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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Befreiung für Schwimmunterricht nach EU-Recht

    | Reiner Schwimmunterricht kann als von Privatlehrern erteilter Schulunterricht steuerfrei sein. Für Aqua-Fitness und Baby-Schwimmen ist das eher zweifelhaft (BFH 5.6.2014, V R 19/13 ). |

     

    Der Kläger betrieb eine Schwimmschule. Er hatte das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch. Auf der Grundlage des § 20 SGB V erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen - anders als FA und FG - als steuerfrei ansah. Der BFH hob die FG-Entscheidung jedoch auf und verwies den Fall zurück. Zwar greife keine nationale Befreiungsvorschrift, jedoch könne sich der Kläger auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht) berufen. Das FG muss nun noch weitere Feststellungen zum Sachverhalt treffen.

     

    Zu den einzelnen Befreiungsvorschriften führt der BFH aus:

     

    • § 4 Nr. 21 UStG: Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt (Doppelbuchst. aa). Weder für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegen auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor (Doppelbuchst. bb).

     

    • § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG: Der Kläger erfüllt als Einzelunternehmer die erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

     

    • Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL: Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen Urteil des EuGH (28.1.10 C-473/08, Eulitz, Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH 14.6 07 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der BFH (20.3.14 V R 3/13 ) angeschlossen.

     

    • Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.
    Quelle: ID 42903998