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Zur Steuerbefreiung heilberuflicher Leistungen
| Infrastrukturelle Leistungen von einem Arzt oder einer ärztlichen Gemeinschaft an einen anderen Arzt zur unmittelbaren Durchführung ärztlicher Leistungen sind nicht nach § 4 Nr.14 S. 2 UStG steuerfrei (FG Niedersachsen 11.4.13, 5 K 159/12).|
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Sie hatte mit einem weiteren Arzt einen Praxisgemeinschaftsvertrag geschlossen. Zweck war die gemeinsame Nutzung der Räumlichkeiten und des Inventars sowie des gemeinsamen Personals. Als Gegenleistung hatte er 20 % der anfallenden Gesamtkosten der Praxis zu tragen. Hinsichtlich der Geschäftsführung der Praxisgemeinschaft war geregelt, dass diese durch den Geschäftsführer der Gemeinschaftspraxis erfolgen sollte. Hierfür hatte der Arzt eine monatliche Pauschale zu zahlen.
Die Gemeinschaftspraxis ging davon aus, dass mit dem Vertrag der Praxisgemeinschaft eine gesellschaftsrechtliche Regelung getroffen worden sei und ein Leistungsaustausch zwischen der Gemeinschaftspraxis und dem Arzt nicht stattgefunden habe. Das FA vertrat jedoch die Auffassung, dass die Praxisgemeinschaft als reine Innengesellschaft nicht Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sei. Unternehmerin sei in diesem Fall die Gemeinschaftspraxis, die tatsächlich nach außen erkennbar handelt. Es ging deshalb von Leistungen der Gemeinschaftspraxis an den Arzt aus, die steuerbar und nur teilweise nach § 4 Nr. 12 UStG als Vermietungsumsätze steuerfrei seien. Eine Steuerbefreiung der Leistung nach 4 Nr. 14 UStG sei nicht gegeben.
Leistungserbringerin ist die Gemeinschaftspraxis
Dem stimmte das FG Niedersachsen zu. Die Gemeinschaftspraxis hat an den Arzt Leistungen erbracht, indem sie ihm Praxisräume, Inventar und Geräte sowie Personal überlassen hat. Grundlage für diese Leistung war der Praxisgemeinschaftsvertrag. Leistungserbringerin ist die Gemeinschaftspraxis und nicht etwa die Praxisgemeinschaft. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Vereinbarung. So bestimmt § 6, dass die Gemeinschaftspraxis und nicht die Praxisgemeinschaft dem Arzt das Recht zur Mitnutzung der Praxisräume und zur Inanspruchnahme der Dienste des nichtärztlichen Personals einräumt. Ähnliche Formulierungen finden sich in § 10 des Vertrages, in dem die Nutzung des Inventars und der medizinischen Geräte geregelt ist.
Diese vertraglichen Regelungen entsprechen auch den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Denn die Gemeinschaftspraxis und nicht die Praxisgemeinschaft war Mieterin der Praxisräume, Leasingnehmerin der medizinischen Geräte, Eigentümerin des Inventars und Arbeitgeberin des nichtärztlichen Personals der Praxis. Nur sie hatte das Nutzungsrecht über die Räume, Geräte und Inventar bzw. das Direktionsrecht gegenüber dem nichtärztlichen Personal. Entsprechend schuldete der Arzt den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten nicht der Praxisgemeinschaft, sondern der Gemeinschaftspraxis.
Umsatzsteuerbefreiungen greifen nicht
Die Leistungen waren auch nicht umsatzsteuerfrei:
- § 4 Nr. 14 S. 1 UStG: Die entgeltliche Überlassung medizinischer Geräte, von Praxisräumen oder von Personal fällt nicht unter die umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen. Hierzu gehören Tätigkeiten, die der Diagnose, der Behandlung und der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen.
- § 4 Nr. 14 S. 2 UStG: Die Leistungen der Gemeinschaftspraxis sind auch nicht nach § 4 Nr. 14 S. 2 UStG steuerfrei. Danach sind auch sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Ärzte sind, gegenüber ihren Mitgliedern steuerfrei, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung einer Heilbehandlung dienen. Die Voraussetzungen dieser Befreiungsvorschrift sind nicht erfüllt, da der Arzt zwar Mitglied der Praxisgemeinschaft, nicht jedoch der Gemeinschaftspraxis ist, die die Leistungen erbracht hat. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt kommt nicht in Betracht (vgl. BFH 24.9.04, V B 177/02, BFH/NV 05, 258).