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  • · Nachricht · Schenkungsteuer

    Kann es zwischen zerstrittenen Geschwistern einen Schenkungswillen geben?

    | Das FG Münster (23.5.24, 3 K 2585/21 Erb, n. rkr., Rev. zugelassen) hat entschieden, dass eine Schenkungsteuer nur bei Vorliegen eines bewussten Schenkungswillens erhoben werden kann. Im vorliegenden Fall argumentierte der Kläger, dass zwischen ihm und seinem Bruder aufgrund langjähriger Streitigkeiten kein Schenkungswille bestanden habe, obwohl eine Vermögensübertragung stattfand. Der Schenkungsteuerbescheid wurde aufgehoben. |

     

    Sachverhalt

    Im Zentrum des Falls stand die Übertragung von Anteilen an einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger nach dem Tod seines Vaters wurde. Ursprünglich sollten die Anteile gleichmäßig auf den Kläger und seinen Bruder verteilt werden, jedoch wurde der Erbvertrag kurz vor dem Tod des Vaters geändert. Daraufhin erklärte sich der Bruder des Klägers bereit, seine Anteile an die GmbH zu übertragen, die dafür 2,1 Millionen Euro zahlte. Der Ertragswert dieser Anteile lag jedoch bei 9,7 Millionen Euro, was das Finanzamt als „gemischte Schenkung“ wertete und Schenkungsteuer gegen den Kläger festsetzte. Der Kläger argumentierte vor Gericht, dass aufgrund der angespannten familiären Verhältnisse kein Schenkungswille vorlag. Das Gericht gab dem Kläger recht und stellte klar, dass eine Schenkung nur dann vorliegt, wenn der Übertragende bewusst unentgeltlich handelt. Zudem wies das Gericht darauf hin, dass die Differenz zwischen Kaufpreis und Ertragswert nicht automatisch einen Schenkungswillen impliziere. Die Einbindung von Rechts- und Steuerberatern untermauerte die Argumentation, dass es sich um eine kaufmännische Entscheidung handelte.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Urteil des FG Münster stützt sich auf § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG, wonach Vermögensvorteile, die ein Gesellschafter durch Leistungen Dritter an die Gesellschaft erhält, als Schenkung gelten können. Entscheidend ist jedoch das subjektive Bewusstsein des Schenkers, unentgeltlich zu handeln. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Bruder des Klägers ohne Bewusstsein zur teilweisen Unentgeltlichkeit der Anteilsübertragung handelte und die Anteile nicht aus familiären Beweggründen unterhalb eines möglichen Veräußerungsgewinns übertragen wurden. Für eine Wertfindung unter fremden Dritten sprach auch die Einbeziehung von Rechts- und Steuerberatern bei Abschluss der getroffenen Vereinbarungen. Ein subjektives Element könne auch nicht alleine aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren abgeleitet werden.

     

    Relevanz für die Praxis

    Allerdings ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, da das FA dem Vernehmen nach Revision beim BFH eingelegt hat. Das Ergebnis dieses Verfahrens bleibt abzuwarten ‒ und es dürfte aus Sicht der Finanzverwaltung gute Erfolgschancen haben. In einem gerade erst veröffentlichten Urteil hat der BFH (10.4.24, II R 22/21) entschieden, dass § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG eine Schenkung „ohne Wenn und Aber“ fingiert. Die Freigebigkeit der Leistung an die Gesellschaft ist ‒ anders als beim Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ‒ keine Voraussetzung für die Steuerbarkeit.

    Quelle: ID 50145664