· Nachricht · Sozialversicherungspflicht
Lehrer und Dozenten: abhängig vom Einzelfall
| Ob Lehrkräfte und Dozenten sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, hängt stets von den individuellen Umständen ab. Eine allgemeine Regelung, wonach lehrende Tätigkeiten ‒ etwa an einer Volkshochschule (VHS) ‒ grundsätzlich als selbstständig gelten, existiere nicht (BSG 5.11.24, B 12 BA 3/23 R).
Im konkreten Fall hatte eine VHS einen Studenten als Dozenten für Kurse im Bereich Recht und Politik angestellt, die zur Erlangung eines Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg führen sollten. Der Vertrag sah vor, dass der Dozent die Kurse eigenverantwortlich gestaltete und dass die VHS kein Weisungsrecht hatte. Die Unterrichtsräume stellte jedoch die VHS zur Verfügung, und die Unterrichtszeiten wurden gemeinsam abgestimmt. Der Dozent fertigte zudem regelmäßige Leistungseinschätzungen für die Schüler an, die in eine Gesamtbewertung einflossen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hatte bei einer Prüfung festgestellt, dass der Dozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Das Sozialgericht hob diesen Bescheid auf, und das LSG wies die Berufung der Rentenversicherung zurück. Es argumentierte, dass bis zu einer Grundsatzentscheidung des BSG im Jahr 2022 („Herrenberg-Urteil“) die Rechtsprechung lehrende Tätigkeiten überwiegend als selbstständig bewertet habe.
Das BSG widersprach dieser Sichtweise und hob das Urteil des LSG auf. Es stellte fest, dass die Tätigkeit des Dozenten sozialversicherungspflichtig war, da eine Abhängigkeit von den organisatorischen Rahmenbedingungen der VHS bestand. Auf die Rechtsprechung des BSG vor dem Jahr 2022 durften Dozent und Einrichtung nicht vertrauen. Für spätere Zeiträume verwies das Gericht die Sache zur weiteren Untersuchung an das Landessozialgericht zurück.
Die Sozialversicherungspflicht von Lehrkräften und Dozenten hängt nicht allein vom Arbeitsvertrag ab, sondern von der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit. Eine selbstständige Lehrtätigkeit liegt in der Regel nur dann vor, wenn der Lehrende weitgehend unabhängig agieren kann und nicht in die Organisationsstruktur eines Arbeitgebers eingebunden ist. Das „Herrenberg-Urteil“ des BSG (28.6.22, B 12 R 3/20 R) hat hierbei für Klarheit im Sinne einer strengeren Auslegung der Voraussetzungen für eine freiberufliche Tätigkeit gesorgt.