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  • · Fachbeitrag · Lohnsteuer und Sozialversicherung

    Häufige Fehler bei der Anstellung geringfügig Beschäftigter

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Die Anstellung geringfügig Beschäftigter, auch als Minijobber bezeichnet, gehört in vielen Freiberuflerpraxen zum Alltag. Dennoch zeigt die Erfahrung, dass es im Zuge von Lohnsteueraußen- und Sozialversicherungsprüfungen immer wieder zu Streitigkeiten kommt. Mitunter drohen hohe Nachforderungen von Lohnsteuern und Sozialabgaben, wenn aus dem geringfügigen ein reguläres Arbeitsverhältnis wird. Und auch der Mindestlohn birgt seine Tücken. Daher sollen nachfolgend die größten Fehler bei der Anstellung geringfügig Beschäftigter dargestellt werden. |

    1. Steuerfreie Leistungen an Minijobber

    Grundsätzlich dürfen geringfügig Beschäftigte die gleichen steuer- und sozialversicherungsfreien Leistungen erhalten wie regulär Beschäftigte, ohne dass es deshalb zu einer Steuer- oder Beitragspflicht kommt. Aktuell können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern beispielsweise eine Inflationsausgleichs-prämie gewähren. Diese bleibt auch bei Minijobbern bis zu einem Betrag von 3.000 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Die Regelung gilt für Zahlungen, die vom 26.10.22 bis zum 31.12.24 gewährt werden (§ 3 Nr. 11c EStG).

     

    Aber insgesamt ist bei der Gewährung von steuerfreien Leistungen an geringfügig Beschäftigte eine gewisse Vorsicht angebracht. Besser gesagt: Manch Arbeitgeber übertreibt es mit der Nettolohnoptimierung. Erst kürzlich z. B. hat der BFH (21.6.22, VI R 20/20) entschieden: Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Vergütung dafür, dass er einen Kennzeichenhalter mit dem Logo seines Arbeitgebers an seinem privaten Pkw anbringt, so handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Dem mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen Werbemietvertrag kommt üblicherweise kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zu. Ist ein solches Modell mit einem Minijobber vereinbart worden, kann das Arbeitsverhältnis mitunter nur wegen dieser Lappalie steuer- und vor allem sozialversicherungspflichtig werden.

     

    Die weitere ‒ und oftmals unterschätzte Gefahr ‒ besteht oft darin, dass Arbeitgeber in ihren vermeintlichen Steuermodellen arbeitsrechtlich gefangen sind. Das heißt: Haben die Arbeitnehmer erst einmal einen Anspruch auf eine Zusatzleistung, kann ihnen der Arbeitgeber den Anspruch nicht einfach entziehen, weil ihm ein Modell steuerlich auf die Füße gefallen ist.

     

    Ein Beispiel sind hier die beliebten Zuschüsse zur Kinderbetreuung. Das heißt: Zusätzliche Arbeitgeberleistungen zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern des Arbeitnehmers in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen sind steuerfrei (§ 3 Nr. 33 EStG). Voraussetzung ist aber, dass die Leistungen auch wirklich zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Wird eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch dessen Umwandlung gewährt, liegt keine zusätzliche Leistung vor. Die Finanzverwaltung prüft die Voraussetzung sehr streng.

     

    • Beispiel

    Eine Arbeitnehmerin erhält eine steuerfreie Zulage nach § 3 Nr. 33 EStG i. H. v. 75  EUR. Sobald das Kind eingeschult wird, soll der Zuschlag in eine tarifliche Erhöhung umgewandelt werden.

     

    Hier ist Vorsicht angebracht. Die Finanzverwaltung könnte das Zusätzlichkeitserfordernis (§ 3 Nr. 33 i. V. m. § 8 Abs. 4 EStG) als nicht erfüllt ansehen, sondern argumentieren, dass die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wurde. Der Arbeitgeber wird nun den Anspruch der Arbeitnehmerin aber ‒ etwa nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung ‒ nicht einfach streichen dürfen, denn arbeitsrechtlich könnte er ihr erhalten bleiben.

