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Die Sperrfrist ist bei Einbringung in eine Einmann-GmbH & Co. KG unbeachtlich
von StB Jürgen Derlath, Münster
Die dreijährige Sperrfrist in § 6 Abs. 5 S. 4 EStG ist auf die Einmann-GmbH & Co. KG nicht anwendbar. Sie ist durch teleologische Reduktion auf solche Vermögensübertragungen zu beschränken, bei denen - ohne gegenläufigen Ansatz in der Ergänzungsbilanz - der während der Sperrfrist erzielte Veräußerungs- oder Entnahmegewinn nicht nur dem Einbringenden zuzurechnen wäre, sondern auch den anderen am Vermögen der Personengesellschaft beteiligten Gesellschaftern (FG Düsseldorf 10.4.14, 11 K 3050/11 F, 11 K 863/14 F). Der BFH hat die Revision nachträglich zugelassen. |
Sachverhalt
Geklagt hatte eine GmbH & Co. KG bestehend aus der zu 100 % am Vermögen beteiligten Kommandististin, die auch Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH war. Im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditistin war ein Grundstück, das sie 2007 der GmbH & Co. KG unentgeltlich nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG übertrug. Die GmbH & Co. KG wies das Grundstück in der Gesamthandsbilanz allerdings mit dem Teilwert (325.000 EUR) aus, erstellte jedoch für die Kommanditistin eine negative Ergänzungsbilanz. 2008 veräußerte die GmbH & Co. KG das Grundstück. Hierin sah das FA einen Verstoß gegen die Sperrfrist. Die Übertragung des Grundstücks sei mit dem Teilwert anzusetzen. Die negative Ergänzungsbilanz ändere entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG daran nichts. Bei einer Einmann-GmbH & Co. KG trete durch die Übertragung des Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen keine Änderung des Anteils der Kommanditistin (Einmann-Gesellschafterin) am übertragenen Grundstück ein.
Anmerkung
Dem widersprach das FG. Der Teilwert des Grundstücks war nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung (2007) gemäß § 6 Abs. 5 S. 4 EStG im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditistin anzusetzen. Die Regelung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH (31.7.13, I R 44/12) auf die Einmann-GmbH & Co. KG von vornherein nicht anwendbar. Die Regelung soll nicht jede zeitnahe Aufdeckung stiller Reserven (Veräußerung, Entnahme) sanktionieren, sondern lediglich Vorsorge dagegen treffen, dass innerhalb der Sperrfrist die Gewinne (Verluste) aus der Veräußerung oder Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter den Mitgesellschaftern unter Verletzung des Subjektsteuerprinzips zugeordnet werden. In diesem Fall wird dieser Gesetzeszweck nicht berührt, denn die Kommanditistin (Einbringende) ist sowohl im Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsguts auf die Klägerin als auch zum Zeitpunkt der späteren Gewinnrealisierung (Veräußerung des Grundstücks durch die Klägerin) alleine am Vermögen und Gewinn der Klägerin beteiligt, d.h. die individuelle Zuordnung der stillen Reserven bleibt durchgängig gewahrt.
Praxishinweis
§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG benennt in den Nrn. 1 bis 3 Übertragungsvorgänge zum Buchwert unter der Voraussetzung, dass die Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist und die dreijährige Sperrfrist eingehalten wird, und zwar Übertragungen:
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt (Nr. 1),
- unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt (Nr. 2) oder
- unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft (Nr. 3).
Zu der Frage, ob die Sperrfrist auch bei der Einmann-GmbH & Co. KG - bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen - gilt, liegen mittlerweile zwei BFH-Entscheidungen vor:
- Für Übertragungen nach Nr. 1 hat der BFH (31.7.13, I R 44/12) entschieden, dass die Sperrfrist unbeachtlich ist, auch wenn das Wirtschafsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt wurde.
- Für Übertragungen nach Nr. 2 hat der BFH (26.6.14, IV R 31/12) jüngst entschieden, dass die Sperrfrist unbeachtlich ist, auch wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Übertragenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden ist. Denn die zum Zeitpunkt der Übertragung vorhandenen stillen Reserven sind trotz fehlender Ergänzungsbilanz weiterhin zweifelsfrei und ausschließlich dem übertragenden Gesellschafter zuzuordnen, solange sich an den Beteiligungsverhältnissen nichts ändert.
Übertragungen nach Nr. 3 kommen bei einer Einmann-GmbH & Co. KG nicht vor.