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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht

    Vertretung bei stundenweiser Abwesenheit in Praxisgemeinschaft nur im Ausnahmefall

    von RA Nico Gottwald, Ratajczak und Partner, Sindelfingen, www.rpmed.de 

    Behandeln die Partner einer Praxisgemeinschaft ihre Patienten zu einem hohen Anteil gemeinschaftlich, bedienen sie sich der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft missbräuchlich. Bei Überschreitung der 20-%-Grenze bei fachgleichen bzw. der 30-%-Grenze bei fachübergreifenden Praxisgemeinschaften kann die Abrechnungsauffälligkeit jedoch durch eine hohe Anzahl an Vertretungsfällen widerlegt werden. Das SG Marburg (2.4.14, S 12 KA 634/12) stellt jedoch klar, dass ein Vertretungsfall u.a. nur dann angenommen werden könne, wenn der Vertragsarzt aus einem besonderen Grund an der Ausübung seiner Praxis verhindert und nicht nur stundenweise abwesend sei.

     

    Sachverhalt

    Die KV Hessen setzte gegen einen Allgemeinarzt, der in Praxisgemeinschaft mit einem weiteren Allgemeinarzt tätig ist, eine Honorarrückforderung von 60.538 EUR fest. Der Anteil gemeinsamer Patienten lag zwischen 35 und 45 %. Ein Großteil der Vertreterscheine entfalle auf eine nur stundenweise Abwesenheit des Praxisgemeinschaftspartners.

     

    Anmerkungen

    Ein Vertretungsfall kann - so das SG Marburg - nur dann angenommen werden, wenn der Vertragsarzt aus einem besonderen Grund an der Ausübung seiner Praxis verhindert ist, das heißt nicht nur stundenweise abwesend ist und die Praxis insgesamt geschlossen bleibt. Der Vertragsarzt müsse in dem Umfang Sprechstundenzeiten anbieten, dass er seine Patienten das gesamte Quartal hindurch behandeln könne und diese nicht gezwungen seien, einen Vertreter aufzusuchen. Die angegebenen Urlaubszeiten seien hier wie in einer BAG gelegt worden. So hatte beispielsweise einer der Ärzte in einem Quartal nur vier Wochen ohne einen Fehltag, in den übrigen neun Wochen fehlte er zwischen einem und fünf Tagen.

     

    Praxishinweis

    Der Bundesmantelvertrag Ärzte trifft in § 17 keine Wertung, dass eine Vertretung bei einer stundenweisen Abwesenheit nicht möglich ist. In Ausnahmefällen kann der Vertragsarzt seine Praxis auch nur für einen halben Tag schließen, wenn er zum Beispiel an einer Fortbildung teilnimmt. Für diese Zeit kann er selbstverständlich auch einen Vertreter bestimmen. Unzulässig ist es jedoch, gezielt immer wieder einzelne freie ganze oder halbe Tage Urlaub zu nehmen, um zusätzliche Vertreterpauschalen abrechnen zu können. Ein Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten kann aber auch darin liegen, wenn - wie das SG Marburg ausführt - die üblichen Sprechstundenzeiten nicht mehr gewährleistet werden oder sogar die Mindestanzahl (derzeit 20 Wochenstunden) nicht erreicht wird.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 260 | ID 42938761