    2. Mindestlohn

    Nicht nur, aber insbesondere bei Minijobbern sind die Grundsätze des Mindestlohngesetzes zu beachten. Beim Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttolohn, der als Geldleistung zu berechnen und auszuzahlen ist. Die Entlohnung im Wege der Gewährung von Sachbezügen, also Leistungen des Arbeitgebers, die dieser als Gegenleistung für die Arbeitsleistung in anderer Form als in Geld erbringt, ist nicht zulässig. Ein beliebter Fehler ist übrigens die Überlassung eines Kfz anstelle der Auszahlung von Barlohn, denn auch bei der Überlassung von Firmenwagen müssen die Regelungen des Mindestlohngesetzes beachtet werden.

     

    • Beispiel

    Eine geringfügig beschäftigte Bürokraft in einer Steuerkanzlei nutzt einen Firmenwagen ganz überwiegend für dienstliche Fahrten, etwa um Steuerunterlagen der Mandanten (Pendelordner) abzuholen und zurückzubringen. Da sich die Kanzlei im ländlichen Raum befindet, werden weite Strecken zurückgelegt und die Überlassung des Firmenwagens ist auch tatsächlich erforderlich. Die Mitarbeiterin darf das Kfz auch zu privaten Fahrten nutzen. Arbeitgeber und Arbeitnehmerin sind sich einig, dass die Überlassung des Fahrzeugs zu Privatzwecken einem geldwerten Vorteil von 250  EUR monatlich entspricht und dieser Betrag wird auch im Rahmen der 1 %-Regelung angesetzt. Der Barlohn beträgt nur 250  EUR monatlich. Der Inhaber der Steuerkanzlei geht davon aus, dass mit der Summe aus Barlohn und Pkw-Gestellung ein angemessenes Gehalt gezahlt wird.

     

    Die Sozialversicherung stellt fest, dass der Mindestlohn von 12  EUR pro Stunde nicht erreicht worden ist, da für die Prüfung der Mindestlohngrenze ausschließlich auf den Barlohn abgestellt wird. Folge: Von der Differenz zwischen der erforderlichen Vergütung nach dem Mindestlohngesetz und dem tatsächlichen Barlohn werden Sozialversicherungsbeiträge nacherhoben. Da nun der tatsächliche Barlohn plus der Phantomlohn nach dem Mindestlohngesetz plus der geldwerte Vorteil aus der Firmenwagengestellung die 520- EUR-Grenze überschreiten, liegt kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mehr vor.

     

    Der Fehler kann auch nicht rückwirkend geheilt werden, da sich der Beitragsanspruch bereits im Zeitpunkt der Entstehung des Lohns oder Gehalts ergibt. Das heißt: Der Arbeitgeber kann den Sachlohnanspruch nicht nachträglich in einen Barlohnanspruch umwandeln, um das sozialversicherungsrechtlich unerwünschte Ergebnis rückgängig zu machen. So ist jedenfalls die Auffassung der Deutschen Rentenversicherung.

     

    Beachten Sie | Im gewerblichen Bereich besteht keine Aufzeichnungspflicht bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen, also Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern, Kindern und Eltern des Arbeitgebers. Auch bei geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten sind die Arbeitgeber von der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht befreit. Aber dennoch muss auch bei der Beschäftigung von nahen Angehörigen bzw. Familienmitgliedern der Mindestlohn gezahlt werden.

     

    Und um Missverständnisse bezüglich des oben genannten Beispiels zu vermeiden: Unabhängig von der Frage des Mindestlohns ist insbesondere bei nahen Angehörigen zu entscheiden, ob eine Pkw-Gestellung überhaupt üblich ist. FÄ und im Anschluss auch die Prüfer der Sozialversicherung verwerfen Minijob-Arbeitsverträge zwischen nahen Angehörigen zunehmend in Gänze, wenn ein Pkw gestellt wird.

