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118. Deutscher Ärztetag beschließt u.a. Änderungen der (Muster-)Berufsordnung
von RAen, FAen für MedR, Wirtschaftsmediatoren Michael Frehse und Dr. Tobias Scholl-Eickmann, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
| Vom 12. bis 15.5.15 hat in Frankfurt der 118. Deutsche Ärztetag stattgefunden. Beschlossen wurden u. a. Änderungen der (Muster-)Berufsordnung. Der Beitrag geht zudem ohne Anspruch auf Vollständigkeit auf einige aus Verfassersicht relevante Beschlüsse ein. Das 415 Seiten umfassende Beschlussprotokoll kann von einer Seite der BÄK heruntergeladen werden. |
(Muster-)Berufsordnung an vier Stellen geändert
Es wurden vier Änderungen der (Muster-)Berufsordnung (MBO) beschlossen, die voraussichtlich zeitnah auch in den regionalen Berufsordnungen umgesetzt werden dürften:
- § 10 Abs. 2 S. 1 MBO, der die Einsichtnahmerechte des Patienten in die Dokumentation regelt, wird an das im Jahr 2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz angepasst. Patienten ist somit auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, sie betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen.
- § 15 Abs. 3 MBO, der sich mit den Rahmenvorgaben bei der Forschung am Menschen beschäftigt, wird an die im Oktober 2013 von der 64. Generalversammlung des Weltärztebundes neu verabschiedete Fassung der Deklaration von Helsinki angepasst.
- § 18 Abs. 1 MBO, der die Zulässigkeit von Teilberufsausübungsgemeinschaften (Teil-BAG) konkretisiert, wird liberaler gefasst. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs, dass die Regelung punktuell als verfassungswidrig angesehen hatte (BGH 15.5.14, I ZR 137/12, siehe AMK 07/2014,1). Künftig sind anders als bislang auch Teil-BAGs etwa zwischen medizinische-technischen Disziplinen und patientenbezogenen Disziplinen denkbar, soweit der Gewinn nicht ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht.
- § 20 Abs. 2 MBO, der die Praxisvertretung im Fall des Todes des Arztes regelt, wird unter Berücksichtigung des Lebenspartnerschaftsgesetzes angepasst, so dass auch Lebenspartner des Verstorbenen die Praxis vorübergehend durch einen Vertreter fortführen können. Zudem wird der zulässige Vertretungszeitraum von drei auf sechs Monate verlängert.
Die (Muster-)Weiterbildungsordnung vor der Novelle
Die Ärztevertreter haben ferner mehrere „Vorstandsüberweisungen“ an der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) initiiert. Hier soll der Vorstand die Überlegungen zunächst prüfen und ggf. in einen Beschlussvorschlag überführen. Unter anderem sind folgende Punkte beraten worden:
- Es sollen auch Weiterbildungsabschnitte von drei (und nicht nur von mindestens sechs) Monaten für die Weiterbildung anerkannt werden können; innerhalb von Verbundweiterbildungen sollen flexible Einsatzmöglichkeiten weiterbildungsrelevant anerkannt werden.
- Der Facharzt für Allgemeinchirurgie soll entgegen den bisherigen Planungen zur Novellierung der MWBO nicht zu Gunsten eines Facharztes für Allgemein- und Viszeralchirurgie abgeschafft werden.
- Weiterbildung soll jedenfalls für Zusatzweiterbildungen auch nebenberuflich möglich werden. Die Vorgabe der hauptberuflichen, regelhaft vollzeitigen Weiterbildung soll also aufgeweicht werden.
- Die Landesärztekammern sollen bei schlechter Weiterbildung, dokumentiert etwa durch Evaluationsergebnisse, Sanktionen ergreifen.
- „Ernährungsmedizin“, „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ sowie „Prävention und Gesundheitsförderung“ sollen in die MWBO aufgenommen werden.
Keine Lockerung der Schweigepflicht
Auch angesichts des Flugzeugunglücks in Frankreich lehnt der Deutsche Ärztetag eine Abschwächung der ärztlichen Schweigepflicht ab. Auch einzelne Diagnosen dürfen von den bestehenden Regelungen zur ärztlichen Schweigepflicht nicht ausgenommen werden.
Kritik am Entwurf des Korruptionsstraftatbestands
Der Gesetzgeber habe in den vorliegenden Entwürfen eines § 299a StGB u. a. keine Definition zur Abgrenzung gesundheitspolitisch gewollter Kooperationen nach dem SGB V von strafbarkeitsrelevanter Korruption geschaffen. Damit bestehe die Gefahr, dass sektorenübergreifende Zusammenarbeit staatsanwaltliche Ermittlungen nach sich zieht. Die Norm müsse so klar gefasst sein, dass gegen Ärzte nicht aufgrund eines handwerklich schlechten Gesetzes trotz regelhafter Berufsausübung strafrechtlich ermittelt wird. Der Ärztetag monierte insoweit mehrere Mängel des Gesetzesentwurfs.
Kritik am GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSG)
Heftige Kritik wurde dem Gesetzgeber zuteil. Die Ärztevertreter forderte die Bundesregierung auf, folgende Änderungen im GKV-VSG zu veranlassen:
- Streichung der Regelungen zum Zwangsaufkauf von Vertragsarztsitzen,
- kein gegenseitiges Ausspielen von Fachärzten in der ambulanten und stationären Versorgung durch die Einführung von Terminservicegarantie,
- keine Aufweichung des ärztlichen Delegationsprinzips,
- keine Verlagerung von Kompetenzen der ärztlichen Selbstverwaltung auf den Gemeinsamen Bundesausschuss.
FAZIT | Die Berufspolitik stand einmal mehr im Mittelpunkt des 118. Deutschen Ärztetags. Während die akut für die Praxis bedeutsamen Beschlussfassungen eher übersichtlich sind, haben die Ärztevertreter vor allem Angriffe auf die Freiberuflichkeit verortet und suchen diese zu verhindern. Abzuwarten bleibt, ob hier Erfolge verzeichnet werden können. |