostenabzug nicht mindern und andererseits den Arbeitslohn nicht erhöhen würde. Verfahrensrechtlich ist gegen die Handhabung ebenfalls nichts einzuwenden. Allerdings anders zu rechnen: Nicht der Betrag von 7.500 EUR ist als Arbeitslohn zu versteuern, sondern lediglich der Teil der Zahlung im Jahre 3, der die Werbungskosten dieses Jahres übersteigt, mithin also 5.000 EUR. In einigen Fällen bliebe so zumindest der Arbeitnehmer-Pauschbetrag erhalten.

     

    • Einkünfteermittlung im Vergleich
    Berechnung der Finanzverwaltung
    Alternative Berechnung

    Arbeitslohn

    30.000 EUR

    30.000 EUR

    Erhöhung

    7.500 EUR

    7.500 EUR

    ./. 2.500 EUR

    5.000 EUR

    ./. Werbungskosten

    2.500 EUR

    0

    ./. Arbeitnehmer-Pauschbetrag

    1.230 EUR

    Einkünfte

    35.000 EUR

    33.770 EUR

     

    Zu begründen wäre dieses Ergebnis damit, dass die Zahlung des Arbeitgebers eben keinen „Bonus“ darstellt, sondern letztlich eine Erstattung von Werbungkosten bzw. von Ausbildungskosten bleibt.

     

    Zum Teil erhielten oder erhalten erfolgreiche Absolventen einer beruflichen Weiterbildung Boni aus öffentlichen Förderprogrammen (sog. Meisterbonus). Diese sind von Zuschüssen des Arbeitgebers zu unterscheiden. Das FG München (30.5.16, 15 K 474/16) hat entschieden, dass die als Werbungskosten ab-zugsfähigen Fortbildungskosten für die Meisterprüfung nicht um den ausgezahlten Meisterbonus gekürzt werden müssen. Der Meisterbonus (aus einem öffentlichen Förderprogramm) sei keine steuerbare Einnahme, sei nicht mit einer Einkunftsart verbunden und nicht an eine Einkünfteerzielung geknüpft. Daher liege auch kein steuerfreies Stipendium gemäß § 3 Nr. 44 EStG oder eine Ausbildungsförderung gemäß § 3 Nr. 11 EStG vor. Der Meisterbonus werde nicht wegen der Aufwendungen, sondern allein wegen des erfolgreichen Abschlusses gezahlt. Die Finanzverwaltung akzeptiert die Entscheidung des FG und belässt den Meisterbonus nicht nur steuerfrei, sondern beim Werbungskostenabzug auch anrechnungsfrei (BayLfSt 6.7.16, S 2324.2.1-262/6 St32).

     

    Im Übrigen hat der BFH z.B. entschieden, dass Leistungen aufgrund eines Fördervertrags mit der „Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen“ nicht zu versteuern sind (BFH 11.12.20, IX R 33/18).

    Quelle: ID 49741312