    3. Arbeit auf Abruf

    Im Arbeitsvertrag ist die Dauer der Arbeitszeit festzulegen. Bei Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG wird der Arbeitgeber verpflichtet, Referenzstunden und Referenztage für das Arbeitsverhältnis festzulegen, in denen auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann. Auch auf eine Mindestarbeitszeit oder eine Höchstarbeitszeit müssen sich beide Parteien einigen. Je nach vereinbarter Grenze, darf der Minijobber die Mindestarbeitszeit um nicht mehr als 25 % überschreiten und die Höchstarbeitszeit um nicht mehr als 20 % unterschreiten.

     

    Wenn keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wurde, gilt nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz die vorgeschriebene Wochenarbeitszeit von 20 Stunden. Diese muss der Arbeitgeber Ende des Monats vergüten, auch wenn der Minijobber weniger gearbeitet hat. Wenn ein Minijobber oder eine Minijobberin auf Abruf ohne vereinbarte Arbeitszeit also beispielsweise 12 Stunden arbeitet, hat der Arbeitgeber dennoch 20 Stunden zu vergüten (Quelle: Minijobzentrale).

     

    Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben am 21.3.19 beschlossen, die neue Regelung anzuwenden. In ihrem Besprechungsergebnis heißt es unmissverständlich: Der auf Basis dieser fiktiven Wochenarbeitszeit bestehende Entgeltanspruch des Arbeitnehmers ist unabhängig davon zu berücksichtigen, ob in diesem Umfang tatsächlich Arbeit geleistet oder vergütet wurde. Angesichts der Erhöhung der Wochenstundengrenze werden ‒ selbst unter Zugrundelegung lediglich des Mindestlohns ‒ die Grenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV i. d. R. überschritten. Somit können Arbeitnehmer mit entsprechenden Abrufarbeitsverhältnissen ohne Festlegung der Arbeitszeit nicht (mehr) geringfügig entlohnt beschäftigt sein (Niederschrift über die Besprechung des GKV-Spitzenverbands, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 21.3.19, Punkt 4.).

     

    PRAXISTIPP | Das BAG (15.2.12, 10 AZR 111/11) hat entschieden, dass die Arbeitsvertragsparteien nicht gezwungen sind, ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG zu begründen. Stattdessen können sie eine Rahmenvereinbarung und anschließend jeweils ‒ befristete- Einzelarbeitsverträge abschließen. Auch der Arbeitnehmer könne ein Interesse an einer solchen Vertragskonstruktion haben; denn er kann dadurch über seine Zeit frei verfügen und läuft nicht Gefahr, dass seine anderweitigen Dispositionen und Verpflichtungen mit der Verpflichtung zur Arbeitsleistung kollidieren. Diese Konstruktion könnte also zumindest in bestimmten Fällen weiterhelfen, sollte aber mit einem arbeitsrechtlich versierten Juristen besprochen werden.

     

    Eine weitere Möglichkeit wäre die Einrichtung eines (Jahres-)Arbeitszeitkontos. Dieses ist auch für geringfügig Beschäftigte zulässig und ermöglicht, dass ein Minijobber ‒ bei gleichbleibendem monatlichen Arbeitsentgelt ‒ je nach Bedarf unterschiedlich viele Stunden pro Monat arbeitet. Zu Einzelheiten siehe: Arbeitszeitkonten für Minijobs (Information der Knappschaft Bahn See; www.iww.de/s7644).

     

    4. Beschäftigung naher Angehöriger

    Arbeitsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen, also auch Ehegatten-Arbeitsverhältnisse, die wie unter Fremden durchgeführt werden, sind steuer- und beitragsrechtlich anzuerkennen. Zum Fremdvergleich gehören üblicherweise ein schriftlicher Arbeitsvertrag, eine pünktliche Zahlung des vereinbarten Arbeitslohns auf ein eigenes Konto des angestellten Angehörigen und die Erfüllung aller lohnsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten.

     

    4.1 Stundenzettel

    Üblicherweise sind die FÄ ‒ und auch die Prüfer der Sozialversicherung ‒ recht streng, wenn es um die Überprüfung von Arbeitsverhältnisses unter nahen Angehörigen geht. So werden zumeist auch die Arbeitszeitnachweise (Stundenzettel) verlangt, und zwar insbesondere bei der Anstellung im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung.

