· Nachricht · Sozialversicherungspflicht
Bundessozialgericht rückt von Sonderrechtsprechung für Lehrkräfte ab
| Das BSG (28.6.22, B 12 3/20 R) hat entschieden, dass auch Musikschullehrer, die über Jahre als freie Honorarkräfte tätig waren, in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen können. Besonders relevant ist dieses Urteil für Bildungseinrichtungen, die Lehrkräfte auf Honorarbasis beschäftigen, wie z. B. Musikschulen, Volkshochschulen und private Bildungseinrichtungen. Obwohl Lehrer und Dozenten als freiberuflich gelten können, zeigt dieses Urteil, dass bei einer engen betrieblichen Eingliederung Sozialversicherungspflicht entstehen kann. |
Die betroffene Musiklehrerin unterrichtete 14 Jahre lang auf Honorarbasis an der städtischen Musikschule in Herrenberg und erhielt pro Unterrichtsstunde ein festgelegtes Honorar. Beide Seiten gingen von einer selbstständigen Tätigkeit aus, bis die Lehrerin ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) einleitete. Diese stellte fest, dass es sich bei ihrer Tätigkeit um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt, was zu einer Sozialversicherungspflicht führte. Das BSG bestätigte dieses Urteil.
Das BSG argumentierte, dass die Lehrerin in den organisatorischen Betrieb der Musikschule integriert war und den Weisungen der Schule hinsichtlich Arbeitszeiten und Räumen unterlag. Zudem hatte sie keine unternehmerische Freiheit oder ein Unternehmerrisiko zu tragen. Die Musikschule stellte die Infrastruktur wie Räume und Instrumente zur Verfügung und verantwortete den gesamten Musikschulbetrieb, wodurch die Tätigkeit der Lehrerin als abhängig eingestuft wurde.
FAZIT | Die Entscheidung des BSG markiert einen Wendepunkt in der Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht von Lehrkräften. Bis dahin hatte das BSG eine „Sonderrechtsprechung“ angewandt (BSG 12.2.4, B 12 KR 26/02 R), bei der Lehrkräfte häufig als selbstständig galten. Diese wird im vorliegenden Urteil aber gar nicht erwähnt, sondern das BSG wendet auch in diesem Fall die allgemeinen Abgrenzungsgrundsätze an. Bildungseinrichtungen sollten ihre Vertragsstrukturen überprüfen, um rechtlichen Unsicherheiten vorzubeugen. |