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  • · Nachricht · Berufsrecht

    Haftung in einer Sozietät aus Rechtsanwälten und Steuerberatern

    | Wird ein Anwaltsvertrag mit einer Sozietät geschlossen, der neben Rechtsanwälten auch Steuerberater angehören, so haften für einen Regressanspruch wegen Verletzung anwaltlicher Beratungspflichten auch diejenigen Sozien persönlich, die selbst nicht Rechtsanwälte sind ( BGH 10.5.12, IX ZR 125/10 ). |

     

    Im zu entscheidenden Sachverhalt war eine aus Rechtsanwälten und einem Steuerberater/Wirtschaftsprüfer bestehende Sozietät wegen Schadensersatzansprüchen aus der Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages (Anlegerberatung) in Anspruch genommen worden.

     

    Vertragsschluss mit der Sozietät oder Einzelmnadatierung?

    Eine Anwaltssozietät ist eine GbR, sofern nicht ausdrücklich eine andere Rechtsform wurde. Vor der Anerkennung der eigenständigen Rechtspersönlichkeit der GbR (BGH 29.1.01, II ZR 331/00) galt, dass ein Sozietätsanwalt ein ihm angetragenes Mandat im Zweifel zugleich im Namen der übrigen Sozietätsmitglieder annimmt, im Falle von Sozietäten unterschiedlicher Berufsangehöriger jedoch nach dem Parteiwillen regelmäßig nur diejenigen Sozien in den Vertrag einbezogen werden sollen, die auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen. Diese Grundsätze sind seit der Grundsatzentscheidung nicht mehr anwendbar.

     

    Die eigenständige Rechtspersönlichkeit der GbR hat zur Folge, dass eine Sozietät selbst Partnerin eines Beratungsvertrages sein kann (BGH 26.1.06, IX ZR 225/04; vgl. auch § 51a Abs. 2 S. 1 BRAO). Dabei kann sich auch eine gemischte Sozietät, der neben Rechtsanwälten auch Mitglieder anderer Berufsgruppen angehören, zur Erbringung anwaltlicher Beratungsleistungen verpflichten (BGH 9.12.10, IX ZR 44/10). Wie sich aus der Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB ergibt, wird eine Erklärung in eigenem Namen abgegeben, wenn die Umstände nicht hinreichend deutlich ergeben, dass sie in fremdem Namen abgegeben werden soll (BGH 13.10.94, IX ZR 25/94; BGH 27.10.05, III ZR 71/05).

     

    Die bislang offen gelassene Frage (BGH 9.12.10, IX ZR 44/10, Rn. 15), ob der Vertragsschluss durch einen Sozietätsanwalt nach dem Parteiwillen typischerweise die Sozietät verpflichten soll, bedurfte auch hier keiner Entscheidung. Dass in diesem Fall die Sozietät Vertragspartnerin geworden ist, liegt nach Meinung des BGH schon deshalb nahe, weil das Mandat von mehreren Sozien bearbeitet und auch ein bei der Sozietät angestellter Rechtsanwalt hiermit befasst worden ist. Eine Auslegung, wonach an Stelle eines Sozietätsmandats ein Einzelmandat eines Sozietätsmitglieds begründet werden sollte, kommt unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht.

     

    Haftung für Schlechtererfüllung

    Auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung, wonach ein Anwaltsvertrag regelmäßig nur mit denjenigen Sozien zustande kommt, die selbst auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen, erfasste die Haftung wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags nicht die berufsfremden Sozien, weil diese nicht Vertragspartner wurden. Diese Auffassung beruhte auf der Doppelverpflichtungslehre, wonach durch den Abschluss eines Rechtsgeschäfts im Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugleich eine Haftung der Gesamthand und eine persönliche Haftung der Gesellschafter begründet werden.

     

    Mit Anerkennung der eigenen Rechtspersönlichkeit der GbR und Aufgabe der Doppelverpflichtungslehre kann die Sozietät selbst Partei eines Anwaltsvertrags sein, auch wenn dieser neben Rechtsanwälten auch Sozien anderer Berufsgruppen angehören. Damit ist auch die auf der früheren Doppelverpflichtungslehre beruhende Beschränkung der Haftung auf diejenigen Sozien, die in eigener Person berufsrechtlich zur Bearbeitung des Mandats befugt sind, überholt. Einem Anwaltsvertrag kann auch keine konkludente Vereinbarung entnommen wird, die Haftung berufsfremder Sozien werde ausgeschlossen. Ohne konkrete Anhaltspunkte kann den Erklärungen der Parteien ein solcher Wille zur Haftungsbeschränkung nicht entnommen werden. Auch eine analoge Anwendung von § 8 Abs. 2 PartGG kommt nicht in Betracht.

     

    Weiterführender Hinweis:

    Die Beschränkung der Haftung auf diejenigen Mitglieder einer Sozietät, die das Mandat selbst bearbeiten, ist durch vorformulierte Vertragsbedingungen zulässig (§ 51a Abs. 2 S. 2 und 3 BRAO, § 67a Abs. 2 StBerG, § 54b Abs. 2 WPO).

    Quelle: ID 34581230