· Fachbeitrag · Selbstständigkeit
Arzt, der in Praxen Nachtdienste übernimmt und weisungsfrei arbeitet, ist freiberuflich tätig
| Ein Arzt, der für niedergelassene Ärzte zwei- bis dreimal im Monat den Nachtdienst übernimmt, ist kein Arbeitnehmer und mithin selbstständig, wenn er nicht in den Arbeitsablauf der Praxis eingegliedert ist und keinen Weisungen der Praxisinhaber unterliegt (LSG Rheinland-Pfalz 20.4.16, L 4 R 318/14). |
Der bei der Bundeswehr angestellte Facharzt für Allgemeinmedizin schloss mit einer Gemeinschaftspraxis einen Vertrag über „freie Mitarbeit“, der ihn verpflichtete, einzelfallweise von 20 Uhr bis 7 Uhr Nachtdienste im Rahmen der hausärztlichen Notfallversorgung zu leisten. Die Bundeswehr hatte ihm diese Nebentätigkeit genehmigt. Der Arzt beantragte eine Statusüberprüfung. Die Nebentätigkeit des Arztes wurde als sozialversicherungspflichtige, abhängige Beschäftigung eingestuft.
Das LSG gab dem Arzt Recht und sah seine Tätigkleit als nicht sozialversicherungspflichtig an. Für die Freiberuflichkeit sprachen, dass der Arzt nicht weisungsabhängig und nicht in die Gemeinschaftspraxis eingebunden ist. Er vereinbart jeweils im Einzelfall, welche Dienste er übernimmt und welche nicht. Auch nach außen erscheint der Kläger nicht als angestellter Arzt der Gemeinschaftspraxis. Es besteht für ihn auch ein Unternehmerrisiko in Form eines persönlichen Haftungsrisikos für Behandlungsfehler (dass dieses Risiko durch eine Haftpflichtversicherung abgefedert wird, ist irrelevant). Dass der Arzt nur geringfügig eigene Betriebsmittel einsetzt (z.B. Nutzung eigenen Pkws) ist unschädlich, weil der niedrige Betriebsmitteleinsatz bei geistigen Tätigkeiten häufig anzutreffen ist.
PRAXISHINWEIS | Hier genießt der Arzt tatsächlich große Freiheiten. Daher ist die Entscheidung nachvollziehbar und richtig. Sie liefert zugleich eine Blaupause für die vertragliche und tatsächliche Gestaltung freiberuflicher (Neben-) Tätigkeiten von angestellten Ärzten. |
RA Philip Christmann, FAMedR, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de