· Fachbeitrag · Einkommensteuer
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Privatvermögen oder notwendiges Betriebsvermögen des Freiberuflers
| Bei einem Einzelgewerbetreibenden gehört eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Die Zuordnung wird beim Freiberufler im Ergebnis nach sehr ähnlichen Grundsätzen wie bei Einzelgewerbetreibenden vorgenommen, auch wenn „Geldgeschäfte“ ‒ zu denen die Rechtsprechung auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zählt ‒ bei einem Freiberufler in der Regel nicht betrieblich veranlasst sind, weil sie nicht dem maßgebenden Berufsbild entsprechen (BFH 10.4.19, X R 28/16). |
Maßgebend für die Zuordnung einer Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen ist deren Bedeutung für das Einzelunternehmen. Laut Sachverhalt erzielte der Kläger mit drei GmbHs, an denen er mittelbar und unmittelbar beteiligt war, 99,9 % des Umsatzes seines Einzelunternehmens. Das Einzelunternehmen des Klägers war daher auf die Geschäftsbeziehung mit den drei Beteiligungsgesellschaften existenziell angewiesen. Von einer bloßen Kapitalanlage konnte hier schon angesichts der überragenden Bedeutung der Beteiligung für das Einzelunternehmen nicht ausgegangen werden. Der Zuordnung einer Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen steht auch nicht entgegen, wenn die dauerhaften und intensiven Geschäftsbeziehungen nicht unmittelbar zu der Beteiligungsgesellschaft bestehen, sondern zu einer Gesellschaft, die von der Beteiligungsgesellschaft beherrscht wird.
Da die Beteiligung an der B-GmbH zum notwendigen Betriebsvermögen des gewerblichen Einzelunternehmens des Klägers gehört, ist die an den Kläger von dieser Gesellschaft ausgeschüttete Dividende den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen (§ 20 Abs. 8 S. 1 EStG). Die Abgeltungswirkung des Kapitalertragsteuerabzugs tritt daher nicht ein (§ 43 Abs. 5 S. 2 EStG).
PRAXISTIPP | Das FG hatte der Klage hingegen stattgegeben. Es hatte sich jedoch ‒ fälschlicherweise, so der BFH ‒ auf ein zu einer Mitunternehmerschaft ergangenes Urteil des BFH (23.2.12, IV R 13/08) gestützt. Danach bedeute der Umstand, dass ein Einzelunternehmer nahezu sämtliche Umsätze mit einer verbundenen GmbH erziele, nicht zwingend, dass die Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen gehöre. Vielmehr müsse die bestehende wirtschaftliche Verflechtung den Schluss zulassen, dass der Einzelunternehmer seine bei der Kapitalgesellschaft bestehende Machtposition in den Dienst des Einzelunternehmens stelle. Die Beteiligung müsse in erster Linie im geschäftlichen Interesse des Einzelunternehmens gehalten werden; der Gesichtspunkt der privaten Vermögensanlage dürfe daneben keine Rolle spielen. Unterhalte die Kapitalgesellschaft neben ihren Beziehungen zum Einzelunternehmen einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb, könne regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Einzelunternehmer seine Einflussmöglichkeiten auf die Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Interesse seines Einzelunternehmens ausübe. |