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Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach einem Diebstahl der Buchhaltungsunterlagen
Sind sämtliche Buchführungsunterlagen auf einem Kleinlaster gelagert worden, ist dieser gestohlen worden und ist deshalb die Vorlage der Originalunterlagen unmöglich geworden, sind die gesetzlichen Voraussetzungen zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen erfüllt (hier: Schätzung der abziehbaren Vorsteuerbeträge mit 60 % der voranmeldeten Vorsteuerbeträge)(FG Sachsen-Anhalt 20.2.13, 2 K 1037/10)
Der BFH muss nun klären, ob das Finanzamt den Vorsteuerabzug bei Verlust der Originalrechnungen durch Diebstahl mit lediglich 60 % der erklärten Vorsteuern schätzen darf, wenn durch die Steuerkanzlei, die die Originalrechnungen verbucht hat, Zeugenbeweis angeboten wurde? Rev. BFH V R 23/13). |
Sachverhalt
Der Kläger konnte in einer Betriebsprüfung bis auf eine paar Kopien die Originale der Eingangsrechnungen nicht vorlegen, da ihm während eines Umzugs die Unterlagen gestohlen worden waren. Das Finanzamt schätzte den Vorsteuerabzug auf 60 % der angemeldeten Beträge, was aber dem Kläger zu gering war. Alle Eingangsrechnungen seien vom Steuerberater gebucht worden. Auch habe dieser versichert, dass nur ordnungsgemäße Rechnungen verbucht würden. Die Lieferanten hatten bestätigt, immer mit USt abgerechnet zu haben.
Anmerkungen
Das FA habe zurecht geschätzt, so das FG, da der Steuerpflichtige die von ihm zu führenden Bücher nicht vorlegen konnte. Ob ihn daran eine Schuld traf, war unerheblich. Auch die Höhe wurde nicht beanstandet, da das FA weit über die mittels Kopien nachgewiesene Vorsteuer hinausgegangen war (statt ca. 57.000 DM wurden ca. 925.000 DM anerkannt) hatte. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist das Vorhandensein einer Rechnung i. S. des § 14 UStG. Das Fehlen der Rechnung kann nicht durch eine Schätzung behoben werden. Vorsteuerbeträge können jedoch auch ohne Rechnung berücksichtigt werden, wenn mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass dem Steuerpflichtigen ursprünglich ordnungsgemäße Rechnungen vorgelegen haben. Zwar kann der Steuerpflichtige den Nachweis des Leistungseingangs nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Mitteln führen. Entscheidend ist jedoch, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschließlich des ursprünglichen Rechnungsbesitzes des Unternehmers zur Überzeugung des Gerichts vorgelegen haben.
Praxishinweis
Bei Verlust der Eingangsrechnungen muss der Unternehmer die einzelnen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs darlegen und hierfür Beweis anbieten; insbesondere muss vorgetragen werden, für welche konkrete Leistung und welchen Entgeltbetrag der Vorsteuerabzug beantragt wird. Dieser Nachweis wird nicht durch den Beweisantrag erbracht, verschiedene Zeugen zu der Frage zu vernehmen, dass ausschließlich ordnungsgemäße, zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen verbucht wurden, wenn zugleich jedoch eingeräumt wird, dass den benannten Zeugen die einzelnen Rechnungen nicht mehr erinnerlich sind.
Unabhängig davon kann nur geraten werden, die Buchhaltung so zu schützen, dass man auch bei totalem Datenverlust (z.B. durch Diebstahl, „Jahrhundert-“Hochwasser oder EDV-Zusammenbrüche immer in der Lage ist, sie zu rekonstruieren. Im Nachhinein Belege von den Geschäftspartner anzufordern ist teuer und wenig erfolgversprechend.