· Fachbeitrag · Gewinnermittlung
Zurückbehaltung von Forderungen bei der Einbringung eines Betriebs nach § 24 UmwStG
von StB Thomas Ketteler-Eising, Köln, www.laufmich.de
| Bei der Einbringung nach § 24 UmwStG durch Einnahmen-Überschussrechner fordert die Finanzverwaltung eine Einbringungsbilanz mit Wechsel der Gewinnermittlungsart zur Bilanzierung, selbst wenn die Einbringung zum Buchwert erfolgt und der Gewinn wieder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Der BFH (4.12.12, VIII R 41/09 ) hat nunmehr erneut entschieden, dass zurückbehaltene Forderungen nicht in der Einbringungsbilanz und damit nicht in einer Übergangsgewinnermittlung zu erfassen sind. Zurückbehaltene Forderungen können dem Einbringenden als Restbetriebsvermögen verbleiben und werden erst bei Zufluss erfolgswirksam erfasst. |
1. Sachverhalt
Der Kläger war Steuerberater und führte zunächst seine Kanzlei als Einzelpraxis. 1997 brachte er seine Kanzlei unter Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven in eine Sozietät ein. Forderungen und Verbindlichkeiten, die bis zum Einbringungszeitpunkt entstanden waren, wurden nicht mit eingebracht. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass sämtliche Forderungen in der Übergangsbilanz zu aktivieren seien, unabhängig davon, ob sie tatsächlich mit in die Sozietät eingebracht wurden. Die Klage des Steuerberaters hatte Erfolg (FG Münster 23.6.09, 1 K 4263/06, EFG 09, 1915). Auch der BFH bestätigt die Entscheidung und gab dem Steuerberater im Revisionsverfahren ebenfalls Recht.
2. Die Auslegung der Finanzverwaltung
Wird ein Einzelunternehmen in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG eingebracht, sind sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen einzubringen (ggf. teilweise in das Sonderbetriebsvermögen) und der Einbringende muss Mitunternehmer der Personengesellschaft werden. Die Personengesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen zunächst grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Auf Antrag kann das Betriebsvermögen aber mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden.
Der Antrag ist gemäß § 24 Abs. 2 S. 3 i.V. mit § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG von der übernehmenden Personengesellschaft spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Da Freiberufler für gewöhnlich ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln und diese auch im Anschluss an eine Einbringung fortführen, fehlt es an einer entsprechenden Schlussbilanz. Die Finanzverwaltung fordert daher die Erstellung einer Einbringungsbilanz, verbunden mit einem Übergang zur Gewinnermittlung nach Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und damit einer Übergangsgewinnermittlung (vgl. BMF 11.11.11, IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl I 11, 1314, Rz. 24.03 i.V. mit R 4.5 (6) EStR). Diese Auffassung wird auch in den Fällen der steuerneutralen Einbringung zum Buchwert vertreten.
3. Die Auffassung des Bundesfinanzhofs
Bereits in einer älteren Entscheidung hatte der BFH (14.11.07, XI R 32/06, PFB 08, 220) Folgendes ausgeführt: Dem Grunde und der Höhe nach unstreitige Forderungen, die anlässlich einer Einbringung zurückbehalten werden, kann der Steuerpflichtige nach der Einbringung auch ohne Betrieb als Restbetriebsvermögen behandeln. Werden betriebliche Forderungen von der Einbringung ausgenommen, tritt - vom Fall einer Entnahme (Anm.: ausdrückliche Übernahme ins Privatvermögen) abgesehen - keine Gewinnrealisierung zum Einbringungszeitpunkt ein. Von einer Einbeziehung dieser Forderungen in die Ermittlung des Übergangsgewinns kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die in den Forderungen enthaltenen betrieblichen Werte der Besteuerung nicht verloren gehen.
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Forderungen weiterhin zum Restbetriebsvermögen des Einbringenden gehören. Denn bei Zahlungseingang wird durch den Zufluss ein Gewinn realisiert, der bei der Einkommensteuerveranlagung des Zuflussjahres als nachträgliche Einkünfte gemäß § 24 Nr. 2 EStG erfasst wird. Das Restbetriebsvermögen ist nicht in der Einbringungsbilanz zu erfassen. Auf der Grundlage der Einbringungsbilanz wird der Einbringungsgewinn ermittelt. Nach § 24 Abs. 2 UmwStG ist das eingebrachte Betriebsvermögen zu bilanzieren, also nicht ein vom Einbringenden zurückbehaltenes Wirtschaftsgut.
