· Fachbeitrag · Instandhaltungsaufwand
Aufwendungen zur Beseitigung nachträglicher Schäden sind keine anschaffungsnahen Herstellungskosten
von WP/StB Dipl.-Kfm. Thomas Karch, Krefeld, www.vpmed.de
Ausnahmsweise können Aufwendungen, die innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Kauf anfallen und die die Grenze von 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes überschreiten, keine anschaffungsnahen Herstellungskosten, sondern sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen sein. Das ist der Fall, wenn der Aufwand zur Beseitigung von Schäden dient, die nach Erwerb entstanden sind (FG Düsseldorf 21.01.16, 11 K 4274/13 E, Rev. BFH I X 6/16, Einspruchsmuster). |
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb eine Mietwohnung in mangelfreiem (!) Zustand. Das zum Zeitpunkt des Erwerbs bestehende Mietverhältnis wurde übernommen. Nach einer durch die Klägerin durchgeführten Nebenkostenabrechnung kam es zu einem Zahlungsausfall, da die Mieterin den geforderten Betrag nicht zahlen wollte. Die Klägerin kündigte daraufhin das Mietverhältnis. Die Wohnung wurde von der Mieterin in einem verwahrlosten Zustand hinterlassen (eingeschlagene Scheiben und Türen, Schimmelbefall, zerstörte Bodenfliesen). Die Klägerin wendete rund 20.000 EUR zur Beseitigung der Schäden auf, die als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht wurden. Das FA qualifizierte die Aufwendungen hingegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten, da die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) 15 % der Anschaffungskosten der Wohnung (Gebäudeanteil) überschritten. Die Klage vor dem FG war erfolgreich.
Anmerkungen
Das FG hat sich in seiner Entscheidung bei Schäden am Vermietungsobjekt nach Erwerb gegen eine Auslegung von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nach dem Wortlaut ausgesprochen. Der entscheidende Senat ist vielmehr der Auffassung, dass die Vorschrift in Fällen von Schäden an Gebäuden, die nach Erwerb entstanden sind, einer teleologischen Reduktion bedarf. Der Gesetzgeber wollte Fälle, in denen Schäden erst nach dem Erwerb eingetreten sind, nicht in die anschaffungsnahen Herstellungskosten einbeziehen. Es sollen vielmehr nur die Fälle erfasst werden, bei denen Renovierungsmaßnahmen nach dem Erwerb durchgeführt werden, deren Verursachung aber im Erwerbszeitpunkt schon gegeben war und die somit nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise ergänzend zu den Anschaffungskosten zu aktivieren sind.
Das FG hat in seiner Entscheidung zudem darauf hingewiesen, dass - auch aus Gründen der Systematik - Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden eines Vermietungsobjektes, die erst nach dessen Erwerb angefallen sind, nicht in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen. Denn so ist in Fällen eines eingetretenen Substanzverlustes - wie im vorliegenden Fall - eine AfaA möglich, die zu sofort abziehbaren Werbungskosten führt.
Praxishinweis
Die Abgrenzung der sofort abziehbaren Instandhaltungskosten von den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten beschäftigt Gerichte im Handels- wie im Steuerrecht seit Jahren.
Im Handelsrecht wird der Einzelfall geprüft
Handelsrechtlich gehören nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB zur Herstellung eines Wirtschaftsguts nur solche Aufwendungen, die seiner Herstellung, seiner Erweiterung oder einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung dienen. Die Abgrenzung der Herstellungskosten von den nicht aktivierbaren Instandhaltungskosten ist besonders problematisch bei Aufwendungen für Gebäude, die kurze Zeit nach der Anschaffung anfallen. Im Handelsrecht wird für jeden Einzelfall von anschaffungsnahen Herstellungskosten nach dem Kauf von Gebäuden geprüft, ob es sich dabei um zustandserhaltende oder um zustandsverbessernde Kosten handelt (siehe IDW RS IFA 1, IDW Fachnachrichten 2014, S. 246 ff.).
Im Steuerrecht gibt es eine Typisierung
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG unterstellt, dass Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und dabei eine bestimmte Höhe erreichen, als Herstellungskosten anzusetzen sind. Ausnahmen gelten nur für Schönheitsreparaturen, die üblicherweise jährlich anfallen.
Die Finanzverwaltung interpretiert diese Regelung so, dass sämtliche Instandhaltungskosten, die den Umfang von bloßen Schönheitsreparaturen überschreiten und innerhalb des gesetzlich geregelten Zeitraums anfallen, aufgrund des typisierenden Charakters der Vorschrift als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu qualifizieren sind, auch wenn es sich nach den allgemeinen Regeln um Erhaltungsaufwand handelt (so auch BFH 25.8.09, IX R 20/08, BStBl II 10, 125 unter II.2.b., Schmidt, EStG, § 6 Tz. 386).
Der Entscheidung des FG folgend sind künftig mit Blick auf Zweck und Entstehungsgeschichte des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten zwei Fallgruppen zu unterscheiden:
- Beseitigung von Schäden, deren Verursachung im Erwerbszeitpunkt gegeben war: Die Typisierung soll Fälle treffen, in denen zeitnah nach der Anschaffung Aufwendungen anfallen, um das Gebäude in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen oder bei Kauf vorhandene Mängel zu beseitigen. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Aufwendungen genau genommen noch zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören und daher auch nur zusammen mit den Anschaffungskosten abzuschreiben sind.
- Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die nach Erwerb des Gebäudes entstanden sind: Wenn die Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden anfallen, die eindeutig erst nach dem Erwerb des Gebäudes entstanden sind und in keinem Zusammenhang mit dem Kauf oder der Betriebsbereitschaft des Gebäudes im Zeitpunkt des Kaufs gestanden haben können, sind die dann aufgewendeten Instandhaltungskosten sofort abzugsfähig und gehören nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten.