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Bei Fahrten zu einem einzigen Kunden nur Entfernungspauschale?
| Wenn ein Selbstständiger seine Tätigkeit dauerhaft am Sitz seines ‒ einzigen ‒ Kunden ausübt, ist nur die Entfernungspauschale anzusetzen (FG Rheinland-Pfalz 19.6.24, 1 K 1219/21, Rev. BFH VIII R 15/24). |
Hintergrund
Arbeitnehmer können Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nur mit der Entfernungspauschale geltend machen (0,30 EUR pro Entfernungskilometer ab. dem 21.: 0,38 EUR). Erste Tätigkeitsstätte kann auch der Betrieb eines Kunden oder eines verbundenen Unternehmens sein, wenn der Arbeitnehmer dort längerfristig tätig wird und wenn der Mitarbeiter vom Arbeitgeber diesem Betrieb dauerhaft zugeordnet ist. Dies ist der Fall, wenn der Mitarbeiter dort von vornherein länger als 48 Monate oder für die Dauer des Dienstverhältnisses tätig wird. Was aber gilt bei Selbstständigen, wenn diese dauerhaft nur einen einzigen Kunden besuchen? Gilt dann ebenfalls (nur) die Entfernungspauschale oder die Dienstreisepauschale (0,30 EUR je gefahrenem Kilometer) bzw. die tatsächlichen Aufwendungen?
Sachverhalt
Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2016 bis 2018 als IT-Berater Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Seine Tätigkeit übte er an vier Tagen pro Woche am Sitz seines einzigen Kunden aus. Er machte die Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zum Kunden und zurück als Betriebsausgaben geltend, und zwar nach Dienstreisegrundsätzen. Das FA hingegen vertrat die Auffassung, dass dem Begriff der ersten Tätigkeitsstätte in § 9 EStG, der seit 2014 für den Bereich der Werbungskosten gilt, auch Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 EStG zukomme, also für den Bereich der Betriebsausgaben von Selbstständigen. Das FA stützte sich insoweit auf das BMF (23.12.14, IV C 6 - S 2145/10/10005: 00, BStBl I 15, 26) und wollte nur die Entfernungspauschale zulassen.
Entscheidungsgründe
Das FG stellte allerdings direkt darauf ab, wo sich die Betriebsstätte des Selbstständigen befindet. Auf den seit 2014 geltenden Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ komme es dabei nicht an. Vielmehr müsse der Betriebsstättenbegriff anhand der bisherigen BFH-Rechtsprechung eigenständig ausgelegt werden. Im vorliegenden Fall sei der Sitz des einzigen Kunden des Klägers als seine Betriebsstätte anzusehen, sodass er seine Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben geltend machen könne. Die Wohnung des Klägers bzw. sein häusliches Arbeitszimmer stellen hingegen keine Betriebsstätte dar.
Relevanz für die Praxis
Das Gericht hat die Revision zugelassen: Es liege noch keine Entscheidung des BFH zu der hier streitigen Frage vor. Zudem werde von der Auffassung des BMF im o.g. Schreiben abgewichen, wonach die Bestimmung des Begriffs der „Betriebsstätte“ unter Rückgriff auf § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG erfolgen soll.