     

    Im Jahre 2020 hat der BFH aber entschieden, dass die Führung von Arbeitszeitnachweisen für die Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht zwingend erforderlich ist. Eine fehlende Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit allein dürfe nicht zur Aberkennung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses führen (BFH 18.11.20, VI R 28/18).

     

    • Sachverhalt

    Ein Obergerichtsvollzieher beschäftigte seine Ehefrau als Büroangestellte. Bei der Veranlagung wurden die Lohnkosten nicht berücksichtigt. Die vorgelegten Dokumentationen der Arbeitszeit entsprächen objektiv nicht den Anforderungen eines Fremdvergleichs ‒ so das FA. Auf den Nachweisen seien lediglich der Name der Ehefrau und die Tage mit Arbeitszeit vermerkt, an denen sie gearbeitet habe. Eine Angabe über die Tätigkeit, wann die Dokumentation erstellt oder dass sie geprüft worden sei, sei auf dem Nachweis nicht vorhanden.

     

    Das FG hatte die hiergegen gerichtete Klage verworfen. Wenn die Arbeiten auch zu Hause geleistet werden können, sei eine tätigkeitsbezogene Auflistung für den jeweiligen Tag erforderlich. Sonst sei eine Kontrolle, ob die vereinbarte Arbeitszeit tatsächlich geleistet worden ist, nicht möglich. Wie bei sonstigen Eigenbelegen auch, müssen solche Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein.

     

    Doch der BFH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben. Das FG überspanne die Anforderungen, wenn es meint, der Steuerbürger müsse für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen konkret darlegen, wann genau welche Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Eine solche Darlegungsanforderung ließe sich nur erfüllen, wenn der Steuerpflichtige durchgehend aufzeichnen würde, welche konkrete Arbeitsleistung der mitarbeitende Angehörige zu jeder einzelnen Arbeitsstunde tatsächlich erbracht hat. Dies könne nicht verlangt werden. Die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Angehörigen erfordere nicht die Vorlage eines einem Fahrtenbuch vergleichbaren Arbeitsnachweises. Sie setzt entgegen der Auffassung der Vorinstanz keine auf die jeweiligen Tage bezogene substantiierte Auflistung der geleisteten Arbeiten voraus.

     

    Zwar müsse das Angehörigen-Arbeitsverhältnis in fremdüblicher Weise tatsächlich durchgeführt werden. Aber auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen fremden Dritten sei es keineswegs üblich, die jeweiligen Arbeitsleistungen stundengenau aufzuzeichnen. Dies mag ausnahmsweise anders sein, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gegenüber Kunden, Mandanten oder Patienten etc. des Arbeitgebers weiterberechnet werden soll. Bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis über einfache Bürotätigkeiten sei dies jedenfalls nicht fremdüblich und könne folglich auch von den Klägern nicht verlangt werden.

     

    PRAXISTIPP | Aufzeichnungen betreffend die Arbeitszeit (z. B. Stundenzettel) dienen zwar Beweiszwecken. Sie sind für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen aber nicht zwingend erforderlich.

    So erfreulich das Urteil ist, sollte es dennoch nicht als Freibrief verstanden werden. Zwar sagt der BFH, dass genaue Stundenaufzeichnungen im Prinzip entbehrlich sind. Letztlich kommt es aber immer auf eine Betrachtung des gesamten Sachverhalts an. Das heißt: Liegt nur ein einziger Formfehler vor, so darf dieser allein nicht zur Aberkennung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses führen. Summieren sich die Fehler aber, so kann plötzlich die mangelnde oder fehlerhafte Stundenaufzeichnung doch wieder ins Gewicht fallen.

     

    Ein Punkt noch zur Sozialversicherung: Bei Minijobbern müssen nach § 17 des Mindestlohngesetzes Stundenaufzeichnungen geführt werden. Diese Pflicht entfällt zwar bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen, dennoch ist der Mindestlohn zu zahlen (siehe 2.). Beachten Sie zu dem Thema im Übrigen z. B. BayObLG 26.11.20, 201 ObOWi 1381/20, Beschluss).

