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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Anlaufhemmung kann Vorsteuerabzug retten

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Auch für Unternehmer, die vor einer Option zur Umsatzsteuer ausschließlich steuerfreie Umsätze getätigt haben, besteht eine Steuererklärungspflicht mit der Folge einer Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist (FG Düsseldorf 22.9.23, 5 K 2141/20 U, Rev. zugelassen). |

    1. Problemstellung

    Wer ein Unternehmen, beispielsweise eine Apotheke, von den Eltern übernimmt, betreibt dieses zumeist in den Räumlichkeiten weiter, die bereits Vater oder Mutter genutzt haben. Stehen die Räumlichkeiten nicht im Eigentum der übertragenden Eltern, sondern wurden sie angemietet, dann ist es natürlich sinnvoll, wenn das übernehmende Kind auch den Mietvertrag übernimmt. Unproblematisch ist es, wenn das Mietverhältnis mit den Eltern beendet wird und der Vermieter einen neuen Mietvertrag mit dem Kind vereinbart. Doch in der Praxis ist oft der Fall anzutreffen, dass das Kind nur neben den Eltern in den Mietvertrag eintritt. Das kann umsatzsteuerlich problematisch sein.

     

    • Sachverhalt (in Anlehnung an FG Düsseldorf)

    Der Kläger betreibt seit 2013 alleine eine Apotheke, die er von seinem Vater übernommen hat. Die Räumlichkeiten hatten die Eltern vor Jahren umsatzsteuerpflichtig angemietet. Am Tage des Übergangs der Apotheke von den Eltern auf den Kläger wurde vereinbart, dass er in den Mietvertrag eintritt. Die Miete wurde ausschließlich vom Kläger an den Vermieter entrichtet. Erst 2018 wurde ein neuer Mietvertrag zwischen dem Kläger und dem Vermieter ohne Beteiligung der Eltern geschlossen. Das FA ging davon aus, dass der Kläger für die Anmietung der Räumlichkeiten bis dahin lediglich ein Drittel der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer in Anspruch nehmen könne, da die Vermietungsleistung nur in diesem Umfang an ihn, im Übrigen aber an Vater und Mutter ausgeführt worden sei.

     

    Nach einigem verfahrensrechtlichen „Hin und Her“ optierten Vater und Mutter jeweils getrennt zur Umsatzsteuer, und zwar in Bezug auf eine Untervermietung ihres Bruchteils aus der Anmietung der betreffenden Räumlichkeiten. Die Option erfolgte rückwirkend für die Jahre 2013 bis 2018. Dem Sohn stellten sie nachträglich Rechnungen mit offenem Steuerausweis für die vergangenen Jahre aus. Für die betroffenen Jahre gaben Vater und Mutter Umsatzsteuererklärungen ab, in denen sie steuerpflichtige Umsätze erklärten. Der Kläger gab seinerseits eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung ab, in der er die Vorsteuer aus den Rechnungen seiner Eltern für die vergangenen Jahre geltend machte.

     

    Das FA lehnte den nachträglichen Vorsteuerabzug aus den berichtigten Rechnungen ab, da insoweit bereits Verjährung eingetreten sei. Die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO greife nicht, da bis zum Ende der allgemeinen Festsetzungsfrist mangels eines Veranlagungstatbestandes (keine Option zur Umsatzsteuer bzgl. der Vermietung an den Kläger) keine Steuererklärungspflicht bestanden habe. Die hiergegen gerichtete Klage war aber erfolgreich.