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  • · Fachbeitrag · Versandhandelsregelung (§3 c UStG)

    Lieferungen einer Apotheke aus einem EU-Land an deutsche Patienten sind umsatzsteuerpflichtig

    von RA Christian Scur, ETL Medizinrecht, Berlin

    Lieferungen einer im EU-Mitgliedstaat ansässigen Apotheke an in Deutschland wohnhafte Patienten können wegen der Versandhandelsregelung (§ 3c UStG) steuerbar und steuerpflichtig sein, wenn die Abnehmer eine formularmäßige Vollmacht zur Beauftragung eines Kurierdienstes zum Transport der bestellten Medikamente in ihrem Namen und für ihre Rechnung erteilt haben (BFH 20.5.15, XI R2/13).

     

    Sachverhalt

    Klägerin war eine niederländische Kapitalgesellschaft mit niederländischer Apothekenzulassung. Sie verkaufte Arzneimittel an Kunden in Deutschland über fünf deutsche Apotheken. Die Kunden füllten dazu einen Bestellschein aus, in dem die Kunden wählten, ob sie die Ware in den Niederlanden am Sitz der Klägerin abholen wollten oder die Klägerin bevollmächtigten, dass diese im Namen und auf Rechnung des Kunden, die Ware über ein Transportunternehmen zu der Apotheke versenden ließ.

     

    In der Folgezeit überstiegen die Versandhandelsumsätze die 100.000 EUR Marke. Die Klägerin erklärte die Umsätze in den Niederlanden als nicht steuerbare Versandhandelsumsätze. Gegenüber dem deutschen Finanzamt war sie aber der Meinung, dass die Versandhandelsregelung nicht anwendbar sei und der Lieferort in den Niederlanden liege. Dieses beurteilte den Sachverhalt anders und erließ entsprechende USt-Bescheide.

     

    Anmerkungen

    Im Fall war die Anwendung der Regelung des § 3c UStG streitig. Die Regelung sieht eine besondere Bestimmung des Ortes der Lieferung für die Fälle vor, in denen der Lieferer Gegenstände in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet und der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu besteuern hat. Durch sie soll insbesondere sichergestellt werden, dass bei Versandhandelsgeschäften mit Privatpersonen über die Besteuerung der Lieferung eine Steuerbelastung des Letztverbrauchs sichergestellt ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Durch § 3c UStG muss der Versender unterscheiden: Lieferungen an Unternehmer sind als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei. Lieferungen an Nichtunternehmer (Verbraucher) unterliegen im anderen Staat der Umsatzsteuer, die vom Versandhandelsunternehmer anzumelden und abzuführen ist.

     

    Leistungsempfänger ist derjenige, der aus dem Schuldverhältnis berechtigt oder verpflichtet wird. Dies war in allen Fällen der Versicherte, der die Medikamente und Arzneimittel bestellte, so dass er auch umsatzsteuerrechtlicher Leistungsempfänger wurde. Gleiches galt auch für die Bestellung rezeptpflichtiger Medikamente durch GKV-Patienten, denn die Klägerin war dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung erst später beigetreten. Ob der Sachverhalt anders zu würdigen gewesen wäre, wenn ein entsprechender Vertrag bestanden hätte, konnte der BFH (leider) offen lassen. Es spricht jedoch einiges dafür.

     

    Der BFH war auch der Auffassung, dass die Medikamente durch die Klägerin als Lieferin nach Deutschland befördert wurden und der Transport nicht durch den Kunden veranlasst war. Für die Beurteilung sind alle Umstände des Einzelfalls relevant. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Mitwirkung des Kunden bei der Lieferung im Ankreuzen auf dem Bestellschein erschöpfte. Durch diese Bevollmächtigung musste sich der Kunde nicht mehr kümmern. Die Klägerin hatte auch entsprechende Transporteure bereits ausgewählt, die zudem die 100%ige Muttergesellschaft der Klägerin waren. Beide Gesellschaften hatten sogar den gleichen Geschäftsführer. Daneben seien auch die Transportkosten verbindlich vorgegeben. Ort und Zeitpunkt der Lieferung seien zudem für den Kunden nicht erkennbar und auch nicht beeinflussbar gewesen.

     

    Praxishinweis

    Die vertragliche Gestaltung stellte sich für den Kunden nahezu wie ein normaler Apothekenbesuch dar. Er kommt, gibt das Rezept ab und holt das Produkt einige Zeit später ab. Die Entscheidung war also nur folgerichtig. Darüber hinaus hat der BFH kritisiert, dass die Klägerin versucht hat, den gesamten Vorgang als nicht steuerbar zu gestalten, in dem sie die Finanzbehörden gegeneinander ausspielen wollte.

    Quelle: ID 43729928