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  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis trotz Weiterarbeit

    | Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis (§ 18 Abs. 3 i. V. mit § 34 EStG ) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Die „definitive“ Übertragung eines Mandantenstamms lässt sich erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen. Sie hängt von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab, die das FG als Tatsacheninstanz zu würdigen hat (BFH 21.8.18, VIII R 2/15). |

     

    Der klagende Steuerberater hatte seine Einzelpraxis an ein KG verkauft und war für die KG noch weiter Mandate akquirierend und beratend tätig. Die Vorinstanz war zu dem Ergebnis gekommen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Einzelkanzlei nicht als begünstigter, laufender Gewinn zu erfassen sei. Weil der Steuerberater nach 22 Monaten wieder eine Einzelpraxis, eröffnet hatte, war es nicht zu einer definitiven Übertragung des Mandantenstamms auf den Erwerber gekommen.

     

    Nach ständiger BFH-Rechtsprechung setzt die tarifbegünstitigte Veräußerung einer Praxis voraus, dass der Steuerpflichtige die für die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich auf einen anderen überträgt. Hierzu gehören insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis wie Mandantenstamm bzw. Praxiswert. Darüber hinaus muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit einstellen.

     

    Laut BFH haben folgende Faktoren einen Einfluss darauf, ob ein Mandantenstamm als definitiv übertragen gilt: Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate, eine zwischenzeitliche Tätigkeit des Veräußerers als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter des Erwerbers sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen.

     

    PRAXISTIPP | Nimmt der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit nach einer gewissen Zeit wieder auf, kann dies im Übrigen auch dann schädlich sein, wenn die Wiederaufnahme zum Zeitpunkt der Übertragung der Praxis nicht geplant war. Maßgebend ist allein, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen ist. Daran kann es allein durch die tatsächliche Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit fehlen, auch wenn diese ursprünglich nicht geplant war. Maßnahmen des Veräußerers, die wegen einer von Anfang an geplanten Wiederaufnahme dazu dienen sollen, die spätere Zurückgewinnung der Mandanten zu erleichtern, können eine definitive Übertragung des Mandantenstamms von vorneherein ausschließen bzw. die erforderliche Zeitspanne für die Einstellung der Tätigkeit verlängern.

     
    Quelle: ID 45627364