· Nachricht · Gestaltungen in der Familie
Mit Zuwendungsnießbrauch Steuern sparen
von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de
| Der BFH (20.6.23, IX R 8/22) hat das Modell „zeitlich befristeter Zuwendungsnießbrauch“ bestätigt ‒ und zwar selbst für die Fälle, in denen die Kinder bei Einräumung des Nießbrauchrechts noch minderjährig sind. |
1. Gestaltungsmodell
Meist unterliegen Eltern mit ihren Einkünften einem höheren Steuersatz als die Kinder. Da wäre es aus steuerlicher Sicht sinnvoll, wenn Eltern den Kindern eine Einkunftsquelle übertragen würden, damit nicht sie selbst, sondern die Kinder die entsprechenden Einkünfte mit einem wesentlich niedrigeren Steuersatz versteuern müssen. Allerdings wollen manche Eltern den Zugriff auf die Einkommensquelle nicht für alle Zeiten verlieren.
Sofern die Eltern über eine vermietete Immobilie verfügen, aus der sie (hohe) Überschüsse generieren, räumen sie den Kindern einen zeitlich befristeten Zuwendungsnießbrauch an der Immobilie ein. Folge: Den Kindern fließen die Überschüsse aus der Immobilie für vielleicht (nur) sechs oder sieben Jahre zu; dann erlischt der Nießbrauch und die Eltern können wieder selbst über die Mieteinnahmen verfügen. Während der Dauer des Nießbrauchs versteuern aber die Kinder die Mieteinkünfte mit ihrem persönlichen Steuersatz. Studieren die Kinder noch, können sie sogar den Sonderausgabenabzug von bis zu 6.000 EUR für ihre Studienkosten geltend machen und zusätzlich den Grundfreibetrag ausnutzen, so dass sich die Studienkosten steuerlich auswirken, die sonst vielfach ins Leere gehen.
2. Steuerliche Bewertung
Es handelt sich um ein Gestaltungsmodell, das bei sauberer Durchführung von der Finanzverwaltung akzeptiert werden muss (so auch FG Baden-Württemberg 13.12.16, 11 K 2951/15, rkr.). Nun wurde das Modell auch höchstrichterlich bestätigt ‒ und zwar sogar in einem Nießbrauchsfall mit minderjährigen Kindern und Ergänzungspflegschaft. Konkret ging es um ein bebautes Gewerbegrundstück, das an die GmbH der Eltern vermietet war und an dem die Eltern den Kindern ein Nießbrauchsrecht eingeräumt hatten. Das FA und FG versagten dem Modell zunächst die steuerliche Anerkennung, doch der BFH (20.6.23, IX R 8/22) hat der Revision stattgegeben. Die zeitlich befristete Übertragung der Einkunftsquelle auf die Kinder war zulässig; denn
- der Nießbrauch wurde bürgerlich-rechtlich wirksam begründet;
- das Mietverhältnis hielt steuerlich auch einem Fremdvergleich stand;
- ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) lag nicht vor, weil die Immobilie von den Nießbrauchern, also den Kindern, an einen „fremden Dritten“, nämlich an die GmbH, und nicht an die Eltern vermietet wurde;
- selbst die Befristung der Übertragung der Einkunftsquelle und der Umstand, dass die Eltern ihren Kindern noch den Unterhalt schuldeten, änderten nichts an der Bewertung.
3. Praxishinweise für die Gestaltung
Wer das Modell durchführen möchte, sollte auf einige Punkte achten:
- 1. Sohn oder Tochter müssen tatsächlich Vermieter sein, das heißt, die Mieter sind zu informieren und die Mieten sind auf ein Konto des Kindes zu zahlen.
- 2. Es darf keine „Rückvermietung“ an den Eigentümer, also den Nießbrauchgeber, erfolgen. Im Urteilsfall war das kein Problem, weil die Immobilie zwar an die GmbH der Eltern vermietet wurde, nicht aber an die Eltern selbst.
- 3. Bei einem Zuwendungsnießbrauch verliert der Eigentümer mangels eigener Einkünfte seine AfA-Berechtigung, während der Nießbrauchnehmer diese mangels eigenen Aufwands nicht erlangt. Dieser Nachteil muss in Kauf genommen werden.
- 4. Bei Immobilien ist die Bestellung eines Nießbrauchs notariell zu beurkunden und im Grundbuch einzutragen. Ist das Kind, dem ein Zuwendungsnießbrauch eingeräumt werden soll, noch minderjährig, ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
- 5. Es ist zu prüfen, ob sich sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen ergeben, das heißt, ob das Kind durch die Einräumung des Nießbrauchrechts aufgrund der dann vorhandenen eigenen Einkünfte aus der Familienversicherung ausscheidet.
- 6. Es muss geklärt werden, wer Reparaturaufwendungen zu tragen hat. Grundsätzlich gilt: Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen (§ 1041 BGB; zu außergewöhnlichen Aufwendungen vgl. § 1042 BGB). Vertraglich könnte zwar vereinbart werden, dass die Höhe, bis zu der der Nießbrauchnehmer die Kosten für Instandhaltung, Modernisierung und Umbau zu tragen hat, beschränkt wird. Allerdings ist eine solche Klausel mit Bedacht zu wählen und sollte so formuliert sein, dass ihr auch ein fremder Dritter zustimmen würde, um die Anerkennung der Gestaltung nicht zu gefährden.
Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn Darlehen vorhanden sind. Hier muss gegebenenfalls mit der Bank gesprochen werden. In der Regel wird diese einem Wechsel des Darlehensnehmers nur zustimmen, wenn Vater/Mutter weiter als Bürge auftreten. Von daher kann ein solcher Wechsel auch von vornherein unterbleiben; Sohn/Tochter sollten dem Vater/der Mutter die von ihm/ihr zu zahlenden Darlehenszinsen lediglich ersetzen.
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Die unentgeltliche Einräumung des Zuwendungsnießbrauchs ist schenkungsteuerlich zu würdigen (zu Einzelheiten vgl. § 23 ErbStG). In aller Regel dürfte aufgrund des persönlichen Freibetrags von 400.000 EUR zwar keine Schenkungsteuer anfallen. Allerdings sollte der Nießbrauch bei eventuellen weiteren Zuwendungen innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums des § 14 ErbStG berücksichtigt werden. Sofern lediglich ein Kind vorhanden ist, werden erbrechtliche Fragen üblicherweise keine große Rolle spielen. Sofern die Steuerzahler jedoch mehrere Kinder haben, wäre vertraglich gegebenenfalls zu regeln, welche Folgen sich im Falle des Versterbens eines oder beider Elternteile hinsichtlich des eingeräumten Nießbrauchrechts ergeben, damit keine ungewollten Auswirkungen (z.B. eine Versorgungslücke des überlebenden Ehegatten) entstehen. |