· Nachricht · Umsatzsteuerbefreiung
Ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen
| Die OFD Frankfurt äußert sich zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen (OFD Frankfurt a. M. 8.7.15, S 7170 A - 69 - St 16). |
1. Schönheitsoperationen
Eine generelle Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen (Schönheitsoperationen) kommt nicht in Betracht. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob diese Leistung der medizinischen Betreuung eines Menschen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dient und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (z.B. bei Eingriff wegen psychischer Belastung, nicht jedoch bei rein kosmetischen Eingriffen, vgl. zuletzt BFH 4.12.14, V R 16/12 und V R 33/12 sowie EuGH 21.3.13, C-91/12).
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Steuerpflichtig sind z.B., sofern sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht:
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PRAXISHINWEIS | Wenn Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerpflichtig sind, ist eine Umsatzsteuerpflicht vergleichbarer Leistungen auch bei Krankenhäusern, Diagnosekliniken usw. anzunehmen, da nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG n.F. (früher: § 4 Nr. 16 UStG) ebenfalls nur Heilbehandlungen begünstigt werden sollen. |
Der Arzt trägt die objektive Beweislast dafür, dass das Hauptziel der Leistung der Schutz oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist. Der Arzt ist trotz Schweigepflicht zum Nachweis der medizinischen Indikation verpflichtet. Andernfalls sind die strittigen Leistungen steuerpflichtig (vgl. BFH 18.2.08, V B 35/06). Indiz hierfür kann die regelmäßige Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein. Es führt jedoch nicht zwingend zur Steuerpflicht, wenn die Krankenversicherung nicht zur Kostenübernahme verpflichtet ist (vgl. BFH 30.1.08, XI R 53/06, BStBl II 08, 647).
In zwei jüngeren Entscheidungen hat sich der BFH (4.12.14, V R 16/12 und V R 33/12) mit der Nachweispflicht befasst. Der BFH hält hierzu fest: Zum Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient ist es bei Überprüfung der Umsatzsteuerfreiheit von Heilbehandlungsleistungen erforderlich, das für richterliche Überzeugungsbildung gebotene Regelbeweismaß auf eine „größtmögliche Wahrscheinlichkeit“ zu verringern. Zugleich hat der Steuerpflichtige im gesteigerten Maß den ihn nach § 76 Abs. 1 S. 2 FGO treffenden Mitwirkungspflichten nachzukommen.
Dies erfordert detaillierte Angaben zu der mit dem jeweiligen Behandlungsfall verfolgten therapeutischen oder prophylaktischen Zielsetzung. Im Bereich der ästhetisch-chirurgischen Maßnahmen kommt es daher auf eine Einzelprüfung an. Diese ist unter größtmöglicher Wahrung des zwischen Arzt und Patient bestehenden Vertrauensverhältnisses und damit auf der Grundlage anonymisierter Patientenunterlagen vorzunehmen. Für die Beweiserhebung im FG-Verfahren kommt es nicht auf die Einwilligungserklärungen der Patienten zur Vermeidung einer unbefugten Geheimnisoffenbarung i.S. von § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB an. (Eines der beiden FG hatte den Nachweis im Einzelfall ggf. durch Einzelgutachten mit Einverständnis des Patienten gefordert.)
Die Finanzverwaltung prüft derzeit, wie sie mit den beiden Entscheidungen umgehen will.
2. Schwangerschaftsabbrüche, Empfängnisverhütung
Sowohl die Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen als auch alle ärztlichen Leistungen zur Empfängnisverhütung unabhängig von der jeweiligen Verhütungsmethode sind unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei.
Einrichtungen i.S des. § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zählen zu den in § 4 Nr. 14 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG genannten Zentren. Zwar erfolgt bei diesen Einrichtungen die für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift notwendige Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht durch ein Zulassungs- oder Ermächtigungsverfahren (wie in § 95 SGB V gefordert), sondern durch eine vertragliche Regelung (Vergütungsvereinbarung) nach § 75 Abs. 9 SGB V; eine solche Vereinbarung stellt als Sonderfall der vertragsärztlichen Versorgung jedoch gleichwohl die erforderliche Teilnahme an dieser her.