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  • · Nachricht · Inflationsausgleichsprämie

    Eltern in Elternzeit können von der Inflationsausgleichsprämie ausgeschlossen werden

    | Ein Tarifvertrag darf den Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen (LAG Düsseldorf 14.8.24, 14 SLa 303/24, Rev. zugelassen). Das Urteil ist zwar zu einem Tarifvertrag im öffentlichen Dienst ergangen, dürfte aber auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer sinngemäß Bedeutung haben. |

     

    Sachverhalt

    Vom 26.10.22 bis zum 31.12.24 konnten Arbeitgeber einen Betrag von bis zu 3.000 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei zuwenden (§ 3 Nr. 11c EStG), wobei der Arbeitgeber nicht gezwungen war, alle Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Im vorliegenden Fall zahlte der tarifgebundene kommunale Arbeitgeber einer Mitarbeiterin, solange sich diese in Elternzeit befand, keinen Inflationsausgleich nach dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise vom 22.4.23. Die Mitarbeiterin war der der Ansicht, dass dieser Tarifvertrag gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoße.

     

    Entscheidung

    Nach Ansicht des LAG verstößt die tarifliche Regelung nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot. Die Tarifvertragsparteien durften regeln, dass mindestens an einem Tag im Monat Entgelt bezogen worden sein muss, um einen Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie zu haben. Weil das Arbeitsverhältnis aber während der Elternzeit ruht, hatte die Klägerin keinen Entgeltanspruch. Diese Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt und stellt keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolgt. Er ist arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet. Fehlt es daran völlig, weil nicht an einem Tag ein Entgeltanspruch besteht, besteht kein Anspruch.

     

    Soweit Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, einen Inflationsausgleich erhalten, erfolgt dies aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Für diese durften die Tarifvertragsparteien andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Die Inanspruchnahme einer Elternzeit ist im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes tritt dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

     

    Das LAG hat der Klägerin lediglich aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit für den Monat Dezember 2023 einen Inflationsausgleich von 220 Euro zugesprochen. Sie hatte in diesem Monat an einem Tag Anspruch auf Arbeitsentgelt. Für die Höhe der Inflationsausgleichsprämie ist die am ersten Tag des Bezugsmonats vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich. Diese war am 1.12.23 noch fiktiv 100 Prozent. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 8.000 EUR wegen unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung (§ 15 Abs. 2 AGG) hatte keinen Erfolg, weil die Kommune die Klägerin nicht wegen des Geschlechts diskriminiert hat.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das Urteil hat zunächst im Bereich des öffentlichen Dienstes Bedeutung, da hier offenbar laut vielen Tarifverträgen kein ausdrücklicher Anspruch auf die Inflationsausgleichspauschale für Mitarbeiter in Elternzeit besteht. Der Marburger Bund führt beispielsweise aus: „Lediglich in einem Tarifbereich konnten von uns die in Elternzeit befindlichen Ärztinnen und Ärzte in den Kreis der Anspruchsberechtigten mitaufgenommen werden.“ Und die Caritas schreibt (noch zum Urteil der Vorinstanz): „Die nun vorliegende Entscheidung und die weiteren Entwicklungen in der Sache sind aufgrund der vergleichbaren Anspruchsberechtigungsregelung in Anlage 1c AVR auch für den Bereich der AVR Caritas von großer Bedeutung.“

     

    Das aktuelle Urteil liegt übrigens auf einer Linie mit einem früheren Urteil des LAG Düsseldorf (5.3.24, 14 Sa 1148/23). Dort ging es um die „Benachteiligung“ von Arbeitnehmern in der Passivphase. Das Gericht entschied hierzu: Es liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, wenn die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer, die sich am Stichtag in der Passivphase der Altersteilzeit befunden haben, von der Zahlung einer derartigen Inflationsausgleichsprämie ausnehmen. Eine Ausnahme für Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit kann bei einer derartigen Inflationsausgleichsprämie mittelbar benachteiligend wegen des Alters und wegen der Teilzeittätigkeit sein, ist aber durch die Ziele der Vergütung der Arbeit zum Auszahlungszeitpunkt und der Belohnung der zukünftigen Betriebstreue gerechtfertigt.

     

    Allerdings gibt es auch Grenzen der Differenzierung. So führt beispielsweise das ArbG Stuttgart (14.11.23, 3 Ca 2173/23) in einem Urteil aus, dass die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie zwar grundsätzlich von der zukünftigen Betriebstreue abhängig gemacht werden kann. Allerdings wäre es unzulässig, befristet beschäftigte Arbeitnehmer gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern zu benachteiligen. Beispielsweise wäre es schädlich, wenn es für unbefristet Beschäftigte lediglich darauf ankommt, dass im Januar 2023 ein ungekündigtes Beschäftigungsverhältnis vorliegt, während von befristet Beschäftigten zusätzlich verlangt wird, dass das Befristungsende am 31.12.23 oder später liegt).

    Quelle: ID 50129640