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Keine Gewinnerzielungsabsicht trotz dreier Angestellter?
| Werden andere Einkünfte geringer besteuert, weil sie der Steuerpflichtige mit den Verlusten der freiberuflichen Tätigkeit verrechnen kann, liegt bereits in dieser Steuerminderung eine Ersparnis, die als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht zu werten ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerersparnis durch zahlungswirksame Betriebsausgaben wie Personalkosten (also nicht durch Buchverluste) entsteht und der Saldo aus tatsächlichen Betriebsausgaben und möglicher Steuerersparnis negativ wäre. ( FG Münster 22.8.12, 7 K 2000/11 E ). |
Geklagt hatte ein Rechtsanwalt, dessen Kanzlei mit zwei angestellten Rechtsanwälten und der mitarbeitenden Ehefrau seit 1995 vor allem aber in den Streitjahren 2003 bis 2010 Jahr für Jahr Verluste einfuhr, der selbst aber positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung hatte. Für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht sprach nach Ansicht des Klägers unter anderem, dass er die Kanzlei mit vollem persönlichem Einsatz in Vollzeit ausübe und durchgehend mindestens drei Angestellte beschäftige.
Das FG Münster sah das anders: Zwar spricht bei einer Anwaltskanzlei der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Anwalt seine Kanzlei in der Absicht betreibt, Gewinne zu erzielen; denn ein Unternehmen dieser Art ist regelmäßig nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Dies kann allerdings nicht in der Weise verstanden werden, dass bei einer Anwaltskanzlei automatisch eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden kann. Vielmehr entfällt auch bei einer Anwaltskanzlei ein für die Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis bereits dann, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren.
Persönliche Gründe sind alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive. Als relevante Indizien für die Führung des Verlustbetriebs aus persönlichen Gründen hat die Rechtsprechung - gerade auch im Fall einer Rechtsanwaltskanzlei - im Wesentlichen zwei zu würdigende Umstände entwickelt:
- Zum einen erscheint es als persönliches Motiv, wenn dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, mit denen er seine freiberuflichen Verluste verrechnet und hierdurch Steuern spart.
- Zum anderen spricht als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn es der Steuerpflichtige trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs zu ergreifen. Insofern besteht eine Reaktions- oder Umstrukturierungspflicht. Auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht nicht allein wegen der Tatsache langjähriger Erwirtschaftung von Verlusten und fehlender Reaktion auf bereits eingetretene hohe Verluste verneint werden kann, ist das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten doch als ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu werten. Denn es lässt den Schluss zu, dass die Betriebsführung nicht ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war.
In diesem Fall hätte die Kanzlei mit Gewinn geführt werden können, wenn der Kläger auf das Personal verzichtet hätte, das er nach seinem eigenen Vortrag ohnehin zur Mandatsbearbeitung nicht benötigte. Dies hätte der Kläger nach der Überzeugung des FG auch mit Sicherheit getan, wenn er auf Einkünfte aus der Anwaltskanzlei angewiesen gewesen wäre, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dass der Kläger nicht in der erforderlichen effektiven Weise auf seine Verlustsituation reagiert hat, lässt den Schluss zu, dass persönliche Beweggründe für die Kanzleiführung im Vordergrund standen. Hierbei ist unerheblich, um welche persönlichen Beweggründe es sich im Einzelnen gehandelt haben könnte.