PRAXISHINWEIS | Damit verneinte der BFH seinerzeit zwar nicht die Notwendigkeit einer Einbringungsbilanz als Grundlage der Ermittlung eines Einbringungsgewinns. Werden jedoch sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten von der Einbringung ausgenommen, ergibt sich bei einer Einbringung mit Antrag zum Buchwert in der Regel kein wesentlicher steuerlicher Übergangsgewinn. Ein gewisser Übergangsgewinn ergibt sich im Einzelfall z.B. aus der Aktivierung des eingebrachten Umlaufvermögens (z.B. zu aktivierende Vorräte an Praxismaterial). |
Werden die Forderungen in den kommenden Jahren vereinnahmt, so sind sie als nachträgliche Einnahmen gem. § 24 Nr. 2 EStG der Einzelpraxis zu versteuern. Sie sind nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der übernehmenden Personengesellschaft zu erfassen.
Bezeichnenderweise hatte die Finanzverwaltung das Urteil (BFH 14.11.07, a.a.O.) nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Das Urteil wurde damit nicht als allgemeinverbindlich anerkannt. Es war aber nur eine Frage der Zeit bis ein weiteres Verfahren an den BFH herangetragen würde. Im neuen Verfahren (VIII R 41/09) wurde zudem das BMF mit Beschluss vom 26.6.12 aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Das BMF ist auch dem aktuellen Verfahren beigetreten und hat schriftlich sowie in der mündlichen Verhandlung zu den aufgeworfenen Fragen Stellung genommen. Es unterstützt und vertieft die Auffassung des Finanzamtes.
Angesichts des bereits am 14.11.07 ergangenen BFH-Urteils war aber damit zu rechnen, dass die erneute Revision der Finanzverwaltung keinen Erfolg haben würde. Der VIII. Senat hat auch dem XI. Senat zugestimmt und in seinen Leitsätzen folgende Grundsätze aufgestellt:
- Honorarforderungen eines Steuerberaters können als unwesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Einbringung nach § 24 UmwStG zurückbehalten werden.
- Entnimmt der Steuerpflichtige die zurückbehaltenen Forderungen nicht ausdrücklich in sein Privatvermögen, verbleiben sie in seinem Restbetriebsvermögen.
- Die zur Ermittlung des Einbringungsgewinns erforderliche Übergangsgewinnermittlung erstreckt sich nur auf tatsächlich eingebrachte Wirtschaftsgüter.
- Ermittelte der Steuerpflichtige vor der Einbringung seiner Praxis den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind die zurückbehaltenen Forderungen als nachträgliche Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG im Zuflusszeitpunkt zu erfassen.
PRAXISHINWEIS | Offengelassen hat der VIII. Senat (weil nicht entscheidungserheblich), ob dem Einbringenden ein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart zugestanden hätte oder ob dies nur nach § 4 Abs. 3 EStG möglich gewesen wäre. Ein Wahlrecht dürfte zu bejahen sein, weil grundsätzlich ein Wechsel der Gewinnermittlungsart möglich ist (vgl. R 4.6 EStR). Sinnvoll dürfte dies aus steuerlicher Sicht in der Vielzahl der Fälle aber nicht sein. Theoretisch könnte nun das BMF auf die beiden Urteile noch mit einem Nichtanwendungserlass reagieren. Angesichts der Einigkeit zwischen dem XI. Senat und dem VIII. Senat hätte dies wenig Sinn. In weiteren Klageverfahren vor den Finanzgerichten kann bei dieser Ausgangslage jedenfalls mit einem positiven Ausgang gerechnet werden, da man sich mittlerweile auf eine gefestigte Rechtsprechung berufen kann. |
4. Fazit für den Einbringenden
Bringt ein Einnahmen-Überschussrechner (§ 4 Abs. 3 EStG) seinen Betrieb nach § 24 UmwStG ein, können die Zahlungen, die auf seine zurückbehaltenen Honorarforderungen geleistet werden, erst mit dem tatsächlichen Zufluss i.S. des § 11 EStG als nachträgliche Betriebseinnahmen erfasst werden. Der Einbringende sollte entsprechend dann - von Ausnahmen abgesehen - auch freiwillig keine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG durchführen und dem Finanzamt einreichen. Aufzustellen ist allerdings eine Einbringungsbilanz, die sämtliche in das Gesamthandsvermögen und ggf. in das Sonderbetriebsvermögen eingebrachte Wirtschaftsgüter enthält.