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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Fremdüblichkeit bei Ehegatten-Arbeitsverhältnis im Umsatzsteuerrecht

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    Sachverhalt

    Die Überlassung eines Firmen-Pkw zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung ist bei einem „Minijob“-Beschäftigungsverhältnis unter Ehegatten nicht fremdüblich. Der Arbeitsvertrag ist daher ‒ ertragsteuerlich ‒ nicht anzuerkennen (BFH 10.10.18, X R 44/17; X R 45/17). Derselbe Sachverhalt hat es nun zu dem für Umsatzsteuerfragen zuständigen V. Senat des BFH geschafft. Und siehe da: Umsatzsteuerlich ist der Fall gänzlich anders zu beurteilen als einkommensteuerlich (BFH 4.12.19, V R 31/18).

     

    Der gewerblich tätige Kläger beschäftigte seine Ehefrau als Büro- und Kurierkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von neun Stunden mit einem Monatslohn von 400 EUR. Im Rahmen des Arbeitsvertrags überließ er ihr einen Pkw (Opel Astra, Bruttolistenpreis 26.300 EUR) zur uneingeschränkten Privatnutzung. Den darin liegenden geldwerten Vorteil, der nach der sog. 1 %-Methode ermittelt wurde, rechnete der Kläger auf den monatlichen Lohnanspruch von 400 EUR an und zog seinerseits den vereinbarten Arbeitslohn als Betriebsausgabe bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb ab.

     

    Das FG Köln sah den Unternehmer umsatzsteuerlich als berechtigt an, das jeweilige Fahrzeug seinem Unternehmen zuzuordnen. Mit dem vereinbarten und tatsächlich durchgeführten Einsatz eines Kfz zur Vergütung der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers liege ‒ umsatzsteuerlich ‒ eine unternehmerische Nutzung vor. Daher sah das FG den Kläger aus der Anschaffung sowie aus den laufenden Kosten für die Fahrzeuge als zum Vorsteuerabzug berechtigt an. Im Gegenzug seien die Gestattung der privaten Fahrzeugnutzung als tauschähnlicher Umsatz i. S. d. § 3 Abs. 12 S. 2 UStG sowie die Veräußerung des zum Unternehmensvermögen gehörenden Fahrzeugs der Umsatzbesteuerung zu unterziehen.

     

    Entscheidungsgründe

    Diese Sicht teilte auch der V. Senat des BFH: Im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen sei eine unternehmerische Tätigkeit nicht bereits deshalb zu verneinen, weil Vereinbarungen über Leistung und Gegenleistung nicht vertragsgemäß vollzogen werden oder nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist. Auf einen ertragsteuerlich geprägten Fremdvergleich komme es nicht an. Bei der Prüfung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen kann allerdings die Fremdüblichkeit für die Frage bedeutsam sein, ob der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten.

     

    Im Streitfall habe das FG ein unternehmerisches Handeln des Klägers (und eine sich hieraus ergebende Berechtigung zum Vorsteuerabzug) daraus abgeleitet, dass das zwischen ihm und seiner Ehefrau bestehende Arbeitsverhältnis wirksam vereinbart worden sei, sodass es sich bei der Gestattung der privaten Nutzung des ihr überlassenen Kfz um einen Bestandteil ihrer Vergütung gehandelt habe. Mit dem Einsatz eines Kfz zur Vergütung der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers liege eine unternehmerische Nutzung vor. Dabei komme es auf den Umfang der Nutzung durch die Ehefrau im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses nicht an, da insoweit nicht zwischen regulären und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu unterscheiden ist. Der vereinbarte Barlohn reichte jedenfalls zur Verrechnung mit dem Sachvorteil der Nutzungsüberlassung aus.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung, vor allem die Begründung, erzeugen durchaus Stirnrunzeln. Zu erklären ist sie wohl damit, dass die vertraglichen Vereinbarungen im Streitfall auch tatsächlich durchgeführt wurden und die Ehefrau die von ihr geschuldete Leistung auch erbracht hat. „Lediglich“ die Höhe der Bezüge über die Gestellung eines Firmen-Pkw führten zur ertragsteuerlichen Nichtanerkennung. Zudem sah sich der V. Senat offenbar an die Feststellungen des FG gebunden.

     

    Jedenfalls wäre es mehr als wünschenswert gewesen, wenn der V. Senat für den interessierten Leser mehr Arbeit in die Einordnung seines Beschlusses investiert hätte. Wird diesen Beschluss eines Tages ein Steuerzahler oder -berater ohne weitere Kommentierung studieren, könnte er leicht der Meinung sein, dass das Ehegatten-Arbeitsverhältnis auch einkommensteuerlich anerkannt worden sei, denn der V. Senat hielt es nicht einmal in einem Nebensatz für nötig, darauf hinzuweisen, dass der X. Senat das Urteil des FG Köln „kassiert“ hat und das Arbeitsverhältnis mitnichten anerkannt worden ist.

     

    Noch zwei abschließende Hinweise zur Ertragsteuer:

     

    • Ende 2017 hatte bereits der BFH wie folgt entschieden: Ein Arbeitgeber würde einem familienfremden geringfügig Beschäftigten (hier: der Lebensgefährtin) regelmäßig kein Fahrzeug überlassen, da dieser durch eine umfangreiche Privatnutzung des Pkw die Vergütung für die Arbeitsleistung in erhebliche ‒ und für den Arbeitgeber unkalkulierbare ‒ Höhen steigern könnte. Klärungsbedarf besteht insofern nicht (BFH 21.12.17, III B 27/17).

     

    • Und eine weitere interessante Entscheidung gibt es vom FG Münster (20.11.18, 2 K 156/18 E): Die in einem Ehegatten-Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung ist nicht fremdüblich, wenn dem als Bürokraft beschäftigten Ehepartner ein Kfz zur privaten Nutzung überlassen wird und differenzierte Regelungen über die konkrete Ausgestaltung der Fahrzeugüberlassung, insbesondere zur Fahrzeugklasse, fehlen. Ein Pkw, der dem Ehepartner aufgrund eines steuerlich nicht anzuerkennenden Beschäftigungsverhältnisses überlassen wird, rechnet weder zum notwendigen noch zum gewillkürten Betriebsvermögen.
    Quelle: ID 46377164