· Fachbeitrag · Bewertungsportale
Vom Betreiber eines Arztbewertungsportals zu verlangender Prüfungsaufwand
| Für eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen betroffener Ärzte durch den Portalbetreiber genügt es nicht, wenn sich dieser mit inhaltsleeren Erklärungen des Verfassers der Bewertung zufrieden gibt (OLG Braunschweig 18.6.19, 2 U 97/18) |
Das OLG hält fest: Zwar erfüllt das von der Beklagten (Jameda) betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion, doch sind an die Prüfungspflicht der Beklagten dennoch strenge Anforderungen zu stellen. Ein Portal wie dasjenige der Beklagten birgt auch die Gefahr für nicht unerhebliche persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen, wobei die Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt werden, dass die Bewertungen in rechtlich zulässiger Weise verdeckt abgegeben werden können. Dies erschwert es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen, oder macht ihm dies sogar unmöglich, weil er über keinen Auskunftsanspruch gegen den Portalbetreiber verfügt und er sich deshalb die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen nicht verschaffen kann. Nach § 12 Abs. 2 TMG ist die Beklagte nicht zur Herausgabe der zur Bereitstellung des Telemediums erhobenen Anmeldedaten befugt. Hinzu tritt im Streitfall, dass die Bewertung in mehreren für potentielle Patienten wesentlichen Kategorien die schlechtestmögliche Note von 6,0 vergibt und auf diese Weise massiv in die rechtlich geschützten Interessen des Klägers eingegriffen wird.
Das OLG Braunschweig hat sich damit der Meinung des BGH (1.3.16 ,VI ZR 34/15) angeschlossen: Nach der Rechtsprechung des BGH darf sich der Portalbetreiber in einer solchen Situation nicht auf eine rein formale Prüfung zurückziehen, sondern muss ernsthaft versuchen, sich die für eine Klärung der Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen. Die Beklagte muss dem Verfasser der Bewertung deshalb die Beanstandung des betroffenen Arztes übersenden und ihn zu einer Stellungnahme anhalten. Dazu ist der Verfasser aufzufordern, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und -zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend ‒ notfalls geschwärzt ‒ zu übermitteln.
Neben dem Anspruch auf Unterlassung steht dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1 u. Art. 2 Abs. 1 GG zur Seite