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  • · Fachbeitrag · Abgabenordnung

    Nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch kann eine neue Tatsache sein

    von StB Janine Peine, Wolfenbüttel, www.schmidt-kosanke.de

    Legt der Steuerpflichtige ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für einen VZ vor, darf das FA schließen, dass die Fahrtenbücher anderer, zurückliegender VZ Mängel hatten, wenn der Steuerpflichtige dies nicht entkräften kann. Zurückliegende Steuerfestsetzungen - vor Ablauf der Festsetzungsfrist - können wegen Bekanntwerden neuer Tatsachen geändert werden (FG Münster 20.01.16, 11 K 2168/14).

     

    Sachverhalt

    Der gewerblich tätige Kläger ermittelt den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Steuerveranlagungen erfolgten bis 2010 erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Auch für 2011 wurde zunächst die Veranlagung entsprechend der Steuererklärungen durchgeführt, im Einkommensteuerbescheid jedoch die Vorlage des Fahrtenbuchs angefordert. Es bestand aus einzelnen Blättern mit diversen Spalten und Reihen, in denen für fünf Tage die Woche betriebliche Fahrten aufgelistet wurden. Kilometerstände wurden nicht vermerkt. Die private Nutzung betrug demnach gut 5 %. Da die Aufzeichnungen kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch darstellten, folgten geänderte Bescheide unter Berücksichtigung der Ein-Prozent-Methode, rückwirkend ab 2007. Einspruchs- und Klageverfahren blieb erfolglos.

     

    Anmerkungen

    Durch die eingereichten Gewinnermittlungen war ersichtlich, dass die private Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode erfolgte. Die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbücher konnte jedoch erst durch deren Vorlage überprüft werden. Die Mängel waren im Zeitpunkt der ursprünglichen Veranlagung noch nicht bekannt, sondern wurden erst für das Jahr 2011 entdeckt. Es wurde angenommen, dass auch für die Vorjahre die gleiche Art von Fahrtenbuch vorlag. Der Kläger hat für die Vorjahre jedoch keine Aufzeichnungen aufbewahrt. Die fehlenden Fahrtenbücher sowie die mangelhaften Aufzeichnungen des Jahres 2011 sind Tatsachen, die nachträglich bekannt wurden und dadurch zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigen.

     

    Praxishinweis

    Der Kläger argumentierte, dass er nicht nach § 147 AO zur Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen verpflichtet sei und es eine reine Vermutung sei, dass in den Vorjahren ebenfalls mangelhafte Fahrtenbücher vorlagen. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass sich die Verpflichtung zur Aufzeichnung der privaten Kfz-Nutzung aus § 22 Abs. 2 Nr. 3 i. V. mit § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG ergibt und diese unmittelbar auch auf die Besteuerung nach dem EStG wirkt. Der Kläger begehrt ein für ihn steuerlich günstigeres Wahlrecht bei der Ermittlung der privaten Kfz-Nutzung und trägt daher auch die objektive Beweislast.

     

    Ein weiterer Versuch des Klägers, eine Änderung sei nach Treu und Glauben ausgeschlossen, da bereits Steuerbescheide ohne Vorbehalt der Nachprüfung vorliegen, scheiterte ebenfalls. Es liegt im Ermessen des Finanzamtes, ob und in welchem Umfang die Angaben im Rahmen der Veranlagung überprüft werden. Es besteht keine ständige und umfassende Prüfungspflicht, da dieser Verwaltungsaufwand untragbar wäre.

     

    Zuletzt merkte der Kläger an, es sei dem FA bekannt gewesen, wie seine Aufzeichnungen geführt wurden. Zu Beginn seiner Tätigkeit sei er im FA vorstellig geworden um Aufzeichnungen zu Reisekosten überprüfen zu lassen. Dabei wurde ihm die Ordnungsmäßigkeit mündlich bestätigt. Auf dieser Grundlage habe er die Fahrtenbücher geführt. Diese Aussage fiel jedoch im Zusammenhang mit Reisekostenaufzeichnungen und bezog sich nicht auf das Fahrtenbuch. Des Weiteren haben mündliche Auskünfte keine Bindungswirkung.

    Quelle: ID 44009176