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  • · Nachricht · Beratervertrag zwischen nahen Angehörigen

    Fremdüblichkeit des Inhalts und Durchführung sind gegeneinander abzuwägen

    | Die fehlende Fremdüblichkeit des Vertragsinhalts ist nur ein einzelnes - wenn auch gewichtiges - Beweisanzeichen gegen die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich. Zu würdigen ist insbesondere auch die tatsächliche Vertragsdurchführung, vor allem im Hinblick auf die Erfüllung der gegenseitigen Hauptpflichten. Leistet ein Angehöriger nämlich die von ihm vertraglich geschuldeten Dienste nicht, bezieht aber dennoch die vertraglich vorgesehene Vergütung, so stellt gerade dieser Umstand ein gewichtiges Indiz gegen die ertragsteuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses dar. Umgekehrt verlieren z.B. nicht fremdübliche Nebenbestimmungen in der Gesamtwürdigung an Gewicht, wenn feststeht, dass der Vertrag in seinen Hauptbestandteilen mit Leben erfüllt wurde ( BFH 23.12.13, III B 84/12 ). |

     

    Der Kläger betrieb in den Streitjahren eine Steuerberaterkanzlei. Die Beigeladene, eine Rechtsanwältin, ist seine Tochter. Beide schlossen einen „Beratervertrag“. Nach § 1 übertrug der Kläger seiner Tochter die rechtliche und steuerliche Beratung im gesamten Bereich der Kanzlei. Weiter heißt es, dass Gegenstand des Vertrags nicht die Erbringung eines bestimmten Erfolgs, sondern das auftragsmäßige Tätigwerden sei. Nach § 2 beträgt das Honorar für die Tätigkeit 30.000 EUR pro Jahr. Die Vereinbarung enthält weitere Regelungen, die u.a. den Auslagenersatz, die Stellung eines Pkw für Dienstreisen und eine Haftungsbegrenzung der Beigeladenen als Auftragnehmerin betreffen. Eine Regelung für die Zahlung von Vorabvergütungen oder Teilleistungen besteht nicht. Das FA erkannte den Beratervertrag nicht an und ließ die aufgrund des Vertrags vom Kläger geleisteten Zahlungen nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht führte im Wesentlichen aus, dass der Beratervertrag im Hinblick auf die Regelungen zum Vertragsgegenstand, der Vergütung und der Haftung einem Fremdvergleich nicht standhalte. Außerdem sei nicht feststellbar, dass der Vertrag tatsächlich wie unter fremden Dritten durchgeführt worden sei. So seien 30.000 EUR übersteigende Jahresnettozahlungen und Teilzahlungen erfolgt, was der Vertrag aber nicht vorsehe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

     

    Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 116 Abs. 6 FGO). Das FG hat das Vorbringen des Klägers zur tatsächlichen Vertragsdurchführung nicht einwandfrei und vollständig berücksichtigt.

     

    Es hat im Hinblick auf die tatsächliche Vertragsdurchführung Nebenaspekte, wie z.B. die im schriftlichen Vertrag nicht vorgesehenen Teil- oder Abschlagszahlungen, gewürdigt, ist auf wesentlichen Beteiligtenvortrag zur tatsächlichen Erfüllung der Hauptleistungspflichten aber nicht eingegangen. So hat der Kläger u.a. vorgetragen, dass die Büroarbeit seit Jahren von seiner Ehefrau und seiner Tochter geleistet werde, dass Widerspruchsverfahren und Jahresabschlussarbeiten von der Tochter, erkennbar an deren Handschrift, betreut worden seien, dass die Zusammenarbeit und der tatsächliche Leistungsaustausch den für diverse Mandanten zuständigen Finanzbeamten positiv bekannt seien, dass die Beigeladene nach dem Besuch von Fachanwaltskursen für die Beratungs- oder Jahresabschlussarbeiten qualifiziert und deren Arbeitszeit auf ca. 18 Wochenstunden kalkuliert gewesen sei. Da auch das FA in der Einspruchsentscheidung auf den seines Erachtens fehlenden tatsächlichen Nachweis der tatsächlichen Vertragsdurchführung (für welche Mandanten hat die Beigeladene im Einzelnen zu welchem Zeitpunkt welche Leistungen erbracht) abgestellt hatte, handelte es sich bei der Frage, ob und in welchem Umfang Leistungen von Seiten der Beigeladenen aufgrund des Beratervertrags tatsächlich erfolgt sind, um zentrales Beteiligtenvorbringen. Da dieses auch nach dem vom FG eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkt erheblich war, konnte sich das Gericht im Streitfall nicht damit begnügen, das Vorbringen in den Tatbestand seines Urteils aufzunehmen, ohne sich hierzu weiter zu äußern. Vielmehr war es gehalten, den Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen zu verarbeiten (BFH 5.9.01, I R 101/99, BFH/NV 02, 493).

     

    Wäre dem Vorbringen des Klägers die gebotene rechtliche Aufmerksamkeit gewidmet und der Frage der tatsächlichen Erfüllung der vertraglichen Hauptpflichten weiter nachgegangen worden, dann wäre jedenfalls nicht auszuschließen, dass das Ergebnis der Gesamtwürdigung des FG anders ausgefallen wäre.

     

    Für das weitere Vorgehen weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

     

    • Zunächst ist zu klären ob ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Mitarbeiterverhältnis i.S. des § 7 BOStB (also als Geschäftsbesorgungsvertrag) vorliegt.
    • Erst dann können die - unterschiedlichen - Maßstäbe für den Vergleich des konkreten Vertragsinhalts mit den fremdüblichen Bedingungen entwickelt werden. So könnte etwa bei der vom FG als fremdunüblich bewerteten Haftungsbegrenzung zu berücksichtigen sein, dass bei einem freien Mitarbeiterverhältnis regelmäßig gar kein relevantes Haftungsrisiko für den Mitarbeiter besteht bzw. dieses von der Berufshaftpflicht des Steuerberaters mit abgedeckt ist. Bei Schlechtleistungen und zu geringer Auslastung des freien Mitarbeiters käme anstelle der vom FG als fremdüblich angesehenen Entgeltminderung eher die Kündigung (§§ 620 ff. BGB) des Geschäftsbesorgungsvertrags in Betracht.
    • Sodann wird im Einzelnen aufzuklären sein, in welcher Art und in welchem Umfang die Beigeladene tatsächlich für die Kanzlei des Klägers tätig geworden ist. Dem Steuerpflichtigen obliegt es, substantiiert vorzutragen und nachzuweisen, dass der Angehörige Arbeits- oder Beratungsleistungen in einem der zugesagten Honorierung angemessenen Umfang tatsächlich erbracht hat. Ist der Steuerpflichtige zu einem in die Einzelheiten gehenden substantiierten Tatsachenvortrag nicht bereit oder nicht in der Lage oder gelingt ihm der Nachweis nicht, dann ist davon auszugehen, dass vertragliche Hauptleistungspflichten nicht erfüllt wurden.
    Quelle: ID 42539756