     

    4.2 Inflationsausgleichsprämie

    Wie ausgeführt, darf auch Minijobbern eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt werden. Aber: Bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahestehenden Personen muss insbesondere geprüft werden, ob die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie auch unter Fremden üblich wäre (Fremdvergleichsgrundsatz). Wird nur pro forma ein Vertrag abgeschlossen, um die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie zu erhalten (z. B. Gefälligkeitsverhältnis), besteht kein steuerlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis (Quelle: FAQ zur Inflationsausgleichsprämie nach § 3 Nr. 11c EStG).

     

    Beachten Sie | Unabhängig davon prüfen die FÄ und auch die Prüfer der Sozialversicherung sehr genau, ob die Inflationsausgleichsprämie tatsächlich im zugelassenen Zeitraum vom 26.10.22 bis zum 31.12.24 geleistet wurde. Leider gibt es zahlreiche Fälle, in denen die Prämie exakt am 25.10.22 gezahlt wurde ‒ das wäre aber schädlich. Darüber hinaus sei daran erinnert, dass die Prämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden und einen Inflationsbezug aufweisen muss, auch wenn an den Inflationsbezug keine hohen Voraussetzungen geknüpft werden.

     

    Eine Zahlung von Weihnachtsgeld weist als solche nicht den erforderlichen Inflationsbezug auf, sodass eine steuerfreie Auszahlung ausgeschlossen ist. Es ist aber unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Nr. 11c EStG steuerlich zulässig, die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie so mit der Zahlung von Weihnachtsgeld zu verbinden, dass zwei gesonderte Beträge ‒ zum einen das Weihnachtsgeld und zum anderen die Inflationsausgleichsprämie ‒ in derselben Gehaltsabrechnung angeführt werden.

     

    4.3 Kfz-Gestellung

    Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass die Kfz-Gestellung an einen Minijobber durchaus mit steuerlichen und vor allem sozialrechtlichen Gefahren (Stichwort Mindestlohn) verbunden sein kann. Noch mehr gilt dies bei der Überlassung eines Firmenwagens an einen Angehörigen im Rahmen eines Minijobs. Hier kann sogar ‒ unabhängig von der Frage des Mindestlohns ‒ die Anerkennung des gesamten Arbeitsvertrags gefährdet sein.

     

    Im Prinzip hat der BFH das steuerliche Aus für eine bedingungslose Firmenwagennutzung bei einem Minijob im Ehegattenbetrieb beschlossen: Die Überlassung eines Firmen-Pkw zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung sei bei einem Minijob-Beschäftigungsverhältnis unter Ehegatten fremdunüblich. Der Arbeitsvertrag ist daher steuerlich nicht anzuerkennen (BFH 10.10.18, X R 44-45/17, BStBl II 19, 203).

     

    • Sachverhalt

    Ein Selbstständiger beschäftigt seine Ehefrau als Büro- und Kurierkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von neun Stunden mit einem Monatslohn von 400  EUR. Im Rahmen des Arbeitsvertrags überlässt er ihr einen Pkw zur uneingeschränkten Privatnutzung. Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung wird nach der 1 %-Methode ermittelt und auf den monatlichen Lohnanspruch von 400  EUR angerechnet.

     

    Das FA erkennt das Arbeitsverhältnis steuerlich jedoch nicht an, da die Entlohnung in Gestalt einer Pkw-Überlassung im Rahmen eines Minijobs einem Fremdvergleich nicht standhalte.

     

    Und auch nach Auffassung des BFH handelt es sich hier um eine fremdunübliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitgeber werde bei lebensnaher und die unternehmerische Gewinnerwartung einzubeziehender Betrachtungsweise typischerweise nur dann bereit sein, einem Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug zur Privatnutzung zur Verfügung zu stellen, wenn nach einer überschlägigen, allerdings vorsichtigen Kalkulation der sich für ihn hieraus ergebende tatsächliche Kostenaufwand zuzüglich des vertraglich vereinbarten Barlohns als wertangemessene Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft anzusehen ist. Je geringer der Gesamtvergütungsanspruch des Arbeitnehmers ist, desto eher erreicht der Arbeitgeber die Risikoschwelle, nach der sich wegen einer nicht abschätzbaren intensiven Privatnutzung die Fahrzeugüberlassung als nicht mehr wirtschaftlich erweist.

