· Fachbeitrag · Kleinunternehmerregelung
§ 19 UStG bei einer Geschäftsübernahme
von StB Jürgen Derlath, Münster
Der Begriff des Unternehmers bzw. der unternehmerischen Tätigkeit kann bei Auslegung des § 19 UStG nicht anders gesehen werden als bei Auslegung des § 15 UStG. Mit Blick darauf folgt, dass das Erstjahr bereits durch Vorbereitungshandlungen begründet werden kann und es auf die Erzielung tatsächlicher Umsätze nicht ankommt (FG Münster 25.2.20, 15 K 61/17 U). |
Sachverhalt
Geklagt hatte ein eBay-Händler. Er hatte 2013 einen Internet-Einzelhandel auf den 1.1.14 angemeldet, den er von seiner Ehefrau übernommen hatte. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung hatte er angegeben, dass die Umsätze im ersten Jahr wohl 15.000 EUR betragen werden und behandelte seine Ausgangsumsätze nach der Kleinunternehmerregelung. Tatsächlich erzielte er im ersten Jahr einen Umsatz von über 90.000 EUR. Das FA forderte von ihm die Umsatzsteuer i. H. v. 19 %: Einerseits sei die Umsatzgrenze von 17.500 EUR deutlich überschritten worden, andererseits habe der Steuerpflichtige das bei der Anmeldung auch wissen können, da er einen laufenden Online-Handelsbetrieb übernommen habe. Dem widersprach der Steuerpflichtige mit dem Argument, dass er bereits 2013 Ware eingekauft habe. Für 2014 sei daher die Grenze von 50.000 EUR maßgebend, deren Überschreitung nicht absehbar gewesen sei. Das FG stellte sich auf die Seite des Steuerpflichtigen.
Entscheidungsgründe
Der Umsatz hat 2013 0 EUR betragen und damit die Grenze von 17.500 EUR nicht überschritten. 2014 lag er zwar deutlich über der Grenze von 50.000 EUR, was jedoch für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ‒ da nicht absehbar ‒ unschädlich war. Die Prognose war somit nicht zu beanstanden. Das FG ging aufgrund von Vorbereitungshandlungen davon aus, dass der Steuerpflichtige bereits 2013 Unternehmer war und somit 2013 als Erstjahr i. S. v. § 19 UStG anzusehen ist. Die Anmeldung auf den 1.1.14 war insoweit unbeachtlich. Dass der Steuerpflichtige weder in seiner Einkommensteuererklärung 2013 noch im steuerlichen Erfassungsbogen eine unternehmerische Tätigkeit bereits für 2013 angegeben hatte, mochte aus Sicht des FG ein formelles Versäumnis darstellen. Da es aber für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung keines Antrags bedarf, stand dies der Annahme, dass 2013 das Erstjahr seiner unternehmerischen Tätigkeit war, nicht entgegen (vgl. FG Thüringen 11.1.17, 3 K 758/15).
PRAXISTIPP | Das FG argumentiert mit einer Entscheidung des BFH (17.9.98, V R 28/98), wonach § 19 Abs. 1 UStG anwendbar ist, wenn der Umsatz im Jahr der Vorbereitung 0 bis maximal (nunmehr) 22.000 EUR betragen hat. Der Argumentation folgten auch das FG München (9.7.03, 3 K 4787/01), Teile des Schrifttums (vgl. Kulmsee in Offerhaus/Söhn/Lange, USt, Stand 12/2019, § 19 Rz. 55) und nicht zuletzt die Finanzverwaltung selbst (OFD Frankfurt am Main 21.4.10, S 7361 A-2-St 16, FMNR37b310010). |