· Fachbeitrag · Praxiseinbauten
Vorsteuerabzug aus Mietereinbauten trotz steuerfreier Ausgangsumsätze
von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de
| Oft müssen die gemieteten Praxisräume erst umgebaut werden, bevor sie bezogen werden können. Da (Zahn-)Ärzte grundsätzlich umsatzsteuerbefreite Umsätze erbringen, liegt die Annahme nahe, dass ihnen aus den Umbaukosten kein Vorsteuerabzug zusteht. Doch diese Annahme ist zu pauschal, wie ein Urteil des BFH (13.11.19, V R 5/18) zeigt. |
Sachverhalt
Eine Augenärzte-Gemeinschaftspraxis (GbR) hatte die gemieteten Praxisräume umbauen lassen. Der Vermieter hatte der Gemeinschaftspraxis hierzu einen Baukostenzuschuss (netto 500 TEUR zzgl. USt) gewährt. Die Baumaßnahmen umfassten u. a. Trockenbau- und Elektroarbeiten, nicht dagegen die Anschaffung von Untersuchungsgeräten und Behandlungsstühlen. Die Gemeinschaftspraxis ließ die erforderlichen Ein- und Umbauten im eigenen Namen durch von ihr beauftragte Baufirmen durchführen. Sie rechnete gegenüber dem Vermieter 500 TEUR zzgl. USt an Baukosten ab und gab steuerpflichtige Umsätze in dieser Höhe an. Gleichzeitig machte sie aus den Rechnungen über die Bauleistungen Vorsteuer geltend. Im Übrigen erzielte die Gemeinschaftspraxis ausschließlich steuerbefreite Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG.
Die Vereinbarung hinsichtlich des Baukostenzuschusses sah Folgendes vor:
- Für den Fall der regulären Kündigung: Die bezuschussten Ausbaumaßnahmen verbleiben ‒ entschädigungslos ‒ im Mietgegenstand;
- Für den Fall der außerordentlichen Kündigung (vom Mieter zu vertreten): Rückzahlung des Baukostenzuschusses.
Das FA ging davon aus, dass der An- und Verkauf der Mietereinbauten kein eigenständiger Unternehmensteil sei und damit ‒ isoliert betrachtet ‒ mangels Nachhaltigkeit auch keine Unternehmereigenschaft begründe. Es handele sich nur um Hilfsgeschäfte. Da die Klägerin die Mietereinbauten ausschließlich für steuerfreie Ausgangsumsätze verwende, sei der Verkauf der Mietereinbauten nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei und der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. Die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer schulde die Klägerin nach § 14c Abs. 2 UStG.
Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des BFH war die Gemeinschaftspraxis zum Vorsteuerabzug aus den Einbauten berechtigt. Sie hat mit der Weitergabe der Mietereinbauten eine steuerbare und ‒ weil nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ‒ auch steuerpflichtige Werklieferung an den Vermieter gegen Entgelt erbracht.
Aus-, Um- und Einbauten eines Mieters auf eigene Kosten sind nach § 3 Abs. 4 UStG eine Werklieferung, wenn der Vermieter das zivilrechtliche Eigentum und einen unmittelbar vom Vermieter tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Bei Mieterein- oder -umbauten liegt eine sofortige Verschaffung der Verfügungsmacht in Gestalt der Weiterlieferung des Mieters an den Eigentümer (Vermieter) vor, wenn Letzterer Wert und Substanz der Einbauten erlangt. Dies ist dann zu bejahen, wenn der Mieter schon bei Beginn des Nutzungsverhältnisses auf sein Wegnahmerecht (§ 539 Abs. 2 BGB) verzichtet, weil der Eigentümer ihm die Herstellungskosten erstattet oder diese mit dem Miet- oder Pachtzins verrechnet werden.
In den Rahmen eines Unternehmens fallen nicht nur die Grundgeschäfte, die den eigentlichen Gegenstand der geschäftlichen Betätigung bilden, sondern auch die Hilfsgeschäfte und Nebengeschäfte, ohne dass es insoweit auf die nachhaltige Ausführung dieser Geschäfte ankommt. Es genügt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Haupttätigkeit. Dies gilt auch dann, wenn sich die Haupttätigkeit auf steuerfreie Umsätze bezieht. Der Umstand, dass der Umsatz einer bereits mehrwertsteuerpflichtigen Person nicht der Haupttätigkeit dieser Person entspricht und von dieser nur punktuell durchgeführt wurde, schließt es nicht aus, dass diese Person in Bezug auf diesen Umsatz im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit gehandelt hat.
Ein Vorsteuerabzug ist grundsätzlich nur zulässig, soweit ein Zusammenhang mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen besteht. Im speziellen Fall der Mietereinbauten ist der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen dem einzelnen Ausgangsumsatz „Weiterlieferung der Einbauten an den Vermieter“ und dem Eingangsumsatz „Lieferung der Einbauten durch die Bauunternehmen“ maßgebend. Soweit die Einbauten für die ärztliche Tätigkeit) erforderlich waren und verwendet werden, handelt es sich um einen nur mittelbaren Zusammenhang mit der freiberuflich-steuerfreien Tätigkeit, auf den es für den Vorsteuerabzug jedoch nicht entscheidend ankommt.
Relevanz für die Praxis
Im Urteilsfall scheiterte der Vorsteuerabzug auch nicht an § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Danach ist vom Vorsteuerabzug die Steuer für solche Lieferungen ausgeschlossen, die für steuerfreie Umsätze verwendet werden. Zu den steuerfreien Umsätzen gehören nach § 4 Nr. 28 UStG auch die Lieferungen von Gegenständen, wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände allein für eine nach Nr. 8 ‒ 27 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat. Im Streitfall lag aber keine (unmittelbare) Verwendung der Mietereinbauten für steuerfreie Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG vor, sondern für die (unmittelbare) steuerpflichtige Werklieferung an den Vermieter.
PRAXISTIPP | Der Anwendung von § 4 Nr. 28 UStG stand im Übrigen entgegen, dass die Klägerin die weitergelieferten Einbauten nicht zuvor für eine Tätigkeit i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG verwendet hatte, denn die Weiterlieferung erfolgte bereits vor Aufnahme der heilberuflichen Tätigkeit. Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfasst nur solche Leistungen, die der Feststellung und Behandlung von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen. Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs gilt auch dann, wenn der Erwerb und der anschließende Verkauf von Mietereinbauten zu den Vorbereitungshandlungen für den Beginn der unternehmerischen Tätigkeit gehört, um danach umsatzsteuerfreie Ausgangsumsätze erzielen zu können. |