     

    Bereits 2017 hatte der BFH in einem vergleichbaren Fall ähnlich entschieden: Bei der angestellten Lebensgefährtin mit Minijob wurde das Steuersparmodell der Barlohnumwandlung nicht anerkannt, weil der Arbeitsvertrag mit der vereinbarten Fahrzeugüberlassung einem Fremdvergleich nicht standhielt. Die Überlassung eines Pkw im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit nahestehenden Personen könne nur anerkannt werden, wenn die Konditionen der eingeräumten Pkw-Nutzung fremdüblich seien ‒ und dies sei hier nicht der Fall. Da ein Arbeitgeber einem familienfremden Minijobber unter diesen Konditionen kein Fahrzeug überlassen würde, können die Fahrzeugkosten beim Arbeitgeber nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (BFH 21.12.17, III B 27/17).

     

    Auch das FG Münster hat ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis insgesamt nicht anerkannt, bei dem die Ehefrau als Bürokraft geringfügig beschäftigt war und ihr als Teil des Arbeitslohns ein Fahrzeug zur Privatnutzung überlassen wurde (20.11.18, 2 K 156/18 E).

     

    • Sachverhalt

    Der Kläger war als IT-Berater und im Handel mit Hard- und Software gewerblich tätig. Er beschäftigte seine Ehefrau als Bürokraft für 400  EUR monatlich, wobei die Firmenwagennutzung eingeschlossen sein sollte. Die Arbeitszeit sollte sich nach dem Arbeitsanfall richten. Eine feste Stundenzahl wurde nicht vereinbart. Überstunden und Mehrarbeit sollten durch Freizeit ausgeglichen werden. Später ergänzten die Kläger den Arbeitsvertrag dahingehend, dass Teile des Gehalts monatlich durch Gehaltsumwandlung in eine Direktversicherung und in eine Pensionskasse eingezahlt werden sollten.

     

    Das FA erkannte den Arbeitsvertrag nicht an und kürzte dementsprechend den Betriebsausgabenabzug des Klägers.

     

    Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab, weil der Arbeitsvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalte. Zunächst entspreche die Abrede über die Arbeitszeit nicht dem zwischen Fremden Üblichen, da die Arbeitszeit einerseits ohne Angabe eines Stundenkontingents als variabel vereinbart wurde, andererseits aber Überstunden und Mehrarbeit durch Freizeit ausgeglichen werden sollten. Fremde Dritte hätten zudem Regelungen zur zeitlichen Verfügbarkeit ‒ etwa durch Festlegung von Kern- oder Mindestarbeitszeiten ‒ getroffen. Auch die vereinbarte Vergütung sei nicht fremdüblich. Dies gelte insbesondere für die Überlassung eines Kfz zur privaten Nutzung, und zwar gerade auch vor dem Hintergrund des Aufgabenkreises der Ehefrau als Bürokraft, der nicht zwingend mit der betrieblichen Nutzung eines Fahrzeugs verbunden sei. Zudem fehlten differenzierte Regelungen über die konkrete Ausgestaltung der Fahrzeugüberlassung, insbesondere zur Fahrzeugklasse. Schließlich sei der Arbeitsvertrag nicht wie unter fremden Dritten durchgeführt worden, da die Einzahlungen in die Direktversicherung und in die Pensionskasse zusätzlich zum bisher vereinbarten Lohn und damit nicht im Wege der Gehaltsumwandlung erfolgten.

     

    FAZIT | Bei der Überlassung eines Kfz an den minijobbenden Ehegatten oder den/die Lebensgefährten(in) ist Vorsicht angebracht. Es droht die Nichtanerkennung des gesamten Arbeitsverhältnisses. Es sollte also lieber auf die Überlassung verzichtet werden.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2023 | Seite 193 | ID 49207268