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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuerbefreiung

    Steuerfreiheit von Leistungen einer selbstständigen Betreuerin (Subunternehmerin) für einen gemeinnützigen Verein

    | Für die Anerkennung einer Steuerpflichtigen als Einrichtung mit sozialem Charakter nach § 75 Abs. 1 SGB XII genügt die Möglichkeit, selbst Verträge über Betreuungsleistungen mit Leistungsträgern abzuschließen zu können. Der Anerkennung steht nicht entgegen, dass der Leistende tatsächlich nicht selbst die Kosten mit den Sozialleistungsträgern abgerechnet hat, sondern als Subunternehmer der Abrechnenden tätig geworden ist (FG Niedersachsen 15.6.16, 5 K 86/15, Rev. BFH V R 39/16 ). |

     

    Die Klägerin ist ausgebildete Erzieherin und war auf Honorarbasis für einen „gemeinnützigen Verein „… e. V.“ - dessen Vorsitzende sie war - als selbstständige Betreuerin tätig. Später schloss sie selbst Verträge mit verschiedenen Kostenträgern ab. In einer Umsatzsteuersonderprüfung kam das FA zu der Einschätzung, dass sämtliche Leistungen der Jahre 2009 bis 2012 steuerpflichtig seien.

     

    Das sah das FG Niedersachsen anders: Die Umsätze sind bereits ab dem Jahr 2009 umsatzsteuerfrei. Die Klägerin kann sich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen, der in der hier maßgeblichen Fassung seit dem 1.1.07 gilt. Die Klägerin erfüllt beide Voraussetzungen: Ihre Leistungen der ambulanten Betreuung von seelisch kranken Menschen sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. Und die Verträge zwischen der Klägerin und dem Verein sowie später zwischen der Klägerin und den Kostenträgern nehmen explizit auf § 53 SGB XII (Aufgaben der Eingliederungshilfe) Bezug. Zudem ist die Klägerin als Einrichtung mit sozialem Charakter bereits nach § 75 Abs. 1 SGB XII anerkannt.

     

    Vor dem Hintergrund der vom EuGH (EuGH 10.9.02, C-141/00; EuGH 15.11.12, C-174/11) aufgestellten Grundsätze genügt es für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter, dass ein Unternehmer die Möglichkeit hat, Verträge mit Leistungsträgern abzuschließen, infolgedessen diese die Kosten übernehmen bzw. die Kosten auch ohne tatsächlich Übernahme übernehmbar sind (vgl. u. a. BFH 6.4.16, V R 55/14; BFH 29.7.15, XI R 35/13; BFH 8.11.07, V R 2/06; BFH 24.1.08, V R 54/06; BFH 8.11.07, V R 2/06; BFH 18.8.15, V R 13/14). Der BFH hat zu § 77 Abs. 1 S. 1 SBG XI (BFH 18.8.15, V R 13/14, BFH/NV 5, 1784) bereits entsprechend entschieden. Nichts anderes kann nach Ansicht des Senats dann für Verträge nach §§ 75 Abs. 2, 3 bzw. 76 SGB XII gelten (so auch FG Niedersachsen 10.12.15, 16 K 253/15).

     

    PRAXISHINWEIS | Von Bedeutung ist allein der Umstand, dass die Möglichkeit von Vertragsschlüssen besteht. Auch der BFH hat - soweit ersichtlich - dieser Problematik bisher keine Bedeutung beigemessen, soweit die Kosten tatsächlich von einem Träger der sozialen Sicherheit übernommen wurden (BFH 6.4.16, V R 55/14 zu § 75 i. V. mit § 45 SGB VIII; BFH 29.6.15, XI R 35/13 zu §§ 421g Abs. 2 S. 4 i. V. mit 296 SGB III). Soweit die Leistungen über den Verein abgerechnet wurden, besteht wirtschaftlich lediglich eine über die Gesellschaft durchgeleitete Kostentragung (vgl. BFH 6.4.16, V R 55/14; BFH 18.8.15, V R 13/14).

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 148 | ID 44654295